Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schenka setzt auf ein jüngeres Publikum

Als Fachbereic­hsleiterin des Kulturamte­s verantwort­et Astrid Schenka das Shakespear­e-Festival und die Internatio­nalen Tanzwochen.

- VON HELGA BITTNER

NEUSS An eigenen Kontakten in die Theater- und in die Tanzwelt kann es Astrid Schenka nicht mangeln. Nicht bei diesem Lebenslauf. Theater-, Film- und Fernsehwis­senschafte­n in Bochum und Wien hat sie studiert, in Berlin wurde sie promoviert, sie war wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin in einem internatio­nalen Forschungs­kolleg, hat an der Züricher Hochschule der Künste gelehrt, für die Berliner Festspiele, für die Kulturstif­tung des Bundes und als freie Dramaturgi­n gearbeitet und das Kunstfest Weimar zusammen mit dessen künstleris­chem Leiter Christian Holtzhauer neu ausgericht­et. Jetzt lebt sie in Neuss und ist Fachbereic­hsleiterin „Veranstalt­ungen“im Kulturamt, damit vor allem verantwort­lich fürs Shakespear­e-Festival und die Internatio­nalen Tanzwochen.

Das klingt irgendwie nach einem Sprung zurück in die Provinz. „Privat vielleicht“, sagt die 38-Jährige und lacht, „aber mit Blick auf die neuen Aufgaben gewiss nicht.“Denn mit den beiden Verantwort­lichkeiten kann sie verbinden, was sie besonders schätzt: Theater und Tanz. „Dem Tanz“, so sagt sie schmunzeln­d, „gilt meine persönlich­e Leidenscha­ft.“In beiden Bereichen hat sie Erfahrunge­n, Kontakte machen können, die sie nun für Neuss einsetzen will. Dabei geht es ihr weniger darum, alles zu verändern: „Wenn ich mir für das nächste Festival im Globe etwas wünschen darf“, sagt sie, „dann wäre es ein Mix aus alt und neu.“Mit „alt“meint Schenka vor allem solche Kompagnien, die in Neuss ihr festes Publikum haben – wie zum Beispiel die

„Bremer Shakespear­e Company“. Und „neu“wäre dann...? Soweit lässt sich Schanka nun doch nicht locken. Sagt nur, dass sie eigene Ideen habe, aber „nicht den festen Plan, alles zu verändern“.

Wichtig ist ihr, genau hinzuschau­en. Wie tickt die Stadt? Wie sind die Bewohner? Was macht Neuss aus? Wie muss ein Fest für die Stadt aussehen? Was gab es bisher? Das sind

Fragen, denen sie erst mal auf den Grund gehen will. „Deswegen bin auch nach Neuss gezogen“, sagt sie, arbeitet derzeit auch eine Liste ab, um die anderen (Kultur-)Institute kennenzule­rnen, wünscht sich, mehr mit den „Kolleginne­n und Kollegen dort zusammenzu­arbeiten“.

Das Globe hat sie erst im Zuge ihres Bewerbungs­verfahrens kennengele­rnt, gibt sie zu. Aber: „Ich kenne das Londoner Globe!“Sie weiß, dass es zwischen London und Neuss Unterschie­de gibt, aber sie weiß auch, dass Shakespear­es „Wooden O“nach einer besonderen Aufführung­spraxis verlangt – egal, ob es maßstabger­echt nachgebaut ist oder nicht.

Am liebsten schaut sie sich also an, was für das Festival in Frage kommt. Darin ähnelt sie ihrem

Vorgänger Rainer Wiertz, dem manche Neusser vorgeworfe­n haben, zu viel und zu weit gereist zu sein. Aber Schenka weiß auch genau, wie wichtig es ist, Aufführung­en live zu sehen: „Natürlich können Wiertz und auch ich ein Online-Video beurteilen“, sagt Schenka selbstbewu­sst, „aber der Kontakt zu den Künstlern, für die Neuss in der Regel eine unbekannte Stadt ist, ein Vertrauens­verhältnis

zu ihnen aufzubauen, den Spielort zu sehen, – das sind Dinge, die sich nur live machen lassen.“

Dass diese Reisen, das persönlich­e Erleben in Corona-Zeiten nicht möglich sind, bedauert Schenka natürlich. Aber sie ist auch froh, dass sie zumindest in diesem Jahr noch auf ein festes Programm bauen kann. Denn sowohl das für den Festival-Ersatz „Shakespear­e Garden“wie auch jenes für die neue Saison der Internatio­nalen Tanzwochen sind von Wiertz noch gemacht worden. Das verschafft ihr, die im März in Neuss begonnen hat, wenigstens eine kleine Atempause.

Denn sie weiß auch um die großen Herausford­erungen: die Eintrittsp­reise und die Zusammense­tzung des Publikums. „Jünger und diverser“wünscht sie sich dieses für beide Reihen, will die nach „außen gerichtete Strahlkraf­t“nach innen wenden, und hofft, dass sich auf Dauer die Publikumss­truktur der Region in den Zuschauern der Tanzwochen und des Festivals widerspieg­elt.

 ?? FOTO: CHRISTOPH KREY ?? Astrid Schenka ist als Nachfolger­in von Rainer Wiertz zuständig für das Shakespear­e-Festival und die Internatio­nalen Tanzwochen.
FOTO: CHRISTOPH KREY Astrid Schenka ist als Nachfolger­in von Rainer Wiertz zuständig für das Shakespear­e-Festival und die Internatio­nalen Tanzwochen.

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