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Google triumphier­t im Android-Streit

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Über ein Jahrzehnt stritten der Konzern und die Softwarefi­rma Oracle über die Verwendung von 11.330 Zeilen Code für Smartphone­s. Vor dem Obersten US-Gericht gewann nun Google. Dabei ging es um mehr als nur Milliarden von Dollar.

WASHINGTON (ap/dpa) In einem wegweisend­en Urteil für die Software-Branche hat das Oberste Gericht der USA am Montagaben­d mitteleuro­päischer Zeit einen Urheberrec­htsstreit um das Smartphone-System Android zu Gunsten des Internet-Riesen Google entschiede­n. Der Ausgang des jahrelange­n Streits könnte es für Programmie­rer künftig einfacher machen, bestehende Software-Schnittste­llen wiederzuve­rwenden. Der Software-Konzern Oracle, der von Google rund neun Milliarden Dollar – umgerechne­t 7,6 Milliarden Euro – an Entschädig­ungszahlun­gen forderte, geht damit leer aus.

Der Hintergrun­d des spektakulä­ren Rechtsstre­its reicht weit zurück – bis in die Anfänge des mobilen Internets, wie wir es heute kennen und vielfach selbstvers­tändlich nutzen. Für das 2007 eingeführt­e Android-System, das mittlerwei­le als Betriebssy­stem auf Milliarden von Mobiltelef­onen auf der ganzen

Welt installier­t ist, hatte Google etliche Programmze­ilen eines neuen Computer-Software-Codes genutzt. Dazu gehörten aber auch 11.330 Code-Zeilen der Programmie­rsprache Java, deren Entwickler später von Oracle übernommen wurde. Oracle warf Google daraufhin einen „ungeheuerl­ichen Akt“des Diebstahls geistigen Eigentums vor und verklagte den Konzern auf eine milliarden­schwere Entschädig­ungssumme.

Der Suchmaschi­nen-Konzern Google argumentie­rte dagegen, sein Vorgehen sei schon seit langem gängige Praxis in der Branche und habe einzig dem technische­n Fortschrit­t gedient. Für den rein funktional­en Computer-Code, der verwendet worden sei, gebe es im Übrigen keinen Urhebersch­utz. Er hätte auf keine andere Weise geschriebe­n werden können.

Bei den infrage stehenden Software-Bausteinen handelte es sich dabei um Schnittste­llen, die zur

Ausführung bestimmter Funktionen dienen. Dank dieser Schnittste­llen müssen Programmie­rer dafür nicht jedes Mal einen neuen Software-Code schreiben. Oracle, das Java 2010 mit der Übernahme von Sun Microsyste­ms gekauft hatte, hatte Google noch im selben Jahr verklagt. Der zuständige Richter entschied zunächst, dass die Java-Schnittste­llen grundsätzl­ich nicht urheberrec­htlich schützbar gewesen seien. In Berufungsv­erfahren wurde dieses Urteil gekippt.

Die Richter des Supreme Courts entschiede­n am Montag mit sechs zu zwei Stimmen, dass Google keine Urheberrec­htsverletz­ung begangen habe. Die Verwendung der Schnittste­llen sei als „fair use“(faire beziehungs­weise angemessen­e Nutzung) rechtens gewesen, lautete ihr Urteil. Google, so heißt es seitens des Gerichts weiter, habe nur das Nötige kopiert, damit Entwickler in einer neuen Computer-Umgebung arbeiten konnten, ohne auf Elemente bekannter Programmie­rsprachen verzichten zu müssen. Stellte man hier eine Urheberrec­htverletzu­ng fest, argumentie­rte der Supreme Court, würde dies die Kreativitä­t künftiger Programme unzulässig einschränk­en.

Die zwei Gegenstimm­en kamen von den als sehr konservati­v bekannten Richtern Clarence Thomas und Samuel Alito. Thomas kritisiert­e, das Urteil widersprec­he der Maßgabe, dass ein Software-Code schützbar ist. Die Richterin Amy Coney Barrett, die erst im vergangene­n Herbst in den Supreme Court berufen wurde, enthielt sich. Das Oberste Gericht hatte sich des Falls bereits 2019 angenommen.

Google-Manager Kent Walker begrüßte die Entscheidu­ng als einen „großen Sieg“für Innovation­en und die Kompatibil­ität von Computer-Systemen. Oracle kritisiert­e in einer Stellungna­hme nach dem Urteil, die Marktmacht von Google sei damit nun noch größer geworden.

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