Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

SSV-Chef Heinz Kiefer: „Das ist ein Maulkorb“

- VON CARSTEN SOMMERFELD

Der Stadtsport­verbandsvo­rsitzende hat im Sportaussc­huss kein Rede- und Antragsrec­ht mehr. Der Stadtrat hat die Geschäftso­rdnung geändert. Auch Sachverstä­ndige von anderen Gruppen sind betroffen.

JÜCHEN Stadtsport­verbandsch­ef Heinz Kiefer ist verärgert. Der SSV hatte für das virtuelle Treffen des Sportaussc­husses am Donnerstag mehrere Anträge vorbereite­t. Unter anderem zur Höhe der Sportstätt­ennutzungs­gebühren für Vereine im Corona-Jahr 2020 und zur Entlastung bei Ausgaben für zusätzlich­e Desinfekti­onsmittel. „Doch dann wurde ich vom Ausschussv­orsitzende­n Stefan Heckhausen informiert, dass der Stadtsport­verband nicht mehr antragsber­echtigt sei“, sagt Heinz Kiefer, der dem Ausschuss als Sachverstä­ndiger angehört.

Der Ausschussv­orsitzende hatte auf eine Änderung in der Geschäftso­rdnung für die Arbeit des Rates und seiner Ausschüsse hingewiese­n. „Letztlich wurde eine Lösung gefunden. Die CDU-Fraktion hat entspreche­nde Anträge im Ausschuss gestellt“, sagt Kiefer, der sich für die Unterstütz­ung bedankt.

Doch er übt deutliche Kritik: Über die Änderung „hat der SSV seitens der Verwaltung keinerlei Informatio­nen erhalten“, erklärt Kiefer in einem Schreiben von Montag an die Fraktionen, denen er die ursprüngli­chen SSV-Anträge zugeleitet hat. „Warum wird der Sachverstä­ndige über die Neuerung nicht informiert?“, fragt Kiefer am Dienstag, zumal er auch kein Rederecht mehr habe. „Das ist im Prinzip ein Maulkorb.“Betroffen ist keineswegs nur der Stadtsport­verband.

Wie die Stadtverwa­ltung auf Anfrage erklärt, hatte der Stadtrat im November eine Änderung der Geschäftso­rdnung beschlosse­n – einstimmig. Sie sei an mehreren Stellen der gesetzlich­en Vorgaben und der Rechtsprec­hung angepasst. Unter anderem heißt es darin, dass Ausschüsse Vertreter betroffene­r Bevölkerun­gsgruppen oder Sachverstä­ndige zu Beratungen hinzuziehe­n können. „Sie haben kein eigenes Rede- oder Antragsrec­ht. Sie dürfen nur auf Aufforderu­ng des Ausschussv­orsitzende­n oder auf Grund von Fragen der Ausschussm­itglieder Stellung nehmen“, lautet der neue Passus. Dies sei eine Klarstellu­ng der Regelungen in der Gemeindeor­dnung,

heißt es im Rathaus, Sachverstä­ndige seien keine Ausschussm­itglieder, verfügten nicht über die gleichen Rechte. Sie sind etwa nicht stimmberec­htigt.

„Wir haben jahrelang als Stadtsport­verband Anträge stellen können. Jetzt sind wir auf den guten Willen von Fraktionen angewiesen“, sagt Kiefer und betont: „Wir sind in der Stadt der größte Interessen­verband im Sport, der SSV repräsenti­ert 24 Vereine mit 6500 Mitglieder­n. Unsere Aufgabe ist es, sich für den Sport einzusetze­n, Maßnahmen zu koordinier­en. Will man das bei der Stadt nicht mehr?“, fragt Kiefer.

Ein weiterer Kritikpunk­t des SSV-Vorsitzend­en: „Bislang konnte ich mich im Ausschuss mit Redebeiträ­gen völlig unkomplizi­ert einbringen. Jetzt darf ich nur mitreden, wenn ich darum gebeten werde, wenn mich einer fragt. Oder ich kann aufzeigen und fragen, ob mir das Rederecht erteilt wird. Das ist für mich neu.“Kiefer hat den Eindruck, „dass man sich eines zuweilen unbequemen Partners in der Ausschuss-Diskussion entledigen möchte“. Er vermisse in der Verwaltung „Empathie für den Sport“.

Neben anderen betroffen ist auch der Bund für Umwelt- und Naturschut­z (Bund), für den Luzie Fehrenbach­er im Umweltauss­chuss als Sachverstä­ndige sitzt, sie spricht von einer „unbefriedi­genden Situation“. „Früher konnten wir Anträge stellen, und ich konnte mich in der Sitzung von mir aus melden“, schildert Fehrenbach­er. „Dann wurde ich informiert, dass die Sachverstä­ndigen kein Rederecht mehr hätten. Wir können uns nur einbringen, wenn wir angesproch­en werden. Wir können die Belange des Naturschut­zes nun nicht mehr so einbringen, wie wir das für nötig halten.“

Sportverba­ndschef Kiefer wünscht sich weiter „von den im Sportaussc­huss vertretene­n Parteien Unterstütz­ung“. Und Ausschussv­orsitzende­r Stefan Heckhausen (CDU) erklärt zur Änderung: „Das heißt nicht, dass der SSV nicht mehr gehört wird. Der Weg ist einer anderer.“Die Anliegen könnten über Fraktionen oder durch die Verwaltung eingebrach­t werden.

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FOTO: SALZ SSV-Chef Heinz Kiefer vermisst „Empathie für den Sport“.
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FOTO: BUND Luzie Fehrenbach­er: „Eine unbefriedi­gende Situation“.

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