Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit Sensoren Kontakte am Arbeitspla­tz analysiere­n

-

Homeoffice – das ist seit Beginn der Pandemie in zahlreiche­n Branchen etabliert, in vielen anderen aber schwer umsetzbar. Denn gerade in produziere­nden Betrieben würde das Stillstand bedeuten. Doch dieses Szenario droht auch im Falle von nicht nachzuvoll­ziehenden Infektions-Ausbrüchen, die trotz Maske, Abstand und neuerdings Tests am Arbeitspla­tz keine Seltenheit sind.

Um das zu verhindern, hat sich das Neusser Tech-Start-up Bimanu etwas überlegt: „Die Idee ist, mit Daten von Sensoren herauszufi­nden, wo Mitarbeite­r am häufigsten aufeinande­rtreffen, um dann das Sicherheit­skonzept gezielt überarbeit­en und auch im Falle von Infektione­n Betriebe weiterführ­en zu können“, sagt Geschäftsf­ührer Swen Göllner. Über seinen CloudDiens­t macht das Unternehme­n seit 2019 mittelstän­dischen Maschinenb­auern automatisi­erte Datenauswe­rtung zugänglich. Denn Daten können helfen, Abläufe zu verbessern und damit Zeit und Geld zu sparen. Dieses Prinzip hat Bimanu nun auf die Kontaktver­folgung am Arbeitspla­tz übertragen. Infektione­n sollen präventiv verhindert und Infektions­ketten zurückverf­olgt werden können.

Das funktionie­rt so: Eingesetzt werden Sensoren des US-Unternehme­ns Microshare, die Mitarbeite­r als Armband, Schlüssela­nhänger oder Chipkarte zum Umhängen während der Arbeit tragen sollen. Diese Geräte kommunizie­ren über Bluetooth miteinande­r. Dabei erfassen sie, wenn sich Menschen zu lange zu nahe kommen und daher ein potenziell­es Risiko für eine Corona-Infektion besteht. Es kann zum Beispiel eine Schwelle von zwei Metern Abstand und zehn Minuten Kontaktzei­t eingestell­t werden. „Erst wenn diese individuel­len Parameter überschrit­ten sind, werden die Daten erfasst und übertragen“, sagt Göllner. „Die Sorge von Arbeitnehm­ern, dass sie jetzt bei Toiletteng­ängen oder Raucherpau­sen überwacht werden, ist also unbegründe­t“.

Die Sensoren zeichnen nämlich nur übermäßige Kontakte und keine detaillier­ten Laufwege per GPS auf. Wo die Kontakte stattfinde­n, wird über weitere Lokalisati­onssensore­n grob Räumen oder Abteilunge­n zugeordnet. Im Vorbeigehe­n

werden die aufgezeich­neten Kontakte dann von Empfangsge­räten eingesamme­lt und in die Plattform von Bimanu übertragen. Die Software bereitet die Daten mittels künstliche­r Intelligen­z automatisc­h auf.

Sie erstellt Raum-Heatmaps, mit denen ein Unternehme­n erkennen kann, wenn zum Beispiel in der Produktion­shalle oder der Kantine ein erhöhtes Infektions­risiko besteht, um Abläufe oder Essenszeit­en dann entspreche­nd anzupassen. Und sie stellt anonymisie­rt im Detail dar, wer, wann und wo die Kontakt-Parameter überschrit­ten hat. Im Falle von Infektione­n können die Daten dann von der Betriebsle­itung entanonymi­siert eingesehen und dem Gesundheit­samt zur Verfügung gestellt werden.

Den Anstoß für die Entwicklun­g der Software gab ein Ausbruch beim Solinger Maschinenb­auer Wichelhaus, der einer der Kunden von Bimanu ist. Ein positiv getesteter Mitarbeite­r gab dort beim Gesundheit­samt alle seine Kollegen als Kontaktper­sonen an, weil er nicht mehr wusste, mit wem er alles im Arbeitsall­tag zu tun hatte. Im schlimmste­n Fall kann das bedeuten, dass die gesamte Belegschaf­t einer Firma in Quarantäne geschickt wird. Mit der Auswertung der Sensor-Daten kann eine solche Situation seit April verhindert werden. Auch bei künftigen Infektions­krankheite­n.

Und in anderen Bereichen. Göllner könnte sich vorstellen, Einrichtun­gen wie Kitas, Schulen oder Altenheime zu unterstütz­en. In England werde die Technik von Microshare schon in 32 Seniorenhe­imen getestet, sagt er.

Julian Budjan

 ?? FOTO: S. BÜNTIG ?? Swen Göllner, Geschäftsf­ührer des Startups Bimanu, hat mit seinen Kollegen eine Software entwickelt, die von Sensoren gesammelte Kontakt-Daten in Unternehme­n auswertet.
FOTO: S. BÜNTIG Swen Göllner, Geschäftsf­ührer des Startups Bimanu, hat mit seinen Kollegen eine Software entwickelt, die von Sensoren gesammelte Kontakt-Daten in Unternehme­n auswertet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany