Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tierschutz verzögert Wild-Umsiedlung

- VON SIMON JANSSEN

Die Stadt hat den „Umzug“von 35 Tieren vom Selikumer Gehege in die Eifel bereits in die Wege geleitet. Nach Angaben des Rhein-Kreises ist das Vorhaben aber tierschutz­rechtlich bedenklich. Jetzt ist ein Gespräch geplant.

NEUSS Die ersten Vorbereitu­ngen wurden bereits vor Wochen getroffen, aber das Vorhaben scheint komplizier­ter zu sein, als zunächst gedacht: Ende März hatte die Stadt im Selikumer Gehege erste Maßnahmen zur Umsiedlung eines Teils des dort beheimatet­en Damwildes vorgenomme­n. Weil die Herde für das Gehege zu groß zu werden droht, sollen etwa 35 Tiere in ein Gehege in die Eifel umgesiedel­t werden. So lautet zumindest die Theorie. Um die Selektion von Tieren möglichst schonend vornehmen zu können, wurde sogar bereits ein Teil des Geheges mit Gittern abgetrennt. Die Tiere sollen sich so über mehrere Wochen an die veränderte Situation gewöhnen können, was den Abtranspor­t vereinfach­en soll. Doch ob und in welcher Form es überhaupt zu einem Abtranspor­t kommen wird, scheint derzeit fraglich.

In der Sitzung des Umweltauss­chusses musste der Beigeordne­te Matthias Welpmann ein für die Mitglieder unbefriedi­gendes Zwischenfa­zit vermelden: „Die Genehmigun­g des Rhein-Kreises für die Umsiedlung liegt noch nicht vor.“

Kurios: Der Rhein-Kreis Neuss gibt an, wiederum auf die Stadt zu warten. Wie Sprecher Benjamin Josephs auf Nachfrage mitteilt, stehe die Rückmeldun­g auf ein Gesprächsa­ngebot des Kreises noch aus. Das Problem: Aktuell sei davon auszugehen, dass das Vorhaben der Stadt gegen das Tierschutz­gesetz verstößt. Demnach sei ein Transport von Wildtieren grundsätzl­ich zu vermeiden, insbesonde­re wenn dieser nur dazu diene, um die Tiere an einem anderen Ort zu schlachten. Davon sei allerdings derzeit auszugehen, da ein Großteil der abzutransp­ortierende­n Tiere männlich sei. Zwar könne das ein oder andere männliche Tier zur „Blutauffri­schung“in dem Eifelgeheg­e genutzt werden, aber eben nur ein Bruchteil. Genehmigt werden könnte der Abtranspor­t nur, wenn die Tiere – lebend – in ein anderes Gehege integriert werden. Diese Einschtzun­g habe das Kreisvetre­rinäramt auch der Stadt vor Wochen mitgeteilt – verbunden mit dem Gesprächsa­ngebot, um sich über die Thematik auszutausc­hen.

Die Chefin des Geheges in der Eifel, mit dem das Kreisveter­inäramt Kontakt aufgenomme­n hat, bestätigt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Wir könnten nicht alle Tiere aus Neuss hier behalten, wir würden zwar schauen, welche Tiere für unser Gehege passend wären, aber der Rest müsste anderen Wildparks angeboten werden.“Man könne aber auch den Weg über den Deutschen Wildgehege­verband wählen und die Gruppe dort anbieten. Die Expertin betont allerdings: „So viel ich gehört habe, ist in der Gruppe aus Neuss viel Inzucht dabei. Das sind Kriterien, die man nicht weiter vererben möchte.“Feststehe: „Wenn man einen Wildpark betreibt, dann muss man auch selektiere­n. Das hat nichts mit Mordlust zu tun“, sagt die Chefin.

Die Überpopula­tion in dem Selikumer Gehege ist nach Angaben des Rhein-Kreises Neuss unumstritt­en, wurde in der Vergangenh­eit regelmäßig vor Ort per Kugelschus­s reguliert. Bereits im Januar dieses Jahres hätte eigentlich der Abschuss erfolgen sollen. Diese Pläne hat die Stadt – angesichts einer breiten Diskussion und harscher Kritik von Tierschutz­organisati­onen – dann aber aufgegeben und kündigte an, nach Alternativ­en suchen. Eine Suche, die sich als Herausford­erung herausstel­len sollte.

 ?? FOTO: WOI ?? Das Wildtierge­hege im Selikumer Park ist bei Besuchern beliebt. Aber die Herde ist zu groß geworden.
FOTO: WOI Das Wildtierge­hege im Selikumer Park ist bei Besuchern beliebt. Aber die Herde ist zu groß geworden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany