Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Tierschutz verzögert Wild-Umsiedlung
Die Stadt hat den „Umzug“von 35 Tieren vom Selikumer Gehege in die Eifel bereits in die Wege geleitet. Nach Angaben des Rhein-Kreises ist das Vorhaben aber tierschutzrechtlich bedenklich. Jetzt ist ein Gespräch geplant.
NEUSS Die ersten Vorbereitungen wurden bereits vor Wochen getroffen, aber das Vorhaben scheint komplizierter zu sein, als zunächst gedacht: Ende März hatte die Stadt im Selikumer Gehege erste Maßnahmen zur Umsiedlung eines Teils des dort beheimateten Damwildes vorgenommen. Weil die Herde für das Gehege zu groß zu werden droht, sollen etwa 35 Tiere in ein Gehege in die Eifel umgesiedelt werden. So lautet zumindest die Theorie. Um die Selektion von Tieren möglichst schonend vornehmen zu können, wurde sogar bereits ein Teil des Geheges mit Gittern abgetrennt. Die Tiere sollen sich so über mehrere Wochen an die veränderte Situation gewöhnen können, was den Abtransport vereinfachen soll. Doch ob und in welcher Form es überhaupt zu einem Abtransport kommen wird, scheint derzeit fraglich.
In der Sitzung des Umweltausschusses musste der Beigeordnete Matthias Welpmann ein für die Mitglieder unbefriedigendes Zwischenfazit vermelden: „Die Genehmigung des Rhein-Kreises für die Umsiedlung liegt noch nicht vor.“
Kurios: Der Rhein-Kreis Neuss gibt an, wiederum auf die Stadt zu warten. Wie Sprecher Benjamin Josephs auf Nachfrage mitteilt, stehe die Rückmeldung auf ein Gesprächsangebot des Kreises noch aus. Das Problem: Aktuell sei davon auszugehen, dass das Vorhaben der Stadt gegen das Tierschutzgesetz verstößt. Demnach sei ein Transport von Wildtieren grundsätzlich zu vermeiden, insbesondere wenn dieser nur dazu diene, um die Tiere an einem anderen Ort zu schlachten. Davon sei allerdings derzeit auszugehen, da ein Großteil der abzutransportierenden Tiere männlich sei. Zwar könne das ein oder andere männliche Tier zur „Blutauffrischung“in dem Eifelgehege genutzt werden, aber eben nur ein Bruchteil. Genehmigt werden könnte der Abtransport nur, wenn die Tiere – lebend – in ein anderes Gehege integriert werden. Diese Einschtzung habe das Kreisvetrerinäramt auch der Stadt vor Wochen mitgeteilt – verbunden mit dem Gesprächsangebot, um sich über die Thematik auszutauschen.
Die Chefin des Geheges in der Eifel, mit dem das Kreisveterinäramt Kontakt aufgenommen hat, bestätigt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Wir könnten nicht alle Tiere aus Neuss hier behalten, wir würden zwar schauen, welche Tiere für unser Gehege passend wären, aber der Rest müsste anderen Wildparks angeboten werden.“Man könne aber auch den Weg über den Deutschen Wildgehegeverband wählen und die Gruppe dort anbieten. Die Expertin betont allerdings: „So viel ich gehört habe, ist in der Gruppe aus Neuss viel Inzucht dabei. Das sind Kriterien, die man nicht weiter vererben möchte.“Feststehe: „Wenn man einen Wildpark betreibt, dann muss man auch selektieren. Das hat nichts mit Mordlust zu tun“, sagt die Chefin.
Die Überpopulation in dem Selikumer Gehege ist nach Angaben des Rhein-Kreises Neuss unumstritten, wurde in der Vergangenheit regelmäßig vor Ort per Kugelschuss reguliert. Bereits im Januar dieses Jahres hätte eigentlich der Abschuss erfolgen sollen. Diese Pläne hat die Stadt – angesichts einer breiten Diskussion und harscher Kritik von Tierschutzorganisationen – dann aber aufgegeben und kündigte an, nach Alternativen suchen. Eine Suche, die sich als Herausforderung herausstellen sollte.