Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wichtige Begleiterin
Im Winter 1944/45 war eine noch täglich in Velbert erscheinende Zeitung meine einzige Lektüre. Meine Mutter und wir Brüder lebten in Velbert in zwei ungeheizten Dachzimmern, nachdem wir aus Kalkar evakuiert worden waren. Die Zeitungsartikel waren für mich als achtjähriges Kind sehr verstörend, wusste ich doch nicht, wo mein Vater als Soldat sich befand. Über die Zeitung und über das, was diese Endkriegszeit mit den täglichen Bombardements betraf, durfte ich nur mit meiner Mutter sprechen, alles andere war lebensgefährlich. Ich kann mich noch an den Tag erinnern, als mein Vater mit der ersten Rheinischen Post nach Hause kam. Und schon als Neunjähriger konnte ich damit am öffentlichen Leben teilnehmen. Nach langer Zeit war es die nahezu erste Lektüre, die für mich erreichbar war. Die Rheinische Post stellte seit 1946 nahezu ununterbrochen die Information über den allmählichen Aufbau unserer kommunalen, Landes- und Bundesstaatlichkeit dar. Beginnend mit der Versorgung, den bis heute andauernden Wohnungsfragen und der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge gab es stets und bis heute verlässliche Informationen. So wurde die Rheinische Post die wichtigste Begleiterin meiner politischen und sozialen Bildung. Die grundlegende Erfahrung, die ich als damals neunjähriger Junge mit der ersten Ausgabe der Rheinischen Post machte, war die Freiheit des Denkens und Redens, die damit wiedergewonnen wurde und mein Leben bis heute begleitet. Ich möchte auch nach 75 Jahren meine tägliche Rheinische Post nicht missen.