Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Imposantes Lager für 50 Jahre alte Fliesen

- VON RUDOLF BARNHOLT

Bei Fliesen Ramrath in Glehn mit seinen 56.000 Quadratmet­ern gehen Bestellung­en aus ganz Deutschlan­d ein. Auch die Versicheru­ngen verweisen ihre Kunden bei Rohrbrüche­n gerne auf das Unternehme­n.

GLEHN „Ramrath Fliesen und Naturstein­e“. Das hört sich wenig spektakulä­r an. Dabei gehen bei dem Glehner Handwerksb­etrieb Bestellung­en aus ganz Deutschlan­d und nicht selten aus dem Ausland ein. Die Besonderhe­it des Unternehme­ns ist, dass hier bis zu 50 Jahre alte Fliesen, die insgesamt eine Fläche von rund 56.000 Quadratmet­ern ergeben, lagern. Mit diesem speziellen Angebot haben die Glehner fast ein Alleinstel­lungsmerkm­al.

Dass es in Glehn dieses imposante Lager gibt, wissen unter anderem die Versicheru­ngen. „Viele Hausbesitz­er glauben, dass ihnen die Versicheru­ng bei einem Wasserrohr­bruch ein neues Bad finanziert“, sagt Willibert Ramrath. Seit Jahrzehnte­n kauft er gezielt Restbestän­de auf. Und er sieht die Verkaufsch­ancen realistisc­h: „Mehr als 20 Prozent der alten Fliesen werden wir wohl niemals verkaufen.“

So wie seltene Teile für Oldtimer aufgrund der Lagerkoste­n immer teurer werden, so sind auch die Nostalgief­liesen bei Ramrath keine Ramsch-Ware – ganz im Gegenteil: „Wir haben einen Standardpr­eis von 125 Euro pro Quadratmet­er, den wir ab Mai um zehn Euro auf 135 Euro anheben werden, hinzu kommt dann noch die Mehrwertst­euer“, erklärt Willibert Ramrath, der mit seinen 74 Jahren durchaus schon mal vom Rentnerdas­ein träumt.

Was er nach einem ausgeklüge­lten System in einer separaten Halle lagert, ist zum Teil so etwas wie die

Schlaghose unter den Badfliesen: Man kann sie nur schön finden oder eben auch schaurig-schön – die Keramikpro­dukte der frühen 1970er Jahre. Luigi Colani und Carlo Colucci gehören zu jenen Designern, die alles andere als Massenware entwarfen – trotzdem haben es ihre Fliesen bis nach Glehn gebracht.

Rosario Brancato und Hartmut Voigt kennen sich als langjährig­e Mitarbeite­r in dem Altfliesen­lager bestens aus. Mit Farbigkeit wurde bei den Fliesen einst nicht gegeizt, Orange lag im Trend, ebenso wie dunkle Töne. Einzelne Fliesen lassen erahnen, wie bedrückend es in Bädern, wo sie großzügig verlegt wurden, ausgesehen haben muss. Das ist der Traum für Nostalgike­r. Aber der Albtraum für Hausbesitz­er, die sich nach einem Rohrbruch erhofft hatten, für die Erneuerung ihrer Fliesen einen dicken Zuschuss von der Versicheru­ng zu bekommen – und statt dessen die Adresse

der Firma Ramrath genannt bekommen.

Neben den Assekuranz­en kommen auch Kunden, denen der Glehner Betrieb empfohlen wurde. Außerdem ist die Firma Ramrath sehr gut in der Fliesenver­legerbranc­he vernetzt. „Es handelt sich um zwei getrennte Firmen“, sagt der rüstige Seniorchef. Da gibt es neben der „Fliesen Ramrath GbR“, die mit Ersatzflie­sen handelt, die „Naturstein­und Fliesen GmbH“. Diese ist ein ganz normaler Handwerksb­etrieb mit den üblichen Sorgen und Nöten, die Markus Ramrath (46) benennt: „Wir haben Arbeit ohne Ende, aber zu wenig Handwerker. Außerdem fällt es schwer, an vernünftig­e Auszubilde­nde zu kommen.“

Die Lagervorrä­te an Bau- und Fliesenkle­ber sind enorm, sie werden auch an Mitbewerbe­r verkauft. Sehr imposant: Die Naturstein-Platten, die fast so groß sind wie eine Tischtenni­splatte. In einem Musterraum wird demonstrie­rt, was daraus alles gemacht werden kann. Auf die Frage, ob die Arbeit noch Spaß macht, antworten Willibert und Markus Ramrath unisono: „Sonst würden wir es nicht machen.“Der Senior hat noch einen guten Tipp parat: „Wer Fliesen kauft, sollte einige Exemplare zurücklege­n. Muss mal etwas ausgebesse­rt werden, passt die Brandfarbe ganz genau.“

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FOTO: MARKUS RICK Trotz der Menge haben sie den Überblick: Markus und Willibart Ramrath haben in ihrem Lager, das 56.000 Quadratmet­er groß ist, bis zu 50 Jahre alte Fliesen gelagert.

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