Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Minus 88 Prozent bis 2040 heißt das neue Ziel
Die große Koalition hat bereits kurz nach dem Rüffel aus Karlsruhe Pläne für eine Reform des Klimagesetzes vorgelegt. Kritik gibt es nach wie vor.
BERLIN Die Bundesregierung hat wenige Monate vor der Bundestagswahl ihre Ziele für den Klimaschutz noch einmal nachgeschärft. So soll das Emissionsziel für 2030 auf minus 65 Prozent CO2 und für 2040 auf minus 88 Prozent CO2 angezogen werden. Das kündigten Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (beide SPD) am Mittwoch an. Die Ziele sollen am kommenden Mittwoch im Klimaschutzgesetz
vom Kabinett verabschiedet werden.
Bis 2045 soll Deutschland dann den Angaben der Minister zufolge vollständig klimaneutral sein, also fünf Jahre früher als bislang geplant. Im bisherigen Klimaschutzgesetz hat sich Deutschland bis 2030 lediglich zu einer Senkung der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent und bis 2040 um 70 Prozent im Vergleich zum Stand von 1990 verpflichtet.
Der neue Gesetzentwurf sei „so gut wie fertig“, sagte Schulze. Sie sprach von einem „fairen Angebot“, das mehr Generationengerechtigkeit bedeute und bei dem gemäß der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht „Lasten in die Zukunft verlegt“würden. Scholz betonte, das Gesetz möglichst in dieser Legislaturperiode verabschieden zu wollen. Allerdings bleiben nur noch wenige Sitzungswochen bis zur Sommerpause, der Zeitdruck ist hoch. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte in der vergangenen Woche das Gesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt, weil Lasten auf die Zeit nach 2030 verschoben und so Freiheitsrechte der jüngeren Generation verletzt würden.
Nachdrücklich pochten Scholz und Schulze auf einen rascheren Ausbau erneuerbarer Energien. „Die ganze künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft hängt an der Verfügbarkeit von mehr erneuerbarem Strom“, sagte der Finanzminister. Die Frage, wie dieser Ausbau erreicht werde, müsse nun als Erstes beantwortet werden. Sie betreffe sowohl Windkraft als auch Solaranlagen. Allerdings streiten
Union und SPD noch miteinander, welche konkreten Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
Kritik kam von den Grünen. Fraktionschef Anton Hofreiter bezeichnete die Pläne als unzureichend. „Das ist ein Anfang, aber nicht mehr“, sagte er. „Dringend notwendig sind ein schnellerer Kohleausstieg bis 2030 und ein Aus für den Verbrennungsmotor ab 2030.“Er forderte Union und SPD vor, die Reduktionsziele tatsächlich zu erhöhen. Auch die Klimaaktivisten der „Fridays for Future“-Bewegung sind unzufrieden. „Das vorgeschlagene Klimaneutralitätsziel 2045 kommt dem Anspruch an Generationengerechtigkeit und konsequenten Klimaschutz nicht nach“, sagte „Fridays for Future“-Sprecherin Carla Reemtsma. „Das heutige Ziel ist eine Absage an die konsequente Bekämpfung der Klimakrise und die im Pariser Klimaabkommen verankerte 1,5-Grad-Grenze“, sagte Reemtsma. „Ohne sofortige Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen bleiben die Ziele nur leere Ankündigungen.“