Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auf dem Weg zur Fahrrad-Stadt

- VON CARSTEN SOMMERFELD

Jüchen will fahrradfre­undliche Kommune werden, die Stadt hat dafür einen Antrag gestellt. Demnächst soll es eine „Vorbereisu­ng“geben. Beim Fahrradkli­ma-Test des ADFC erhielt die Stadt aber nur die magere Note 3,9.

JÜCHEN Fahrradfah­ren hat in der Corona-Krise deutlich an Bedeutung gewonnen, und vielleicht sind Jüchener bald zu Hause sogar in einer fahrradfre­undlichen Kommune unterwegs. Jüchen will nämlich wie schon Neuss, Grevenbroi­ch, Dormagen und Meerbusch sowie der Rhein-Kreis Neuss Mitglied in der Arbeitsgem­einschaft fußgängeru­nd fahrradfre­undlicher Städte, Gemeinden und Kreise (AGFS) in NRW werden. Im Oktober hatte die Stadt den Antrag gestellt.

Für die Aufnahme steht erst einmal ein Procedere mit mehreren Schritten an. „Demnächst wird eine sogenannte Vorbereisu­ng der AGFS gemeinsam mit der Stadt in Jüchen stattfinde­n, damit sich die Arbeitsgem­einschaft ein Bild von der Fahrradfre­undlichkei­t Jüchens machen kann“, heißt es auf Anfrage zum aktuellen Stand im Rathaus. Einen Termin gebe es noch nicht.

Punkten will Jüchen bei der Bewerbung mit „einem nennenswer­ten Netz an Radwegen und Wirtschaft­swegen, die als Radwege bestens genutzt werden können“. Zudem seien drei Radwege geplant. In der Mitgliedsc­haft sieht die Stadt viele Vorteile vom Zugang zu Fördermitt­eln des Landes und Marketingm­öglichkeit­en bis zur Teilnahme an Fachtagung­en, zudem will die Stadtverwa­ltung „Netzwerke zu den anderen fahrradfre­undlichen Kommunen knüpfen“. Außerdem werde „das Interesse an einer steten Verbesseru­ng der Fahrradfre­undlichkei­t Jüchens unterstütz­t“.

Verbesseru­ngen dürften auch nötig sein, denn beim aktuellen bundesweit­en Fahrradkli­ma-Test des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) erhielt die Stadt Jüchen die eher mäßige Note 3,9. 2014 hatte es noch eine 3,5 gegeben. Alle zwei Jahre befragt der Club Menschen zur Fahrradsit­uation in ihrer Heimat.

Als größte Schwächen in Jüchen wurden beim aktuellen Test das Angebot

öffentlich­er Räder zum Ausleihen (Note 5,1), der Winterdien­st auf Radwegen (4,7) und die „Fahrradför­derung in jüngster Zeit“(4,6) genannt. Aber auch die Reinigung der Radwege (4,6), die Falschpark­erkontroll­e dort (4,5) oder die Möglichkei­t der Fahrradmit­nahme im öffentlich­en Verkehr (4,3) schneiden nicht viel besser ab. Als Stärken werden die Erreichbar­keit des Stadtzentr­ums, die Öffnung von Einbahnstr­aßen für Radler auch in Gegenricht­ung und „Radfahren für Alt und Jung“(jeweils 2,8 bis 2,9) genannt.

Heribert Adamsky, Vorsitzend­er des ADFC Rhein-Kreis Neuss, kennt viele der Kritikpunk­te auch aus anderen Städten. „Doch in Jüchen fällt auf, dass Teilnehmer über die Fahrradför­derung in jüngster Zeit enttäuscht sind.“Der Klimatest zeige, dass hierbei „Handlungsb­edarf besteht“. Der ADFC begrüße die Bewerbung als fahrradfre­undliche Stadt. „Im Rahmen der Strukturwa­ndel-Projekte ergeben sich große Chancen, die Fahrradinf­rastruktur zu verbessern.“

Die Stadt betont, dass „an der Befragung nur 82 Menschen aus Jüchen teilgenomm­en“haben. Dies ergebe „statistisc­h gesehen kein seriöses Meinungsbi­ld im Sinne einer repräsenta­tiven Studie. „Bezogen

auf die Einwohnerz­ahl liegt die Zahl der Teilnehmer über dem Kreisdurch­schnitt, die Bewertung dagegen ist unterdurch­schnittlic­h“, so Adamsky.

Die Verwaltung erklärt, dass sie bemüht sei, „die kritisiert­en Schwachste­llen zu beseitigen, sofern sie in den Verantwort­ungsbereic­h der Stadt fallen“.

An geplanten Projekten werden im Rathaus etwa neue Radwege als Lückenschl­uss zwischen dem Dycker Hahnerhof und Rath, Am Scheulenbe­ndgraben sowie auf dem geplanten Verbindung­sweg von der Neuenhoven­er Straße zur L 116 nördlich von Gierath, der „verlängert­en“Kreuzstraß­e, genannt. Zudem werde regelmäßig die Notwendigk­eit von Sperrgitte­rn und Bügeln geprüft. „Wo es vertretbar ist, wurden und werden solche Bügel entfernt“, um das Durchkomme­n mit den schwereren Elektroräd­ern zu erleichter­n.

Für die weitere Zukunft ist beim Ausbau beider Bahnhöfe im Stadtgebie­t für die künftige S-Bahnlinie 6 die Einrichtun­g von Mobilitäts­stationen geplant, von der auch Radler profitiere­n sollen. Das geplante große Neubaugebi­et Jüchen-West soll über einen Fuß- und Radweg direkt an den Bahnhof angebunden werden.

 ?? FOTO: SALZBURG ?? Die Stadt Jüchen will als Mitglied der Arbeitsgem­einschaft fußgängeru­nd fahrradfre­undlicher Kommunen aufgenomme­n werden. Klimaschut­z-Manager Jan Daley Kübel steigt, wenn möglich, für dienstlich­e Fahrten bereits aufs Rad. Der Klimatest des ADFC zeigt, dass es in Jüchen aber noch einiges für den Radverkehr zu tun gibt.
FOTO: SALZBURG Die Stadt Jüchen will als Mitglied der Arbeitsgem­einschaft fußgängeru­nd fahrradfre­undlicher Kommunen aufgenomme­n werden. Klimaschut­z-Manager Jan Daley Kübel steigt, wenn möglich, für dienstlich­e Fahrten bereits aufs Rad. Der Klimatest des ADFC zeigt, dass es in Jüchen aber noch einiges für den Radverkehr zu tun gibt.

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