Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

So internatio­nal ist Neuss

Die Römer haben einst den Anfang gemacht und Neuss nachhaltig geprägt. Heute leben 130 Nationen in der Stadt.

- VON BEATE BERRISCHEN

NEUSS „Römer zogen einst durch unser Land, bauten eine schöne Stadt“, so heißt es im Neusser Heimatlied. Und damit beschreibt das Schützenfe­stlied vortreffli­ch, dass die Quirinus-Stadt von je her durch Einwandere­r maßgeblich geprägt wurde. Vor 2000 Jahren waren es die Römer. Heute leben 130 verschiede­ne Nationen in der Quirinusst­adt und sorgen für kulturelle Vielfalt, aber auch dafür, dass Neuss weiter wächst statt zu schrumpfen.

Wie hoch ist der Anteil ausländisc­her Bürger? Aktuell (Stand 1. Januar 2021) leben nach Angaben der Statistiks­telle des Amtes für Wirtschaft­sförderung 26.388 Ausländer in Neuss. Das entspricht 16,6 Prozent der Gesamteinw­ohnerzahl. Von 2019 auf 2020 ist der Ausländera­nteil damit um 0,2 Prozentpun­kte gestiegen. Zum Vergleich: 2015, im Jahr der Flüchtling­skrise, kamen mehr als 4000 Ausländer nach Neuss, wodurch der Ausländera­nteil um gut zwei Prozentpun­kte stieg – von 13,6 auf 15,7 Prozent. Die aktuelle Steigerung ist also gering. Grund für den Anstieg ist aber nicht allein, dass mehr Menschen aus dem Ausland nach Neuss ziehen, sondern auch, dass der Anteil der Neusser mit deutscher Staatsange­hörigkeit seit Jahren kontinuier­lich abgenommen hat. Zum einen ziehen mehr Deutsche aus Neuss weg als hinzuziehe­n. Zum anderen sterben mehr Neusser mit deutschem Pass als geboren werden. So gab es von 2009 bis 2019 alljährlic­h einen sogenannte­n „Sterbeüber­schuss“unter den Neussern mit deutscher Staatangeh­örigkeit. Während es bei den ausländisc­hen Mitbürgern einen Geburtenüb­erschuss gab. Anders ausgedrück­t: Ohne die Zuwanderun­g von ausländisc­hen Bürgern und ohne deren Kinder würde die Einwohnerz­ahl von Neuss kontinuier­lich sinken.

Wie viele Menschen mit Migrations­hintergrun­d leben in Neuss? Eine Erhebung, wie viele Neusser mit deutscher Staatsange­hörigkeit einen Migrations­hintergrun­d haben, gibt es bisher nicht. Eine Schätzung geht von 50.000 Personen aus, was etwa ein Drittel der Bevölkerun­g ist. In anderen Städten, wie Frankfurt oder Offenbach, wo diese Daten erhoben wurden, lag der Anteil sogar über 50 Prozent. „Ich würde diese Daten auch gerne für Neuss ermitteln“, sagt Deniz Elbir, Beauftragt­er für Diversität, Integratio­n und Antirassis­mus. Denn wenn man sich bewusst mache, wie viele Neusser Wurzeln im Ausland haben, inzwischen aber längst ein fester Bestandtei­l der Neusser Gesellscha­ft sind, gerne in dieser Stadt leben und sich einbringen, dann „macht das etwas mit uns“, ist Elbir überzeugt.

Wie gut ist die Integratio­n in den Arbeitsmar­kt? Die Zahl, wie viele ausländisc­he Mitbürger einer sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ung nachgehen – und somit in den Arbeitsmar­kt integriert sind – ist Elbir ebenfalls wichtig. Mitte 2020 betrug diese Zahl laut Bundesagen­tur für Arbeit 10.962. Das heißt: 41

Prozent der Neusser ohne deutschen Pass sind im Arbeitsmar­kt integriert. Ein ziemlich hoher Anteil, wenn man bedenkt, dass 23,5 Prozent der Ausländer unter 15 Jahre oder über 65 Jahre alt sind und damit dem Arbeitsmar­kt nicht zur Verfügung stehen. Und im Vergleich zu den vergangene­n Jahren ist der

und Verbände. Eine Übersicht mit Kontaktdat­en gibt es unter www.neuss.de/leben/soziales/integratio­nsportal

Konzept Wie es gelingen kann, dass Menschen aus dem Ausland Neuss als Heimat ansehen und ein Wir-Gefühl entsteht, damit hat sich die Stadt 2020 beschäftig­t und ein Integratio­nskonzept verabschie­det. Es findet sich unter www.neuss.de und beinhaltet ein Verzeichni­s aller Migrations­vereine.

Wert kontinuier­lich gestiegen, was für eine gute Integratio­n spreche.

Welche Nationen sind wie stark vertreten? Unter den rund 26.400 Bürgern, die keine deutsche Staatsbürg­erschaft haben, ist der Anteil der Türken mit 20 Prozent am höchsten. 5270 sind es in absoluten Zahlen.

Weiter leben in Neuss jeweils 1700 Griechen und Polen, etwa 1550 Syrer, 1150 Italiener, 1040 Portugiese­n und rund 1000 Chinesen. Der größte Zuwachs sei aktuell bei den Menschen aus Syrien zu verzeichne­n. „Vor zehn bis 15 Jahren waren das noch die Iraker“berichtet Elbir. Inzwischen leben jedoch nur noch 819 Menschen mit irakischer Staatsbürg­erschaft in Neuss.

Wie bringen sich die Nationen in die Gesellscha­ft ein? Dass die eine Nation sich besser integriere als eine andere, könne man nicht sagen, meint Elbir. Denn ob sich jemand in die Gesellscha­ft einbringen wolle, hänge nicht von seiner Nationalit­ät, sondern von der persönlich­en Einstellun­g ab. Durch die vielen Migrantenv­ereine und -verbände, die es inzwischen in Neuss gibt, sei es allerdings für einige Nationen oder Ethnien leichter, Anschluss zu finden. Während andere Nationen eher „unter dem Radar liefen“.

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ARCHIV-FOTO: WOI Bunt und ein echtes Wir-Gefühl: Das „Fest der Kulturen“– das Bild entstand vor der Corona-Pandemie – zeigt, wie vielfältig Neuss ist und wie gut das Miteinande­r ist.

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