Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Nachfrage nach Hunden verdreifacht
Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie wecken bei vielen Menschen die Sehnsucht nach einem Haustier. Doch nicht immer ist die Entscheidung gut durchdacht. Wie ein Züchter und das Tierheim mit der Situation umgehen.
DORMAGEN Herbert Kuth sagt, über eine zu geringe Nachfrage habe er noch nie klagen können. Seit über 20 Jahren züchtet der Dormagener Labradore in drei verschiedenen Färbungen. Aus ganz Europa seien die Leute in der Vergangenheit schon auf ihn zugekommen: aus Schweden, Frankreich, Luxemburg, Belgien oder der Niederlande. „Aber seit der Pandemie hat sich die Nachfrage bestimmt verdreifacht“, sagt Kuth. Seine Warteliste sei voll, er habe bereits Anfragen für Welpen bis zum Jahr 2023 erhalten.
Im vergangenen Jahr habe das schon angefangen, dass ihn plötzlich viel mehr Leute als sonst angerufen hätten, und nach einem Hund fragten. Seit diesem Jahr, sagt er, hätte sich die Nachfrage aber noch einmal verschärft. Drei Zucht-Hündinnen besitzt der Dormagener: Lotta, Mocca und Emma. Wenn eine der Hündinnen trächtig sei, dann werfe sie ihm Schnitt sechs bis zehn Welpen. Herbert Kuth verkauft sie dann zu einem Preis von etwa 2300 bis 2400 Euro pro Tier – allerdings nicht an jeden. „Ich frage beim Kennenlernen immer ziemlich genau nach, wie die häuslichen Umstände sind und ob überhaupt genügend Zeit für einen Hund vorhanden ist. Gerade bei Leuten, die zum ersten Mal einen Hund kaufen wollen. Das Bauchgefühl muss einfach stimmen. Und wenn es nicht passt, dann schicke ich die Leute auch wieder weg“, sagt Herbert Kuth.
Erst vor vier Wochen seien wieder einmal ein paar Welpen auf die Welt gekommen, den nächsten Wurf erwarte er Mitte oder Ende des Jahres. Neue Tiere könne er dann frühestens wieder Mitte des kommenden Jahres anbieten. „Wenn sich jetzt jemand für einen Hund aus einem späteren Wurf interessiert, dann merke ich zumindest, dass sich jemand Gedanken gemacht hat. Einen Welpen kauft man schließlich nicht zwischen Tür und Angel. Und wenn jemand jetzt sofort einen Hund haben will, dann ist es mir auch egal, wenn er woanders hingeht. Wir können nur anbieten, was wir haben und wie es für die Tiere gut ist“, sagt Herbert Kuth.
Auch im Dormagener Tierheim mache sich der Wunsch nach einem Hund als Begleiter in Zeiten der Kontaktbeschränkungen bemerkbar. „Die Anfragen sind massiv gestiegen. Wenn wir jetzt ein Bild von einem Hund online stellen, dann können wir die Anzeige eigentlich direkt wieder deaktivieren, weil die Nachfrage so groß ist“, sagt Babette Terveer. Sie ist die Vorsitzende des Tierschutzvereins Dormagen. Mehr Anfragen – für die Mitarbeiter des Tierheims bedeute das im Moment auch: mehr Arbeit. Denn jeder Fall müsse einzeln geprüft werden. Und oft stelle sich dabei dann relativ schnell heraus, dass die Leute gar nicht geeignet für einen Hund seien. „Über die Hälfte der Interessenten hat sich erst kurzfristig dazu entschieden, sich ein Tier anzuschaffen – oftmals aus so einer Art ‚Corona-Laune` heraus. Dann frage ich zum Beispiel, was sie denn machen wollen, wenn sie wieder in den Urlaub fahren können, und dann merke ich, dass sie sich eigentlich noch gar keine Gedanken über die Zukunft gemacht haben“, sagt Babette Terveer.
Durch ihre langjährige Erfahrung im Tierheim könne sie mittlerweile gut unterscheiden zwischen den Interessenten, die schon länger planen, sich einen Hund anzuschaffen und denjenigen, die sich gerade nur einen wünschen, weil sie nun sowieso im Homeoffice sind, mehr Zeit haben als sonst oder aktuell – aus Mangel an Alternativen – etwas öfter spazieren gehen, als sie das vorher getan haben. „Wenn dann nach der Pandemie aber wieder beide Besitzer Vollzeit arbeiten müssen und acht Stunden im Büro sind, dann muss man sich auch keinen Hund anschaffen“, sagt Babette Terveer.
Sie warne vor allem davor, nun einen Hund direkt aus dem Ausland zu adoptieren – ohne zum Beispiel vorher eine Tierschutzorganisation oder das Veterinäramt zu kontaktieren. Bisher seien zwar nur geringfügig mehr Tiere im Tierheim abgegeben worden als vor der Pandemie. Die Vorsitzende des Tierschutzvereins glaubt jedoch, dass das noch komme, wenn sich die Corona-Lage wieder etwas normalisiere.