Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bad kostet Verein pro Monat 10.000 Euro

- VON WILJO PIEL

Keine Einnahmen, dafür aber große Ausgaben: Der Lockdown reißt Löcher in die Kasse des TV Jahn Kapellen. Er muss das Neukirchen­er Schwimmbad in Betrieb halten, obwohl kaum Badegäste rein dürfen. Wie es weitergehe­n soll.

NEUKIRCHEN Obwohl sich das Bad an der Viehstraße seit fünf Monaten im Lockdown befindet, hält der TV Jahn den Betrieb weiterhin aufrecht. „Anders geht's nicht“, sagt Klaus Calvis, Präsident des 1700 Mitglieder starken Kapellener Turnverein­s. Würden die Pumpen abgeschalt­et und das Wasser herausgela­ssen, könnte es Probleme geben, mit der Technik und den Fliesen. Daher läuft das Bad seit Monaten nahezu unter „Normalbetr­ieb“– und das kostet: „Weil wir keine zahlenden Gäste haben, machen wir zurzeit 10.000 Euro Miese pro Monat“, beschreibt Calvis. Eine immense finanziell­e Belastung für die Kapellener Sportler.

Wie lang das noch gut geht, ist offen. Zur Jahresmitt­e will sich das TV-Präsidium zusammense­tzen und über das weitere Vorgehen nachdenken. „Bis zum Ende des Jahres wollen wir eine Entscheidu­ng treffen“, sagt Präsident Calvis. Im schlechtes­ten Fall könnte die heißen: Schließung für immer. „Das würde uns aber im Herzen weh tun“, gibt der Vereinsche­f zu. So hoffen die Verantwort­lichen des TV darauf, dass der Lockdown für Schwimmbäd­er zum Monatsende endlich aufgehoben wird. „Dann könnten wir wieder loslegen.“

Alleine die Kosten für die Gasheizung verschling­en jeden Monat rund 5000 Euro. „Hinzu kommen etwa die Abgaben für Frisch- und Abwasser – und nicht zuletzt müssen und wollen wir auch weiterhin unser Personal bezahlen“, betont der Vereinsprä­sident. Sieben Mini-Jobber hat der TV Jahn im Einsatz, die sich regelmäßig um die Technik, das Wasser und die Sauberkeit des Schwimmbad­es kümmern. Diese Aufgaben sollen sie auch nach dem Lockdown weiterhin übernehmen.

Nicht zuletzt mit Hilfe des 60.000-Euro-Zuschusses, den der Verein bis 2023 jährlich von der Stadt erhält, kommen die Kapellener noch einigermaß­en über die Runden. „Würden bald Lockerunge­n eintreten, würden wir 2021 vielleicht mit einem Manko abschließe­n. Das könnte aber in den nächsten beiden Jahren wieder ausgeglich­en werden“, meint Klaus Calvis.

Ganz eingestell­t ist der Betrieb in Neukirchen aber nicht. Zurzeit können Kinder dort unter Auflagen das Schwimmen lernen – in kleinen Gruppen mit jeweils fünf Teilnehmer­n. „Das wird gut in Anspruch genommen“, sagt der Vereinsprä­sident. „Die wenigen Einnahmen, die wir damit generieren, helfen uns aber nicht wirklich weiter. Daher hoffen wir darauf, dass wir mit unserem Normalprog­ramm wieder starten können.“

Das Hallenbad sei jenseits der Corona-Verordnung­en gut ausgelaste­t. Die Polizei kommt nach Neukirchen zum Schwimmen, die Arbeiterwo­hlfahrt und der Kreissport­bund bieten dort regelmäßig Kurse an, und auch der öffentlich­e Badebetrie­b spüle so manchen Euro in die Vereinskas­se. Genau so wie der Kraftraum, der dem Bad angeschlos­sen ist und ebenfalls seit Monaten nicht genutzt werden darf. „All diese Einnahmen fehlen – stattdesse­n pumpen wir jeden Monat ordentlich Geld in die Einrichtun­g“, beklagt Calvis.

Die 400 Kubikmeter Wasser ablassen und damit Kosten sparen sei nicht möglich. „Ist das Wasser raus, würde es im Becken an Druck fehlen, so dass sich die Innenwände verziehen und Kacheln abfallen könnten“, sagt der Vereinsche­f. Ein Herunterfa­hren der relativ alten Technik sei zwar möglich, aber mit großen Gefahren verbunden. „Unsere Pumpen, die seit 20 Jahren quasi fortlaufen­d in Betrieb sind, würden bei einem Neustart wahrschein­lich nicht mehr hochfahren“, sagt Calvis. Dieses Risiko will der Verein nicht eingehen. Denn eine Erneuerung der Technik sei finanziell nicht zu stemmen.

Die Zeit des Lockdowns hat der Verein genutzt, um im Schwimmbad kleinere Reparature­n vorzunehme­n. Unter anderem wurden an mehreren Stellen die Bodenflies­en erneuert, damit alles in Ordnung ist, wenn es mit dem Betrieb wieder losgehen kann.

Nach einer mit dem Rathaus getroffene­n Vereinbaru­ng wird der 60.000-Euro-Zuschuss noch bis zum 31. Dezember 2023 gezahlt. Laut des notarielle­n Vertrags geht das Bad mitsamt des Grundstück­s dann in das Eigentum der Stadt über. Wie es ab 2024 an der Viehstraße in Neukirchen weitergeht, ist noch nicht klar. „Für die ,Zeit danach' gibt es noch kein Konzept“, sagt Klaus Calvis.

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FOTO: WILJO PIEL Klaus Calvis, Präsident des TV Jahn Kapellen, macht sich Sorgen um die Zukunft des Neukirchen­er Schwimmbad­es.

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