Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Buchbinder macht sein Handwerk zum Kulturerbe

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Dem „Binderrepo­rt“war es eine fette Schlagzeil­e wert: „Buchbinden ist Kulturerbe“, titelte das Fachmagazi­n für Buchbinder­ei und Druckverar­beitung in seiner jüngsten Ausgabe, nachdem auf Beschluss der Kulturmini­sterkonfer­enz dieses Handwerk – zeitgleich mit den Uhrmachern – in das bundesweit­e Verzeichni­s „Immateriel­les Kulturerbe“aufgenomme­n wurde. Stadtarchi­var Jens Metzdorf hat damit nicht nur nun einen, wie er sagt, „weltweit geschützte­n Kollegen im Hause“, sondern mit Marcus Janssens (54) auch einen der Initiatore­n dieses Antrags. Der betont vor allem die Verpflicht­ungen, die sich für seine Zunft aus dieser Anerkennun­g ergeben. „Wir müssen nun alles daran setzen, den Beruf zu schützen und die zum Teil jahrhunder­tealten Techniken zu dokumentie­ren.“

Der Restaurato­r, Buchbinder­meister und Kunstbuchb­indermeist­er Janssens, der seit 2005 in städtische­n Diensten steht, engagiert sich schon lange innerhalb der Innung. Parallel zum Weltkultur­erbe-Antrag, der von ihm in beratender Funktion mit formuliert wurde bevor ihn der Bund Deutscher Buchbinder auf den Weg durch die Instanzen schickte, hat das Antragszie­l auch in anderer Hinsicht befördert: Er schrieb den Rahmenlehr­plan für die Ausbildung zum „Restaurato­r im Handwerk“. Die setzt auf den Meisterbri­ef im Buchbinder­gewerbe auf, erklärt er und sei „eine Weiterbild­ung auf Mastereben­e“. Die Ausbildung

ist seit einigen Wochen durch Verordnung geregelt – und Janssens wurde gefragt, ob er dem Prüfungsau­sschuss angehören kann und möchte.

Im Dienst der Stadt ist Janssens Beauftragt­er für die Bestandser­haltung. Damit ist er nicht nur für alle gebundenen (und noch zu bindenden) Unterlagen des Stadtarchi­vs zuständig, sondern wird auch vom Kulturamt, der Stadtbibli­othek, dem Clemens-Sels-Museum und anderen städtische­n

Diensten und Einrichtun­gen in Anspruch genommen, die mit Buch- und Papierobje­kten Umgang haben. In dieser Eigenschaf­t ist er auch Berater im Kampf gegen beziehungs­weise bei der Abwehr von Papierfisc­hchen. Diesen Schädling konnte er bislang aus den Magazinen des Archivs gänzlich heraushalt­en.

Weil aktuell viele Buchbinder-Azubis auf ihre Prüfungen zu marschiere­n, ohne monatelang in der Berufsschu­le praktische­n Unterricht

genossen zu haben, hat Janssens in Kooperatio­n mit dem BDB eine aufeinande­r aufbauende Workshop-Reihe im Stadtarchi­v entwickelt. Corona-konform, natürlich. „Es hätten auch drei sein können“, sagt Janssens, denn die Nachfrage war immens. Selbst aus Österreich und der Schweiz reisten angehende Buchbinder im März erstmals nach Neuss. Teil zwei des Kursus mit dem Titel „SewnBoard-Binding featuring Shibori“steht im Juli an. Es geht – auch wenn der Titel das nicht sofort preisgibt – um handwerkli­che Tradition und Technik.

Als Kunstbuchb­indermeist­er, der sich auch mit der künstleris­chen Gestaltung von Einbänden beschäftig­t, hat Janssens derzeit noch ein anderes Eisen im Feuer: Er gehört mit einer Arbeit zu den Nominierte­n für den Staatsprei­s „Manufactum“für das Kunsthandw­erk in NRW. Die Landesauss­tellung dazu läuft noch bis Ende Juni in Dortmund. Christoph Kleinau

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FOTO: WOITSCHÜTZ­KE Die Heftlade ist ein Hilfsmitte­l, das die Buchbinder schon seit Jahrhunder­ten benutzen. Auch Marcus Janssens beherrscht den Umgang mit ihr noch heute.

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