Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Allrather wollen eine „flexible Kirche“
Das Gotteshaus wird für 1,2 Millionen Euro umgebaut. In die Kirche wird ein Pfarrsaal integriert, für Bücherei und Pfarrbüro gibt's mobile Lösungen. Das Erzbistum hat dem Entwurf zugestimmt. Auch eine gebrauchte Orgel soll her.
ALLRATH Die Kirchengemeinde St. Matthäus hat große Pläne. Für 1,2 Millionen Euro soll die Allrather Kirche umgebaut werden. Das Erzbistum Köln hat dem Entwurf zugestimmt, der Bauantrag bei der Stadt ist gestellt. Kernstück des Umbaus ist ein neuer Multifunktionsraum, der als Pfarrsaal, Bücherei und vieles mehr dienen wird. Zudem hat der Kirchenvorstand beschlossen, für den Platz über dem Raum eine gebrauchte Orgel zu beschaffen.
Vor fünf Jahren war die Zukunft des Allrather Gotteshauses ungewiss, drohte der Abriss des erst 1967 geschaffenen Kirchenschiffs. Anlass war die anstehende Reduzierung der Gebäudeflächen im Seelsorgebereich Vollrather Höhe um fast ein Drittel. Der Abriss ist vom Tisch, die Kirche ist mittlerweile ein Baudenkmal. Und leitender Pfarrer Meik Schirpenbach betont: „Wir wollen alle Kirchen erhalten. Würden wir eine aufgeben, dann wäre auch die Gemeinde weg.“
Doch für die Raumfrage musste eine Lösung gefunden werden. Das Pfarrheim gegenüber soll aufgegeben, das Areal für Wohnbebauung vermarktet werden. „Katharina Maria Krüppel, die aus Allrath stammt, brachte die Idee auf, in die Kirche einen Versammlungsraum zu integrieren – so wie in einer Kirche in Andernach“, schildert Hans-Bernd Zimmer, geschäftsführender Vorsitzender des Kirchenvorstandes.
Von der Idee bis zum fertigen Plan dauerte es noch längere Zeit. Nun stehen die Baugenehmigung der Stadt und die kirchliche Baugenehmigung aus. Der Baustart sei für Anfang 2022 geplant, sagt Architekt Bernd Sokolowski.
Die Pläne im Einzelnen: Im Bereich unter und vor der Orgelempore wird der 90 Quadratmeter große Multifunktionsraum mit Drehtüren aus Glas geschaffen. Einige Sitzreihen fallen dafür weg. Die Gemeinde legt großen Wert darauf, bei Gottesdiensten mit vielen Besuchern den neuen Raum mit einbeziehen zu können. Überhaupt soll dieser ein
„Tausendsassa“werden – er soll Pfarrsaal und Treffpunkt für Gruppen von Messdienern über die Frauengemeinschaft bis hin zur Bruderschaft sein, aber auch Ort für Chorproben und sogar Bücherei und Pfarrbüro. Wie das geht? „Die Regale der Bücherei und Schreibtische werden auf Rollen stehen und können bei Bedarf schnell zur Seite geschoben werden“, erläutert Stefan Gluch vom Kirchenvorstand die mobile Lösung. Im Bereich des heutigen Pfarrbüros entstehen Küche und Sanitäranlagen. Der Eingangsbereich der Kirche wird neu gestaltet, für barrierefreien Zugang wird draußen eine Rampe angelegt.
„Der Umbau der Kirche ist ein zukunftsweisender Schritt, ein Pilotprojekt nicht nur für die Gemeinde in Grevenbroich, sondern auch im Erzbistum“, betont Pfarrer Meik Schirpenbach. „Wir werden die Kirche weiter gestalten, den Innenraum flexibler nutzen.“Für manchen werde das ungewohnt sein, „doch etwa im Mittelalter wurden Kirchen ebenfalls vielfältig genutzt, weil es oft an anderen geeigneten Räumlichkeiten fehlte“. Auch in Kapellen sei eine Lösung wie in Allrath in Überlegung. Der Großteil der 1,2 Millionen Euro für den Umbau in Allrath wird laut Schirpenbach vom Erzbistum aus Kirchensteuermitteln bereitgestellt. Zehn Prozent trägt die Kirchengemeinde.
Die Pfarre steht noch vor einem weiteren Großprojekt: Eine neue Orgel soll her, wobei: Ganz neu wird sie nicht sein. „Der Kirchenvorstand hat beschlossen, eine gebrauchte Orgel zu kaufen“, kündigt Zimmer an. Der Orgelsachverständige habe festgestellt, dass die vorhandene Orgel aus der Nachkriegszeit sanierungsbedürftig ist, er habe aber diesen Schritt nicht empfohlen. „Man soll nicht gutes Geld in schlechtes Material stecken“, sagt Zimmer. In Gelsenkirchen wurde die Gemeinde fündig – dort steht eine Stockmann-Orgel von 1990 zum Verkauf. Eine neue Orgelempore wird in Allrath gebaut, der bisherige Orgelprospekt und damit die Ansicht bleiben erhalten. Rund 100.000 Euro kostet das Projekt. Die Pfarre hofft auf Unterstützung durch Sponsoren. „Unser Ziel ist es, Weihnachten 2022 mit einer neuen Orgel über dem neuen Raum zu feiern“, kündigt Gluch an.