Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Pandemie bremst i-Dötzchen-Untersuchung
Jutta Heister ist die neue Leiterin des Kinder- und Jugendärztlichen Gesundheitsdienstes. In der Pandemie liegt der Schwerpunkt der Arbeit jedoch in deren Bekämpfung. Nur eine Ärztin kümmert sich aktuell um die Schulneulinge.
RHEIN-KREIS Planungen für einige Wochen im Voraus sind aktuell nicht möglich. „Das geht nur von Woche zu Woche“, sagt Jutta Heister. Die Medizinerin leitet seit Februar den Kinder- und Jugendärztlichen Gesundheitsdienst des Rhein-Kreises, und hat damit die Nachfolge von Barbara Albrecht angetreten, die Leiterin des Gesundheitsamtes wurde. In „normalen Zeiten“würde sich Heisters Team aktuell vor allem mit den Untersuchungen der kommenden i-Dötzchen beschäftigen. Immerhin sind es kreisweit 4444 Mädchen und Jungen, die im Sommer ihren ersten Schultag haben.
Dass die jedoch alle zuvor noch untersucht werden, sei undenkbar, äußert sich Heister. Schließlich sei ihr Team von sieben Ärzten und zwölf medizinischen Fachangestellten seit Monaten schon vor allem mit einem beschäftigt: der Bekämpfung der Pandemie. Und da ist es in erster Linie die Aufgabe der Kinder- und Jugendärzte, bei Infektionen in Kindertagesstätten und Schulen zu ermitteln sowie Termine in den Testzentren und der mobilen Testungen zu koordinieren. Jedoch fallen die eigentlichen Aufgaben nicht komplett weg. „Wir haben ein Team, das sich um die dringendsten Sachen im Kinder- und Jugendbereich kümmert“, sagt die Ärztin. Da geht es um die Untersuchung von Schulneulingen mit, wie Heister es nennt, besonderen Fragestellungen. Die da wären: Hat das Kind die nötige Schulreife? Sollte es ein Jahr zurückgestellt werden? Oder würde eine Therapie helfen? Auch die Untersuchungen der sogenannten Seiteneinsteiger könnten nicht aufgeschoben werden. Dabei hilft der enge und vertrauensvolle Kontakt zu den Kitas und Schulleitungen im Kreisgebiet. Denn so genügt auch schon einmal ein kurzer Anruf, um auf „Problemfälle“aufmerksam zu machen.
Dennoch wird es natürlich auch in diesem Jahr nicht klappen, alle zukünftigen i-Dötzchen vor ihrem ersten Schultag zu untersuchen.
Und so ist aktuell in Planung, eventuell sogenannte Schulsprechstunden einzuführen, wenn das Schuljahr bereits begonnen hat. „Das Problem, dass die Schuleingangsuntersuchungen zurzeit nicht wie sonst durchgeführt werden können, ist ja nicht nur unser Problem“, sagt die 53 Jahre alte Kölnerin. Daher sei man auch mit benachbarten Ämtern im Gespräch, wie solche Schulsprechstunden dann aussehen könnten. Kinder bräuchten Kita und Schule regelmäßig, so die Meinung Heisters. Und sie ist überzeugt: „Die Folgen der ständigen Schließungen werden uns in den nächsten Jahren noch sehr beschäftigen.“Denn auch für gute Schüler sei es auf Dauer schwer, sich im Homeschooling täglich zu motivieren. „Zu Beginn war das sicher für viele spannend, doch eins ist klar: Der persönliche Kontakt ist für die Kinder und Jugendlichen einfach unschlagbar.“
„Doppelt gesund“, „aufgeweckt“und „prokita“sind Projekte, die der Kinder- und Jugendärztliche Dienst mit einem eigenen Team betreut. Allerdings nicht flächendeckend im Rhein-Kreis. Denn dafür sei kein Personal da. „Doppelt gesund“ist ein Programm für Schwangere. Dort werden sowohl Bewegungskurse wie auch solche zu Themen wie Ernährung oder Impfen angeboten. „prokita“ist ein Vorsorgeprogramm, das in einigen Kindertagesstätten (die konnten sich dafür bewerben) angeboten wird und kümmert sich um die Mädchen und Jungen, die erst in zwei Jahren auf die Grundschule wechseln. „Aufgeweckt“hat die Kita-Kinder unter drei Jahren im Blick.
Wie Jutta Heister sagt, werde das Projekt zurzeit in Weckhoven und Erfttal angeboten. Auch Logopäden und Sprachtherapeuten gehören übrigens zu Jutta Heisters Team.
Die Medizinerin kam vor über zehn Jahren zum Rhein-Kreis, arbeitete zuvor in einer Kinder- und Jugendpraxis in Wesseling. Als die schloss, entschied sie sich für die Arbeit in einer Verwaltung mit dem Gedanken, das „mal übergangsweise“zu machen, wie sie betont. Doch da die präventive Arbeit schon vorher ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit war, habe sie schnell festgestellt, dass sie dort genau richtig ist.
Und was hält sie von Impfungen gegen das Coronavirus bei Kindern? „Auf alle Fälle Biontech für alle ab zwölf Jahre“, sagt sie kurz und knapp.