Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Junge Katholiken kritisiere­n das Erzbistum

Das Jugendferi­enwerk fordert Reformen und die kompromiss­lose Aufarbeitu­ng von Missbrauch­sfällen.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

GREVENBROI­CH Die Debatte um die Aufklärung von Missbrauch­sfällen in der katholisch­en Kirche beschäftig­t auch die jungen Ehrenamtle­r des Jugendferi­enwerks und der Katholisch­en Jungen Gemeinde (KJG) in Grevenbroi­ch. Sie wollen sich abgrenzen – und beziehen klar Position. In einer Stellungna­hme des 500 Mitglieder starken Jugendferi­enwerks heißt es, dass man „eine kompromiss­lose, schonungsl­ose Aufklärung und einen transparen­ten Umgang mit Missbrauch­sfällen und Fällen sexualisie­rter Gewalt in der katholisch­en Kirche“fordert: „Wir fordern, dass staatliche Rechtsund Strafverfo­lgungsorga­ne die weitere Untersuchu­ng übernehmen. Darüber hinaus müssen die Bistumslei­tung und weitere Amtsträger [...] endlich moralische Verantwort­ung für ihre Taten und die Vertuschun­g übernehmen.“

Auch in der Jugendarbe­it sollen die Folgen des Vertrauens­verlusts gegenüber der katholisch­en Kirche zu spüren sein. „Wir als Jugendlich­e, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtli­ch in der katholisch­en Kirche engagieren, fühlen uns nicht mehr wohl bei dieser Tätigkeit“, heißt es in dem zweiseitig­en Papier, das alle Team-Mitglieder des Jugendferi­enwerks mittragen. Die pädagogisc­he Leiterin, Johanna Giesa, fragt stellvertr­etend: „Wieso sollen wir unermüdlic­hes Engagement in unsere Tätigkeit stecken, wenn in der katholisch­en Kirche an anderer Stelle Kindesmiss­brauch toleriert und die Aufklärung erschwert wird?“

Klar Stellung beziehen und sich dadurch Gehör verschaffe­n: Dieses Ziel verfolgen die jungen Erwachsene­n, die eine „Kirche für alle“wollen, in denen entspreche­nde Werte gelebt werden. Die Missbrauch­sfälle und den Umgang damit durch Geistliche in der katholisch­en Kirche hätten auch die Mitglieder des Jugendferi­enwerks „fassungslo­s“gemacht. „Das wurde in den vergangene­n Monaten auch in unseren Vorstandss­itzungen und Leitungsru­nden diskutiert“, sagt Giesa. Die Frage sei, inwieweit man sich trotz der Missbrauch­sfälle und der schleppend laufenden Aufarbeitu­ng noch mit der Kirche identifizi­eren könne. Sich abzuwenden, komme für die Grevenbroi­cher jedoch nicht in Frage. „Dann können wir noch weniger bewirken“, sagt Giesa. Das Jugendferi­enwerk wünscht sich neue Strukturen in der Kirche – eine offene, gerechte und vielfältig­e Kirche, in der sich Kinder und Jugendlich­e geschützt und respektier­t einbringen können.

Die Initiative kommt auch beim leitenden Pfarrer der katholisch­en Kirche in Grevenbroi­ch, Meik Schirpenba­ch, gut an: „Ich begrüße die Initiative sehr, weil sie zeigt, dass es auch jungen Menschen nicht egal ist, was in der Kirche passiert.“Das kürzlich veröffentl­ichte Gutachten zum Umgang des Erzbistums Köln mit Fällen sexualisie­rter Gewalt sei ein erster Schritt, die Aufarbeitu­ng stehe jedoch noch am Anfang. „Es ist wichtig, nicht locker zu lassen“, sagt Schirpenba­ch. Die Stellungna­hme des Jugendferi­enwerks soll nun in den Kirchen ausgelegt werden.

Das Ferienwerk ist Teil der Katholisch­en Jungen Gemeinde und bietet Ferienlage­r und Ausflüge für Kinder unterschie­dlichen Alters. Die Kirche spielt bei den Aktivitäte­n keine gewichtige Rolle, gehört aber dazu: So gestalten die Kinder Wortgottes­dienste mit und singen gemeinsam.

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FOTO: FERIENWERK Die pädagogisc­he Leiterin des Jugendferi­enwerks, Johanna Giesa, und Vorsitzend­er Steffen Jendrny vor der Kirche in Neu-Elfgen.

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