Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
MIT will mehr Angebote für Unternehmen
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU Kaarst sorgt sich um die Zukunft der Unternehmen. Die Hilfen der Bundesregierung seien schön und gut, nur müssen diese möglicherweise auch zurückgezahlt werden.
KAARST Dem Mittelstand in der Stadt Kaarst geht es noch einigermaßen gut. Das zumindest erklärt Markus Steins, Vorsitzender der Mittelstandsund Wirtschaftsunion der CDU Kaarst (MIT). Doch wie lange sich die Unternehmen noch halten können, kann Steins nicht sagen. „Das werden wir erst in zwei, drei Jahren wissen“, sagt er. Die Hilfen der Bundesregierung seien gut und schön, klammern allerdings das Privatleben der Unternehmer nahezu komplett aus. Zudem würden dadurch neue Kosten entstehen – etwa für den Steuerberater, ohne den viele Unternehmer erst gar keine Hilfen bekommen würden. „Das wird nicht berücksichtigt“, klagt Steins.
Astrid Panitz hat es am eigenen Leib erfahren. Die selbstständige Kosmetikerin musste ihr Studio am 2. November 2020 schließen. Anspruch auf die November- und Dezemberhilfen hat sie damals nicht gehabt, da ihr Unternehmen als Mischbetrieb eingestuft wurde, für die die 80/20-Regelung galt. Das bedeutet: Als Grundlage für die Hilfe wurde der Umsatz aus dem Jahr 2019 genommen. Der Umsatz durch Produktverkäufe wie in Panitz' Fall Hautcremés durfte nicht höher als 20 Prozent sein. Da die Unternehmerin knapp darüber lag, hatte sie keinen Anspruch auf die Novemberund Dezemberhilfen. Erfahren hat sie das am 23. Dezember – also einen Tag vor Weihnachten. Im März erfuhr Panitz, dass sie Anspruch auf die Neustart-Hilfe habe. Nach der Prüfung sei der Bewilligungsbescheid zügig bei ihr eingegangen und das Geld wurde auch relativ schnell überwiesen – nur ob sie an das Geld rangehen soll oder nicht, weiß Panitz nicht. Denn: Es ist nicht klar, wie viel sie von der Neustart-Hilfe zurückzahlen muss. „Man traut sich gar nicht, das Geld anzupacken, müsste es aber eigentlich, weil ich seit November keine Einnahmen mehr habe“, sagt sie.
„Es ist mittlerweile ein Dschungel voller Hilfen, durch den man sich durchschlagen muss“, bemängelt die eigenständige Steuerberaterin Caroline Potthast die Bürokratie in Deutschland. Zuerst gab es die Überbrückungshilfen 1 und 2, dann kamen die November- und Dezemberhilfen, jetzt die Neustart-Hilfe und zwischendurch gab es immer wieder Anpassungen. „Die Regierung hat uns gezeigt, dass immer wieder nachgebessert wird. Es ist für alle Unternehmer unglaublich schwierig, sie wissen nicht, wie sie ihr privates Leben finanzieren sollen“, sagt Potthast. Viele Unternehmer müssen ihre Häuser oder Wohnung finanzieren – und das ohne Einnahmen.
Doch was kann die Mittelstandsund Wirtschaftsunion der CDU Kaarst tun? „Ich habe kein Patentrezept“, sagt Markus Steins: „Wir können nur auf die Politik einwirken. Wenn der Mittelstand so behandelt wird, kann es Deutschland das Genick brechen.“In Kaarst herrsche ein reger Austausch zwischen den Unternehmern, die Gemeinschaft ist nach Ansicht von Markus Steins stark.
Was er vermisst, ist ein Angebot der Stadt an den Mittelstand. „Die Stadt macht meiner Meinung nach zu wenig. Der Austausch ist zwar da, aber es könnte noch ein bisschen mehr in Richtung Mittelstand gedacht werden“, sagt Steins, der sich beispielsweise das Angebot einer Online-Plattform gewünscht hätte, über die sich die Unternehmen austauschen und in Kontakt treten können. Bürgermeisterin Ursula
Baum freut sich auf einen Austausch mit der MIT. „Der Kontakt mit dem Mittelstand ist sowohl der Wirtschaftsförderung als auch mir ein wichtiges Anliegen. Anfang März habe ich mit Herrn Steins gesprochen und ein Treffen vorgeschlagen, um die Gewerbegebiete vorzustellen und unseren Austausch zu vertiefen“, sagt Baum auf Anfrage. Sie betont, dass bereits mehrfach ein Anlauf unternommen wurde, ein eigenes Online-Shoppingportal für die Kaarster Wirtschaft zu erstellen. „Alle Anläufe scheiterten am fehlenden Interesse, zumal die Geschäfte wieder öffnen konnten“, so Baum.