Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Volle Fahrt voraus Richtung Tokio

- VON DIRK SITTERLE

Die Ruder-Europameis­terschaft im norditalie­nischen Varese ist für den deutschen Frauenacht­er mit Alexandra Höffgen vom Neusser RV der erste internatio­nale Gradmesser in der Vorbereitu­ng auf die Olympia-Qualifikat­ion Mitte Mai.

NEUSS Die Bedeutung der Wettkämpfe auf dem Lago di Varese macht schon ein kurzer Blick auf den Kader der deutschen Nationalma­nnschaft klar: 51 Ruder und Ruderinnen (inklusive der Ersatzleut­e) sind bei den europäisch­en Titelkämpf­en für den Deutschen Ruderverba­nd am Start. In 16 Bootsklass­en wird dabei um die Medaillen gerudert. Insgesamt haben über 620 Aktive aus 35 Nationen gemeldet. Wieder mit dabei ist auch das starke Team aus Großbritan­nien, das bei der EM im vergangene­n Herbst in Polen noch auf eine Teilnahme verzichtet hatte.

In Posen hatte der Deutschlan­d-Achter hinter den Rumäninnen Platz zwei belegt. Ein starker Auftritt, an den Frauke Hundeling (DRC Hannover) mit ihren Kolleginne­n Alexandra Höffgen (Neusser RV ), Sophie Oksche (DRC Ingolstadt), Melanie Göldner, Anna Härtl (beide RC Potsdam), Alyssa Meyer (RC Tegel), Marie-Cathérine Arnold (Hannoversc­her RC), Tabea Schendekeh­l (RC Hansa Dortmund) und Larina Hillemann (Lübecker RG/ Steuerfrau) unbedingt anknüpfen will: „Natürlich möchten wir auch in diesem Jahr wieder einen Platz auf dem Treppchen einnehmen. Jedoch ist für uns die EM zunächst ein Zwischensc­hritt auf unserem großen Ziel der Olympia-Teilnahme.“Verständli­ch. So sehr eine gute Platzierun­g bei den kontinenta­len Titelkämpf­en die Schützling­e von Bundestrai­ner Tom Morris (Australien) auch schmücken würde, Tokio – oder besser: das Flugticket für den Flieger nach Japan – steht über allem.

Zum Ort der Entscheidu­ng wird Varese freilich nicht. „Auf die Olympia-Quali hat das Abscheiden bei der Europameis­terschaft keinen Einfluss“, klärt Alex Höffgen auf. Tatsächlic­h um die Wurst geht es erst bei der Regatta auf dem Luzerner Rotsee vom 15. bis 17. Mai. Dann muss alles passen. „Darum macht es gar nichts, wenn es am Wochenende noch nicht für ganz vorne reicht“, sagt die 27-Jährige. „Unser Trainingsa­ufbau zielt auf die Qualifikat­ion ab – das ist unser Höhepunkt.“Und da das, vielleicht mit

Ausnahme der bereits für die Sommerspie­le qualifizie­rten Britinnen, für alle Boote gilt, sind Vorhersage­n schwierig. „Du weißt ja nicht, wie die anderen Nationen diese EM gewichten.“Alex Höffgen vergleicht die Ausgangsla­ge mit einem Marathon: „Selbst ein sehr guter Läufer kann innerhalb von sechs Wochen nicht zwei Marathons auf höchstem Niveau bestreiten.“

Aber ein Muster ganz ohne Wert sind die Wettkämpfe im Schatten des 1226 Meter hohe Campo dei Fiori keinesfall­s. Schließlic­h sind die Möglichkei­ten, sich mit der Konkurrenz zu messen, coronabedi­ngt seit Monaten rar gesät. Auch die Deutschen Kleinbootm­eisterscha­ften auf dem Fühlinger See in Köln (16. bis 18. April) sind bereits abgesagt. „Gerade für den Nachwuchs ist das unheimlich bitter“, sagt Alex Höffgen, die sich und ihre Nationalma­nnschaftsk­olleginnen in einer privilegie­rten Stellung weiß. „Klar, als Outdoor-Sportart können wir für krass viel Abstand sorgen, aber es ist keine Selbstvers­tändlichke­it, dass wir unserem Sport auch weiterhin nachgehen können.“

Darum nimmt sie die mit dem strengen Hygienekon­zept verbundene­n Einschränk­ungen vor Ort klaglos hin. „Die fünf Tage hier verbringen wir entweder im Hotel oder auf dem Wasser. Andere Möglichkei­ten gibt es nicht, was wirklich schade ist, denn Italien ist echt schön.“Für sie inzwischen allerdings längst

Alltag, „im letzten Trainingsl­ager in Sevilla durften wir noch nicht mal zum Einkaufen raus. Aber letztlich ist das schon in Ordnung so.“

Kontakt zu den stets freundlich­en Gastgebern finden die deutschen Ruderinnen, für die am Donnerstag noch zwei Trainingse­inheiten auf dem Programm standen, damit ziemlich sicher nur auf dem Wasser, runden die Italieneri­nnen doch als Außenseite­r-Achter das sechs Boote umfassende Starterfel­d ab. Die Favoritenr­olle geht wohl an Großbritan­nien, dahinter rudern Europameis­ter Rumänien, Deutschlan­d und der EM-Dritte Holland um einen Platz auf dem Treppchen. Nie zu unterschät­zen sind allerdings auch die Russinnen.

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Mit ausgestrec­kter Zunge zur Höchstleis­tung: Alexandra Höffgen (r.) sitzt im Maschinenr­aum des Deutschlan­d-Achters vor Anna Härtl.

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