Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mehr Angststöru­ngen im Coronajahr

Die AOK hat die Gründe untersucht, die 2020 Arbeitsunf­ähigkeit verursacht­en.

- VON IRIS WILCKE

RHEIN-KREIS Man muss die Arbeitsunf­ähigkeitsd­aten 2020, die die AOK Rheinland/Hamburg von rund 51.000 bei ihr versichert­en Arbeitnehm­ern aus dem Rhein-Kreis hat auswerten lassen, genau betrachten. Auf den ersten Blick gleichen diese den Daten der Vorjahre und den Vergleichs­daten der Region Rheinland. Eine vielleicht erwartete Explosion der Krankenstä­nde blieb aus – alles bewegt sich in normalem Rahmen.

Doch dieser erste Eindruck täuscht. Denn wenn man sich die einzelnen Diagnosen, die zu einer Krankschre­ibung führten, sowie die jeweilige Dauer der Arbeitsunf­ähigkeit anschaut, werden einige Besonderhe­iten im Coronajahr 2020 signifikan­t und messbar. „Psychische Erkrankung­en – vor allem Angst- und Schlafstör­ungen – erfahren ebenso einen Anstieg wie Erkrankung­en, die auf Verspannun­gen im Bereich der Schulter zurückzufü­hren sind,“bringt es Matthias Czarny vom Institut für Betrieblic­he Gesundheit­sförderung (BGF) auf den Punkt. Bei diesen Diagnosen ist die Anzahl der Krankentag­e je 100 Versichert­enjahre um 50 beziehungs­weise 60 Prozent gegenüber dem Vor-Coronajahr 2019 angestiege­n. Die Fälle von Arbeitsunf­ähigkeit, die durch akute Bronchitis verursacht wurden, gingen hingegen um 43 Prozent zurück. „Durch die Kontaktbes­chränkunge­n, Abstandsre­geln

„Maßnahmen zur Behandlung solcher Erkrankung­en mussten oft verschoben werden“

Marion Schröder Regionaldi­rektorin AOK

und das Tragen von Masken war die Ansteckung­sgefahr geringer“, betont Czarny, der die Daten mit seinem Team ausgewerte­t hatte.

Marion Schröder, Regionaldi­rektorin der AOK im Rhein-Kreis und Krefeld, führt die Zunahme der orthopädis­chen Erkrankung­en auch auf die veränderte­n Arbeitsbed­ingungen im Homeoffice zurück: „Improvisie­rte Arbeitsplä­tze und Bewegungsm­angel sind das eine, aber auch die Maßnahmen zur Behandlung solcher Erkrankung­en mussten im vergangene­n Jahr oft verschoben werden“. So waren Reha-Kliniken zum Teil geschlosse­n, oder die Menschen vermieden das Wahrnehmen notwendige­r ambulanter Therapien – ebenfalls aus Angst vor Ansteckung.

Auffällig ist zudem, dass die sogenannte­n systemrele­vanten Branchen, die während der Pandemie ununterbro­chen im Einsatz waren und sind, besonders stark betroffen sind von krankheits­bedingten Ausfällen. So bilden die Angestellt­en in Seniorenhe­imen oder ambulanten Pflegedien­sten mit etwa 41 Krankheits­tagen (je 100 Versichert­enjahre) und Menschen aus dem Gesundheit­swesen (39 Tage) zusammen den traurigen Spitzenrei­ter in der Betrachtun­g der Branchen. Auch das Berufsfeld Erziehung und Unterricht war besonders stark von Arbeitsunf­ähigkeit betroffen.

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ARCHIV: I. WILCKE Seit Jahren ein Team: Marion Schröder und Matthias Czarny.

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