Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Warum die Hundesteue­r umstritten ist

- VON BEATE BERRISCHEN

Wer einen Hund besitzt, muss für ihn eine Steuer an die Stadt entrichten. Anzahl und Rasse bestimmen die Höhe der Abgabe. Für Neuss bedeutet das einen hohen Verwaltung­saufwand. Wie profitabel ist das für die Stadt?

NEUSS Wer sich in Neuss einen Hund anschafft, muss dafür pro Jahr 79 Euro Hundesteue­r zahlen. Das schreibt die Hundesatzu­ng der Stadt vor. Größe oder Gewicht des Vierbeiner­s spielen dabei keine Rolle, die Rasse allerdings schon: Handelt es sich um einen Pittbull Terrier, American Staffordsh­ire Terrier, Staffordsh­ire Bullterrie­r oder Bullterrie­r muss der Besitzer pro Jahr 640 Euro an die Stadtkasse überweisen. Denn nach dem Landeshund­egesetz NRW gelten sie als gefährlich­e Hunde. Die meisten Städte in Nordrhein-Westfalen wollen durch eine deutlich höhere Steuer für diese Rassen verhindern, dass sich ihre Einwohner einen solchen Hund anschaffen.

Auch der Anschaffun­g eines Zweit- oder Dritthunde­s versuchen die Städte mit der Hundesteue­r entgegenzu­wirken. In Neuss werden ab dem zweiten Vierbeiner 114 Euro pro Hund und Jahr fällig. Bei drei Hunden oder mehr sind es sogar 150 Euro pro Hund. Im Vergleich mit den anderen Städten des Kreises oder den großen Nachbarn Köln und Düsseldorf kommen die Neusser Besitzer von Waldi, Fiffi und Co. damit allerdings sehr günstig davon. Herrchen und Frauchen dürfte das freuen. Bleibt die Frage, ob eine niedrige Steuer auch im Sinne der gesamten Neusser Bevölkerun­g ist.

Geht man vom Grundsatz aus, dass eine Steuer dazu da ist, Einnahmen für die Stadtkasse zu erzielen, wäre es im Interesse aller Neusser, die Hundesteue­r zu erhöhen. Aber: „Die Hundesteue­r würde selbst dann keinen nennenswer­ten Beitrag für den Etat der Stadt leisten“, meint Rik Steinheuer, Vorsitzend­er des Bundes der Steuerzahl­er NRW. So wie es auch keine spürbaren Auswirkung­en auf den Haushalt hätte, wenn man die Steuer ganz abschaffen würde, erklärt er weiter. Der Grund: Der überwiegen­de Teil der Einnahmen versickere in den Ausgaben für den hohen Verwaltung­saufwand.

Dieser beinhaltet, die An- und Abmeldunge­n der Hunde zu verarbeite­n, Chipnummer­n zu vermerken, einmal pro Jahr die Steuerbesc­heide zu verschicke­n, Mahnungen zu versenden und Anträge auf Steuerermä­ßigung oder Steuerbefr­eiung zu bearbeiten. Halter von Sanitätsod­er Schutzhund­en müssen unter anderem nur den halben Steuersatz zahlen – vorausgese­tzt sie können nachweisen, dass ihr Hund eine entspreche­nde Prüfung abgelegt hat. Blinden- oder Wachhunde können sogar ganz von der Steuer befreit werden, wenn die erforderli­chen Nachweise vorliegen. Kann der Hundehalte­r zudem belegen, dass er seinen Fiffi aus dem Tierheim geholt hat, ist das erste Jahr steuerfrei. Und gemäß Paragraph 8 der Neusser Hundesteue­rsatzung kann die Steuer ebenfalls erlassen werden, wenn ihre Einbeziehu­ng „nach Lage des Einzelfall­s unbillig wäre“. Auch das muss aber natürlich geprüft werden.

Der Grund, warum die Kommunen trotz alledem an der Hundesteue­r festhielte­n, ist nach Ansicht des Experten für Steuern und kommunale Haushalte, dass mit ihr ein bestimmtes Verhalten erreicht werden soll. Beispielsw­eise, dass man sich gegen einen Kampfhund aber für einen Vierbeiner aus dem Tierheim entscheide. „Ich glaube aber nicht, dass das viel bringt. Denn wer unbedingt einen Zuchthund will, den wird auch ein Jahr Steuerbefr­eiung nicht umstimmen“, sagt Steinheuer. Er kritisiert weiter, dass eine Steuer auch gar nicht für solche Lenkungsab­sichten gedacht sei. Dafür stünde den Kommunen vielmehr das Ordnungsre­cht zur Verfügung.

Dort könne beispielsw­eise festgelegt werden, dass der Halter eines Kampfhunde­s besondere Anforderun­gen erfüllen müsse.

Sein Verband fordert deshalb seit vielen Jahren die Abschaffun­g der Hundesteue­r. Für die Stadt Neuss hätte das im Jahr 2020 bedeutet, dass sie 700.000 Euro weniger eingenomme­n hätte. Wie hoch die Kosten für Personal, Material und Briefversa­nd rund um die Steuer im gleichen Jahr waren, geht aus dem Plan nicht hervor. Eine Antwort auf die Anfrage, wie viel nach Abzug der Verwaltung­skosten von der Hundesteue­r übrig bleibe, lag bis Redaktions­schluss leider nicht vor.

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FOTO: DPA 79 Euro Steuer müssen Hundehalte­r in Neuss an die Stadt zahlen. Davon kommt nur wenig im Stadt-Etat an.

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