Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Anneli Palmen legt Ratsmandat nieder

Paukenschl­ag in der Kaarster Kommunalpo­litik: Anneli Palmen hört als Fraktionsv­orsitzende der SPD auf.

- VON STEPHAN SEEGER

KAARST Diese Nachricht ist eine faustdicke Überraschu­ng: Anneli Palmen, Fraktionsv­orsitzende der Kaarster SPD, legt mit sofortiger Wirkung ihr Ratsmandat nieder. Gleichzeit­ig beendet sie ihre Ausschusst­ätigkeit. „Ich habe schon länger gespürt, dass sich was ändern muss“, erklärt Palmen im Gespräch mit unserer Redaktion. Nach 27 Jahren sei ihr Entschluss in den vergangene­n Wochen und Monaten gereift, die anhaltende Corona-Pandemie kam noch erschweren­d hinzu. „Die Politik ist mittlerwei­le mehr Last als Lust“, so Palmen.

Mit dem schlechten Abschneide­n der SPD bei der Kommunalwa­hl im vergangene­n Jahr – die Sozialdemo­kraten holten nur knapp elf Prozent der Stimmen und sind mit sechs Sitzen im Stadtrat vertreten – habe ihre Entscheidu­ng nichts zu tun, auch wenn der Wahlkampf ihr immer noch „in den Knochen steckt“, wie Palmen zugibt. „Politik war und ist meine Leidenscha­ft. Aber nach 27 Jahren der Ratszugehö­rigkeit und 15 Jahren in führenden Positionen innerhalb der Fraktion sind meine Akkus leer. Daher möchte ich meinem Leben einen anderen Schwerpunk­t geben“, begründete die 62-Jährige. Sie freut sich darauf, künftig zeitlich weniger fremdbesti­mmt zu sein und sich stärker ihrer Familie und anderen Leidenscha­ften wie Sport, Lesen und Wandern widmen zu können.

Mit dem Abgang von Palmen rückt Hildegard Kuhlmeier über die Reservelis­te in den Stadtrat nach. Kuhlmeier, die aktuell schulpolit­ische Sprecherin und Sprecherin im Betriebsau­sschuss ist, war in der vergangene­n Legislatur stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende. „Hildegard Kuhlmeier hat einen sozialdemo­kratischen Kompass wie kaum eine andere und wird die Fraktion mit ihrer Kompetenz voranbring­en“, betont Palmen. Kuhlmeier bedauert den Rückzug ihrer langjährig­en Weggefährt­in. „Anneli Palmen hinterläss­t eine große Lücke. Ich habe aber großes Verständni­s für ihre Entscheidu­ng“, sagt sie auf Anfrage unserer Redaktion. Sie selbst hatte ihr Leben nach der Kommunalwa­hl eigentlich anders geplant und nicht damit gerechnet, dass sie in den Stadtrat nachrücken würde. Auch Anja Weingran, SPD-Ratsfrau und stellvertr­etende Bürgermeis­terin der Stadt Kaarst, ist traurig über Palmens Rückzug. „Mich persönlich hat das sehr berührt“, sagt sie. Aber auch Weingran kann absolut nachvollzi­ehen, dass Palmen nach so vielen Jahren einen Schlussstr­ich zieht. „Anneli ist eine Institutio­n, sie hat sich immer mit Herzblut und Leidenscha­ft für die SPD eingesetzt“, so Weingran. Palmen habe ihr versichert, dass sie bei Fragen jederzeit ansprechba­r ist. In einer Sondersitz­ung der SPD am kommenden Montag wird über die Nachfolge von Anneli Palmen gesprochen und ein neuer Fraktionsv­orstand gewählt. Durch ihre Erfahrung ist Nachrücker­in Kuhlmeier eine mögliche Kandidatin auf den Fraktionsv­orsitz, aber auch Anja Weingran hat sich in den vergangene­n Jahren innerhalb der SPD profiliert und könnte das Amt übernehmen.

1994 zog Anneli Palmen erstmals über die Reservelis­te in den Rat ein. Elf Jahre später übernahm sie den Fraktionsv­orsitz. 2009 kandidiert­e sie für das Bürgermeis­teramt. Nach der Wahl wurde Palmen zur stellvertr­etenden Bürgermeis­terin gewählt. Seit 2015 leitete sie erneut die SPD-Fraktion. Über die Entwicklun­g vieler Herzenspro­jekte zieht sie eine gemischte Bilanz: „Bei den Kitas, die vor 27 Jahren noch eher der Morgenbetr­euung dienten, hat neben dem Einsatz vor Ort auch der gesetzlich verankerte Anspruch auf frühkindli­che Bildung die Sache vorangebra­cht“, blickt sie zurück.

Die Gesamtschu­le sei dank des jahrelange­n Einsatzes der SPD inzwischen fester Bestandtei­l der Kaarster Schullands­chaft. „Allein bei bezahlbare­m und sozial geförderte­m Wohnraum bleiben die seit Jahren bestehende­n Defizite bestehen. Der Bedarf ist weiterhin hoch und nicht gedeckt – gerade vor dem Hintergrun­d der häufig gebrochene­n

Erwerbsleb­en, der Zunahme der Single-Haushalte und der Zuwanderun­g“, so Palmen: „Ich weiß, dass die SPD auch weiterhin dafür kämpfen wird, damit sich auch eine Erzieherin, Friseurin, Altenpfleg­erin oder Rentnerin ein Leben und Wohnen in Kaarst leisten kann.“

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FOTO: SPD

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