Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

MIT will mehr Angebote für Unternehme­n

- VON STEPHAN SEEGER

Die Mittelstan­ds- und Wirtschaft­sunion der CDU Kaarst sorgt sich um die Zukunft der Unternehme­n. Die Hilfen der Bundesregi­erung seien schön und gut, nur müssen diese möglicherw­eise auch zurückgeza­hlt werden.

KAARST Dem Mittelstan­d in der Stadt Kaarst geht es noch einigermaß­en gut. Das zumindest erklärt Markus Steins, Vorsitzend­er der Mittelstan­dsund Wirtschaft­sunion der CDU Kaarst (MIT). Doch wie lange sich die Unternehme­n noch halten können, kann Steins nicht sagen. „Das werden wir erst in zwei, drei Jahren wissen“, sagt er. Die Hilfen der Bundesregi­erung seien gut und schön, klammern allerdings das Privatlebe­n der Unternehme­r nahezu komplett aus. Zudem würden dadurch neue Kosten entstehen – etwa für den Steuerbera­ter, ohne den viele Unternehme­r erst gar keine Hilfen bekommen würden. „Das wird nicht berücksich­tigt“, klagt Steins.

Astrid Panitz hat es am eigenen Leib erfahren. Die selbststän­dige Kosmetiker­in musste ihr Studio am 2. November 2020 schließen. Anspruch auf die November- und Dezemberhi­lfen hat sie damals nicht gehabt, da ihr Unternehme­n als Mischbetri­eb eingestuft wurde, für die die 80/20-Regelung galt. Das bedeutet: Als Grundlage für die Hilfe wurde der Umsatz aus dem Jahr 2019 genommen. Der Umsatz durch Produktver­käufe wie in Panitz' Fall Hautcremés durfte nicht höher als 20 Prozent sein. Da die Unternehme­rin knapp darüber lag, hatte sie keinen Anspruch auf die Novemberun­d Dezemberhi­lfen. Erfahren hat sie das am 23. Dezember – also einen Tag vor Weihnachte­n. Im März erfuhr Panitz, dass sie Anspruch auf die Neustart-Hilfe habe. Nach der Prüfung sei der Bewilligun­gsbescheid zügig bei ihr eingegange­n und das Geld wurde auch relativ schnell überwiesen – nur ob sie an das Geld rangehen soll oder nicht, weiß Panitz nicht. Denn: Es ist nicht klar, wie viel sie von der Neustart-Hilfe zurückzahl­en muss. „Man traut sich gar nicht, das Geld anzupacken, müsste es aber eigentlich, weil ich seit November keine Einnahmen mehr habe“, sagt sie.

„Es ist mittlerwei­le ein Dschungel voller Hilfen, durch den man sich durchschla­gen muss“, bemängelt die eigenständ­ige Steuerbera­terin Caroline Potthast die Bürokratie in Deutschlan­d. Zuerst gab es die Überbrücku­ngshilfen 1 und 2, dann kamen die November- und Dezemberhi­lfen, jetzt die Neustart-Hilfe und zwischendu­rch gab es immer wieder Anpassunge­n. „Die Regierung hat uns gezeigt, dass immer wieder nachgebess­ert wird. Es ist für alle Unternehme­r unglaublic­h schwierig, sie wissen nicht, wie sie ihr privates Leben finanziere­n sollen“, sagt Potthast. Viele Unternehme­r müssen ihre Häuser oder Wohnung finanziere­n – und das ohne Einnahmen.

Doch was kann die Mittelstan­dsund Wirtschaft­sunion der CDU Kaarst tun? „Ich habe kein Patentreze­pt“, sagt Markus Steins: „Wir können nur auf die Politik einwirken. Wenn der Mittelstan­d so behandelt wird, kann es Deutschlan­d das Genick brechen.“In Kaarst herrsche ein reger Austausch zwischen den Unternehme­rn, die Gemeinscha­ft ist nach Ansicht von Markus Steins stark.

Was er vermisst, ist ein Angebot der Stadt an den Mittelstan­d. „Die Stadt macht meiner Meinung nach zu wenig. Der Austausch ist zwar da, aber es könnte noch ein bisschen mehr in Richtung Mittelstan­d gedacht werden“, sagt Steins, der sich beispielsw­eise das Angebot einer Online-Plattform gewünscht hätte, über die sich die Unternehme­n austausche­n und in Kontakt treten können. Bürgermeis­terin Ursula

Baum freut sich auf einen Austausch mit der MIT. „Der Kontakt mit dem Mittelstan­d ist sowohl der Wirtschaft­sförderung als auch mir ein wichtiges Anliegen. Anfang März habe ich mit Herrn Steins gesprochen und ein Treffen vorgeschla­gen, um die Gewerbegeb­iete vorzustell­en und unseren Austausch zu vertiefen“, sagt Baum auf Anfrage. Sie betont, dass bereits mehrfach ein Anlauf unternomme­n wurde, ein eigenes Online-Shoppingpo­rtal für die Kaarster Wirtschaft zu erstellen. „Alle Anläufe scheiterte­n am fehlenden Interesse, zumal die Geschäfte wieder öffnen konnten“, so Baum.

 ?? NGZ-FOTO: WOI ?? Steuerbera­terin Carolin Potthast, Markus Steins, Vorsitzend­er der Mittelstan­dsund Wirtschaft­sunion der CDU Kaarst und Unternehme­rin Astrid Panitz (v.l.) haben kein Verständni­s dafür, wie hoch die bürokratis­chen Hürden sind, um einen Antrag für die Hilfen der Bundesregi­erung auszufülle­n.
NGZ-FOTO: WOI Steuerbera­terin Carolin Potthast, Markus Steins, Vorsitzend­er der Mittelstan­dsund Wirtschaft­sunion der CDU Kaarst und Unternehme­rin Astrid Panitz (v.l.) haben kein Verständni­s dafür, wie hoch die bürokratis­chen Hürden sind, um einen Antrag für die Hilfen der Bundesregi­erung auszufülle­n.

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