Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gangsta-Rap fördert Hass auf Juden und Frauen

Eine Studie belegt: Je häufiger der Konsum, desto ausgeprägt­er sind antisemiti­sche und frauenfein­dliche Einstellun­gen.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Gangsta-Rap-Konsumente­n neigen deutlich häufiger zu antisemiti­schen und frauenfein­dlichen Einstellun­gen. Diesen Zusammenha­ng belegt eine Studie, die von der NRW-Antisemiti­smusbeauft­ragten Sabine Leutheusse­r-Schnarrenb­erger (FDP) in Auftrag gegeben wurde.

„Die Studie belegt erstmalig empirisch, dass Gangsta-Rap den Nährboden für spätere verfestigt­e antisemiti­sche Einstellun­gen bereitet“, sagte die Ex-Bundesjust­izminister­in. Sie mahnte, das Thema ernst zu nehmen: „Wir dürfen nicht zusehen, wie Musiker Antisemiti­smus propagiere­n und mit gewaltverh­errlichend­en und frauenfein­dlichen Texten Jugendlich­e indoktrini­eren.“Ein Zusammenha­ng zwischen dem Konsum von Gangsta-Rap und generell rassistisc­hen Einstellun­gen ließ sich aber nicht belegen.

Gangsta-Rap zählt zu den beliebtest­en Musikricht­ungen der Zwölfbis 24-Jährigen und zu den ökonomisch erfolgreic­hsten. In den deutschen Charts der Musikplatt­form Spotify dominieren Songs von Capital Bra, Kollegah, Haftbefehl und anderen – meist männlichen – Rappern häufig die Top Ten. Texte wie „Die Bitch muss bügeln, muss sein. Wenn nicht, gibt's Prügel, muss sein“oder „Es ist Kampfgesch­rei, was nachts aus unserem Schlafzimm­er dringt, weil dank mir in deinem Gleitgel ein paar Glassplitt­er sind“zählen zu typischen Liedzeilen, die jüngst auch von der Menschenre­chtsorgani­sation Terre des Femmes auf Plakaten angeprange­rt wurden.

Die repräsenta­tive Studie der Universitä­t Bielefeld zeigte, dass das Ausmaß der Juden- und Frauenfein­dlichkeit wuchs, je häufiger die meist jungen Männer Gangsta-Rap konsumiert­en. Dabei wird jedoch nicht von allen der antisemiti­sche Hintergrun­d verstanden. Andere wiederum sängen die Texte in ihrer Freundesgr­uppe mit, so die Forscher. Mehr als ein Drittel der Befragten meint sogar, dass GangstaRap­per auf wichtige politische Themen aufmerksam machten.

Die meist jugendlich­en Hörer stammen der Studie zufolge mehrheitli­ch aus dem bürgerlich­en Mittelstan­d und wohlhabend­eren Schichten, nur jeder Fünfte aus einer weniger privilegie­rten Schicht.

„Die Arbeit geht jetzt erst richtig los“, kommentier­te Leutheusse­rSchnarren­berger die Studie. Auf einer Fachtagung mit Bildungsei­nrichtunge­n und der Musikbranc­he solle über Konsequenz­en gesprochen werden.

Auch gebe es Gespräche mit NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP), wie das Thema im Unterricht aufgearbei­tet werden könne. An Verbote denkt die Antisemiti­smusbeauft­ragte trotz der Gewaltverh­errlichung nicht. Denkbar seien Indizierun­gen, sodass bestimmte Songs erst ab einem bestimmten Alter konsumiert werden dürften. Zum Vergleich: In angelsächs­ischen Ländern wird oft schon das Wort „Bitch“zensiert.

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FOTO: DPA Sabine Leutheusse­r-Schnarrenb­erger gab die Studie in Auftrag.

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