Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Land will Pakt fürs Rheinische Revier
Ende April soll der „Reviervertrag“von Kabinett, Braunkohlekommunen und Verbänden unterschrieben werden. Darin sind Verantwortlichkeiten und Förderziele geregelt.
DÜSSELDORF Die nordrhein-westfälische Landesregierung plant mit einem „Reviervertrag – Perspektiven für das Rheinische Revier“Eckpunkte für die Ausgabe der rund 14,8 Milliarden Euro, die NRW für das Auslaufen des Braunkohletagebaus erhält. Neben Förderzielen enthält der aktuelle Entwurfstext, der unserer Redaktion vorliegt, auch Regelungen für die Zuständigkeiten bei der Auswahl der geförderten Projekte. Angeregt hatten das Dokument die Revier-Kommunen, die sich davon stärkere Mitsprache versprochen hatten.
In dem Text heißt es unter anderem, Ziel sei es, „das Rheinische Revier mit dieser Strategie innerhalb von zehn Jahren zur attraktivsten Wirtschaftsregion in Europa zu machen“. Das Revier solle zu einem „Innovation Valley“entwickelt werden, „in dem Großunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen, Zulieferbetriebe sowie ihre Beschäftigten und Auszubildenden, Handwerksbetriebe, Unternehmensgründerinnen und -gründer sowie Start-ups, Wissenschaft und Forschung optimale Bedingungen und Unterstützung“finden.
Bis 2030 müsse es gelingen, „tarifgebundene, mitbestimmte und hochwertige Arbeitsplätze“zu schaffen, um den 15.000 direkt und indirekt vom Braunkohle-Aus betroffenen Beschäftigten eine Perspektive zu geben. Der Ausbau der erneuerbaren Energie soll bis 2028 im Rheinischen Revier um ein Gigawatt der Leistung erweitert werden. Als besonders kritisch gilt der Punkt, dass der „Anschluss möglichst vieler Kommunen an die Schienen und ein starkes und bedarfsgerechtes ÖPNV-Netz“ebenfalls in dem Papier aufgeführt und damit aus dem Strukturwandel-Topf gezahlt werden soll. So hatten sich jüngst Vertreter von Wirtschaft und Gewerkschaft klar gegen eine Finanzierung des Projektes „Kölner Westspange“ausgesprochen.
Neben weiteren Zielen wie der Ansiedlung von Wasserstoff-Industrie, dem Ausbau des Gigabit-Netzes, der möglichst flächensparenden Ausweisung von Industrie-, Siedlungsund Gewerbeflächen sowie einer großflächigen Renaturierung, beinhaltet das Papier die Zusage für schnellere, unkomplizierte und effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren, mit denen der Raum bereits zeitnah wieder nutzbar gemacht werden könne – etwa durch eine Zwischennutzung für erneuerbare Energien, für Modellprojekte der Mobilität oder temporäre Einrichtung von Naherholung.
Während Verfahrensbeteiligte begrüßen, dass ein Passus aufgenommen wurde, wonach die Anstrengungen „weit über das Jahr 2038 hinaus“bestünden – damit also noch mehr Mittel über die 14,8 Milliarden hinaus mobilisiert werden müssten –, sorgt vor allem der Abschnitt für Unruhe, in dem sich das Land bei der Förderung vorbehält, „in Ausnahmefällen Einzelfallentscheidungen zu treffen“, wenn auch nach klaren Kriterien. Grundsätzlich soll der Aufsichtsrat der Zukunftsagentur Rheinisches Revier sicherstellen, dass die Mittel in der Region gerecht verteilt werden. Er gibt Empfehlungen zur Förderwürdigkeit einzelner Projekte ab.
Den Vertragstext beraten am 13. April noch einmal die Bürgermeister der Anrainerkommunen. Nach einer Redaktionskonferenz am Tag darauf soll Mitte April zunächst der Aufsichtsrat und anschließend das Landeskabinett den Vertrag absegnen. Für den 27. April ist die Unterzeichnung bei einer Konferenz in Jülich geplant.