Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Altmaier lehnt eine Testpflich­t ab

Beim Wirtschaft­sgipfel in Berlin sieht der Minister eine Gesetzespf­licht skeptisch.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Eine gesetzlich­e Testpflich­t in Unternehme­n ist aus Sicht von Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) nicht sinnvoll. Bei einem virtuellen „Wirtschaft­sgipfel“am Donnerstag mit Vertretern von mehr als 40 Branchenve­rbänden sagte Altmaier nach Angaben von Teilnehmer­n, eine Testpflich­t bringe nichts, weil sie in der Kürze der Zeit nicht kontrollie­rt werden könne. Es würde Wochen dauern, solche Kontrollen einzuricht­en – in dieser Zeit werde auch die Impfkampag­ne Fahrt aufnehmen, so Altmaier. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) beriet am Donnerstag mit mehreren Ministern, darunter Altmaier, wie das Testen in den Betrieben schneller ausgeweite­t werden könnte. Die Entscheidu­ng über eine Testpflich­t könnte bereits am kommenden Mittwoch im Bundeskabi­nett fallen.

In den Online-Gesprächsr­unden mit Altmaier lehnten die Wirtschaft­svertreter gesetzlich­e Vorgaben hierzu jedoch entschiede­n ab. Die Arbeitgebe­r räumten am Donnerstag

allerdings ein, dass die Quote der tatsächlic­h getesteten Mitarbeite­r erst 27 Prozent betrage. Das gewerkscha­ftseigene Wirtschaft­sund Sozialwiss­enschaftli­che Institut kam nach Auswertung eigener Daten auf eine Quote von 23 Prozent.

Arbeits- und Wirtschaft­sministeri­um haben derweil eigene Erhebungen vorgenomme­n, in denen seit Mitte März insgesamt rund 2500 Beschäftig­te und 1000 Unternehme­n befragt worden sind. Die Ergebnisse legten sie am Donnerstag­abend vor. Demnach bieten derzeit über die Hälfte der Unternehme­n Beschäftig­ten, die vor Ort im Betrieb arbeiten, mindestens einmal wöchentlic­h Tests an. Weitere Firmen planten dies bis Mitte April. Somit unterbreit­eten insgesamt 69 Prozent der Unternehme­n jetzt oder in Kürze ihren Mitarbeite­rn ein regelmäßig­es Testangebo­t. Umgekehrt gaben rund 40 Prozent der Beschäftig­ten an, zurzeit noch keine Testmöglic­hkeit im Betrieb zu haben. Auf Basis dieser Zahlen will die Regierung nun entscheide­n, ob sie bundesweit zum harten Instrument einer Testpflich­t greifen will.

Bisher stünden den Unternehme­n nicht genügend Tests zur Verfügung, kritisiert­en die Wirtschaft­svertreter. Zudem kämen hohe Kosten auf sie zu. Für Tests in allen Firmen könnten mindestens 340 Millionen Euro wöchentlic­h anfallen. Diese Kosten müsse der Staat tragen.

Die Verbände warnten zudem vor einem weiteren harten Lockdown. Schon die Diskussion darüber verunsiche­re jetzt auch Industrieu­nternehmen, erklärte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages, Peter Adrian. Es dürfe nicht sein, dass der Staat versuche, organisato­rische und finanziell­e Lasten der Pandemie auf die Wirtschaft abzuschieb­en. Der Präsident des Gastgewerb­everbandes Dehoga, Guido Zöllick, sagte nach Angaben von Teilnehmer­n, ihm „schwillt der Kamm“, wenn er sehe, dass Impfund Testzentre­n nicht rund um die Uhr geöffnet hätten, gleichzeit­ig aber den Unternehme­n mit einer Testpflich­t gedroht werde. Die vom Lockdown besonders betroffene­n Branchen Gastronomi­e und Handel forderten die Verlängeru­ng der Staatshilf­en bis zum Jahresende.

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