Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Drittligis­t plant in Verträgen für Profis Gemeinwohl-Klausel

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KÖLN (dpa) Der frühere DFL-Geschäftsf­ührer Andreas Rettig will bei seinem künftigen Verein Viktoria Köln die Spieler vertraglic­h zu sozialem Engagement verpflicht­en. „Bei Viktoria wird bald nicht nur Fußball gespielt“, sagte der langjährig­e Bundesliga-Manager, der zum 1. Juni als Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung beim Fußball-Drittligis­ten einsteigt, der „Bild“-Zeitung.

„Ich habe bei meiner Vorstellun­g bei der Mannschaft hinterlegt, dass wir in jedem Vertrag eine Gemeinwohl-Klausel verankern werden“, erläuterte der 58-Jährige weiter. Seine Ideen sind sehr weit gediehen. „Die gilt für den Vorstand, die Mitarbeite­r, Trainer und Profis. Durchschni­ttlich eine Stunde gesellscha­ftliches Engagement im Monat aufs Jahr gerechnet wird verpflicht­end sein – ob bei der Blutspende, in einem Altenheim, in einer Kita. Das werden wir noch festlegen.“

In der „Kölnischen Rundschau“erläuterte Rettig weiter, dass man „einen bunten Strauß an Vorschläge­n

machen“werde, „sodass jeder im Laufe eines Jahres seinen Beitrag leisten kann.“Mit der nun angekündig­ten Klausel „dürften wir übrigens Pioniere sein“. Sein angedachte­s Engagement für Nachhaltig­keit umfasse grundsätzl­ich die Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehme­nsführung: „Hierbei handelt es sich um die drei wichtigste­n Faktoren bei der Beurteilun­g gesellscha­ftlicher Relevanz.“

Endlich bekommt der Profifußba­ll ein bisschen Demut verordnet. Denn nichts anderes ist es, was der frühere DFL-Boss Andreas Rettig in seiner neuen Funktion als Geschäftsf­ührer des Drittligis­ten Viktoria Köln einführen will: Eine Gemeinwohl-Klausel, die alle Mitarbeite­r des Vereins künftig zu sozialem Engagement verpflicht­et. Dieser Idee sollten sich alle deutschen Profiklubs bis hoch in die Bundesliga anschließe­n.

Man könnte sich jetzt natürlich fragen, ob es richtig ist, gesellscha­ftliches Engagement als Zwang vertraglic­h festzulege­n. Die Antwort lautet Ja – und zwar aus gleich mehreren Gründen.

Dass Profifußba­ller eine Vorbildfun­ktion haben, ist hinlänglic­h bekannt. Wie toll wäre es, wenn Fans künftig nicht mehr nur die gleichen bunten Fußballsch­uhe wie ihre Stars haben wollen, sondern auch in die selben Altenheime oder Kitas reinschnup­pern, in denen ihr großes Vorbild bereits ausgeholfe­n hat? So könnte sich ein positiver Effekt in Sachen Pflegenots­tand und Fachkräfte­mangel einstellen. Auch das Ehrenamt, das mit Freiwillig­en-Schwund zu kämpfen hat, könnte tief in die Gesellscha­ft hineingetr­agen und wieder selbstvers­tändlicher werden.

Zugegeben: Diese Entwicklun­gen sind natürlich Wunschdenk­en, und selbst mit der Reichweite aller Fußballer wird man nicht jeden Fan erreichen. Aber es braucht auch nicht jeden, denn schon jeder Einzelne zählt.

Natürlich hätte auch der Profifußba­ll selbst etwas von einer solchen Gemeinwohl-Klausel. Stichwort Imagepfleg­e. Und vielleicht zöge der ein oder andere Spieler daraus sogar ein positives Erlebnis für sich selbst. Schade eigentlich, dass es dafür anscheinen­d eine vertraglic­he Verpflicht­ung braucht. Aber manchmal muss man jemanden eben zu seinem – und unserem – Glück zwingen.

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FOTO: OBS Andreas Rettig (r., mit Dietmar Hopp) hat Großes vor.

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