Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hohe Nachfrage, aber viele Hürden

Seit dieser Woche unterstütz­en die Hausärzte bei den Corona-Schutzimpf­ungen.

-

DORMAGEN (mcv) Das Fazit von Udo Kratel nach dem Impfstart am Mittwoch in seiner Praxis fällt deutlich aus: „Die Praxen und die Medizinisc­hen Fachangest­ellten sind mittlerwei­le bis an die Grenze der Belastbark­eit gestresst. Die Impfungen müssen noch neben der normalen Sprechstun­de organisier­t werden und dazu kommt, dass wir pro Tag etwa 150 bis 200 Anrufe von Impfkandid­aten bekommen, die Termine haben wollen, die wir ihnen nicht geben können, weil wir nicht wissen, wie viel Impfstoff wir bekommen“, sagt der Internist und Leiter des Dormagener Praxisnetz­es.

Am Mittwochvo­rmittag habe er mit den Corona-Schutzimpf­ungen in seiner Praxis begonnen. Genau 54 Impfdosier­ungen des Vakzins von Biontech/Pfizer habe Kratel für die erste Woche in seiner Gemeinscha­ftspraxis zur Verfügung gestellt bekommen – und gleich alle Impfdosier­ungen am Mittwoch verimpft. „Die zugeteilte Menge ist leider sehr wenig. Einige Praxen haben aber sogar nur zwölf Impfdosier­ungen bekommen. Warum die Zahlen so weit auseinande­rgehen, das wissen wir nicht“, sagt der Internist.

Doch auch für seine Patienten reiche die Menge der Impfdosen längst nicht. Etwa 800 Menschen habe auf er einer Liste stehen, die nach der vom Bundesgesu­ndheitsmin­isterium definierte­n Impfreihen­folge aufgrund ihres Alters oder einer Vorerkrank­ung eigentlich bald geimpft werden sollten. „Wenn es in den kommenden Wochen weiterhin so wenig Impfstoff gibt, dann würde es jedoch vier Monate dauern, bis sie alle geimpft wären“, sagt Kratel.

Es gebe also eine große Differenz zwischen der Anzahl der Leute, die aktuell geimpft werden können und der, die eigentlich geimpft werden sollten. „Wir müssen die Patienten, die aktuell auf der Warteliste stehen, darum bitten, uns erst in zwei bis drei Wochen nochmal anzurufen, wenn wir genauer überblicke­n können, wie viel Impfstoff uns zur Verfügung gestellt wird“, sagt er.

Hinzu komme, dass die Arztpraxen immer erst am Donnerstag erfahren, wie viele Impfdosier­ungen sie in der nächsten Woche geliefert bekomme. Dann müssten auf die Schnelle die Patienten, die einen Termin bekommen, informiert und die Aufklärung­sbögen vorbereite­t werden, die in der Praxis vor der Impfung abgeholt und einen Tag vor der Impfung unterschri­eben wieder abgegeben werden müssen. „Es ist momentan ein Geschäft von Woche zu Woche“, sagt Kratel. Auch ob er demnächst zusätzlich die Vakzine von Astrazenec­a in seiner Praxis verimpfen könne, sei noch unklar.

Für die kommenden Wochen nennt der Internist darum klare Forderunge­n: „Wir brauchen deutlich mehr Impfstoff und deutlich weniger Bürokratie. Und wir brauchen einen Lockdown. Da werden wir nicht drumherum kommen, weil wir bereits mitten in der dritten Welle stecken. Und allein mit den Impfungen im jetzigen Tempo wird es uns nicht gelingen, die Welle zu brechen. Die kommenden vier bis sechs Wochen werden entscheide­nd für den weiteren Verlauf sein“, sagt Kratel.

„Wir brauchen deutlich mehr Impfstoff und deutlich weniger Bürokratie“Udo Kratel Leiter Dormagener Praxisnetz

Newspapers in German

Newspapers from Germany