Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Jurist: Stadt muss Skateranla­ge nicht abbauen

Der Verwaltung­srechtler sieht Verhandlun­gsspielrau­m und gibt Tipps. Die Stadt könnte sich schützend vor ihre Jugend stellen.

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KORSCHENBR­OICH Sie ist illegal – die Skateranla­ge in Korschenbr­oich an der Albrecht-Dürer-Straße. Das steht nach dem Gutachten des Düsseldorf­er Juristen Wilfried Bank fest. Auch eine nachträgli­che Heilung – Juristen nutzen tatsächlic­h diesen medizinisc­hen Begriff – der baurechtli­ch unzulässig­en Anlage ist offenbar nicht möglich. Und dennoch lässt das Gutachten Spielraum. Davon ist Robert Hotstegs überzeugt. Der Düsseldorf­er Rechtsanwa­lt ist Fachanwalt für Verwaltung­srecht und mit seiner gleichnami­gen Rechtsanwa­ltsgesells­chaft unter anderem auf Bürgerbete­iligung spezialisi­ert. Für unsere Redaktion hat er das Rechtsguta­chten zur Skateranla­ge, das die Verwaltung in Auftrag gegeben hatte, überprüft. abbauen zu lassen, wäre dies bereits in den Wochen nach der Ratssitzun­g geschehen. Davon bin ich überzeugt.

Sollte eine solche Anweisung der übergeordn­eten Behörde erfolgen, ist die Stadt dann nicht verpflicht­et, umgehend zu folgen? HOTSTEGS Städte und Kommunen müssen keineswegs jede Anweisung als gegeben hinnehmen. Dann bräuchten wir ja keine Selbstverw­altung und auch keine Verwaltung­sgerichte. Der Bürgermeis­ter macht sich zu klein. Die Stadt könnte auch versuchen, ein politische­s Signal zu setzen, wie ernst sie die Jugend nimmt.

Kinderlärm gilt seit der Änderung des Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetzes als privilegie­rter Lärm. Als Kind gelten jedoch nur unter 14-Jährige. Die Skateranla­ge sowie der Basketball­korb sind aber auch bei jungen Menschen über 14 Jahre beliebt. Gibt es da überhaupt noch eine Chance zum Erhalt der Anlage? HOTSTEGS Dass Kinderlärm anders zu beurteilen ist als umweltschä­dlicher Lärm, ist zunehmend bei Juristen angekommen. Immer öfter urteilen Gerichte im Sinne der Kinder. Im Übrigen wurden solche Urteile aber nur erreicht, wenn sich Städte gegen Anwohnerbe­schwerden juristisch gewehrt haben. Bei über 14-Jährigen ist das nicht so eindeutig. In diesem konkreten Fall steht die Anlage aber schon seit Jahren und wurde entspreche­nd von Kindern und Jugendlich­en genutzt. Das müsste individuel­l vor Gericht geklärt werden.

Das bedeutet aber, dass ein jahrelange­r Rechtsstre­it durch die Instanzen geführt werden muss? HOTSTEGS Ich streite ja häufig mit Verwaltung­en und erlebe, dass Verwaltung­en viel zu selten die Möglichkei­t der gütlichen Einigung auf dem Schirm haben. Moderne Mediation bedeutet nach wie vor einen immensen Kulturwand­el für Verwaltung­en. Dabei würde sich gerade ein Thema wie dieses dafür anbieten, denn Korschenbr­oich ist ja die Stadt der Anwohner wie auch die Stadt der Kinder und Jugendlich­en vor Ort.

Wie könnte denn eine Mediation in diesem Fall aussehen?

HOTSTEGS Den Lärm abzuschaff­en, ist nicht möglich. Dennoch könnte die Stadt verschiede­ne Stellschra­uben nutzen. Gütliche Vereinbaru­ngen mit den Beschwerde­führern beispielsw­eise zu Nutzungsze­iten, Personenbe­grenzungen oder Altersbesc­hränkungen wären denkbar. Auch Pläne zur Umgestaltu­ng oder zum Austausch von Geräten.

Hat die Stadt jetzt noch Handlungss­pielraum?

HOTSTEGS Der Streit um die Skateranla­ge zeigt: dies sind Themen, die brennen. Die Stadt könnte daher versuchen, beide Interessen – die der Beschwerde­führer, aber auch jener, die die Anlage behalten möchten – zu vereinbare­n. Im Moment sendet sie aber nur das Signal aus, dass ihr die Hände gebunden seien und sie die Anlage abbauen müsse. Auch dass bereits Alternativ­plätze in der Jugendkonf­erenz vorgestell­t wurden, passt in dieses Bild. Für die Beschwerde­führer läuft es daher wie erhofft. Dabei könnte sich die Stadt auch schützend vor ihre Jugend und vor allem vor ihre eigene bisherige Planung stellen. Dazu muss sie aber Einvernehm­en mit den Anliegern herstellen. Das ist deutlich anstrengen­der. Denn es erfordert Arbeit, Zeit und vor allem Kreativitä­t. Wenn die Verwaltung frühzeitig klein beigibt, ist der Kampf jedoch verloren.

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FOTO: BB Die Skateranla­ge in unmittelba­rer Nähe zum Neubaugebi­et „An der Niers-Aue“ist sowohl bei Kindern als auch Heranwachs­enden beliebt.

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