Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Darum ist der Müll in Neuss so teuer
So viel wie in Neuss müssen die Bürger in keiner anderen Kommune im Rhein-Kreis für die Müllentsorgung zahlen. Dabei gibt es durchaus Sparmöglichkeiten, meint der Bund der Steuerzahler NRW. Er äußert auch konkrete Vorschläge für die Stadt.
NEUSS Ein Haushalt mit vier Personen muss in Neuss mindestens 286,79 Euro für die Müllentsorgung zahlen. Die höchste Gebühr im Kreis. Zum Vergleich: In Korschenbroich muss ein Vier-Personen-Haushalt nur 229,75 Euro pro Jahr für den Restmüll zahlen, in Dormagen nur 177,38 Euro und in Kaarst sogar nur 146,20 Euro. Dabei ist der Grundpreis, den die Städte für die Müllentsorgung zahlen müssen, für alle gleich.
Warum gibt es diese Unterschiede? „Wie hoch die Müllgebühr ausfällt, kann eine Stadt durch mehrere Faktoren festlegen“, erklärt Rik Steinheuer, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler NRW, der alljährlich die Abfallgebühren aller NRW-Kommunen vergleicht. Abfuhrrhythmus, die angebotenen Tonnengrößen, das festgesetzte Mindestmüllvolumen und verschiedene „Sparmöglichkeiten“, die die Städte anbieten, spielen eine Rolle.
Was ist Preistreiber in Neuss? Für die vergleichsweise hohen Müllgebühren in Neuss sei vor allem das festgesetzte Behältervolumen pro Person und Woche verantwortlich, so Steinheuer weiter. Dahinter steckt Folgendes: Für die Kalkulation der Entsorgungskosten legt jede Stadt fest, wie viel Müll jeder Bürger pro Woche produziert. In Neuss geht man von 40 Litern aus. In Dormagen dagegen werden nur 24 Liter Müll pro Person und Woche berechnet, in Meerbusch und Kaarst sogar nur 20 Liter. Die Folge: Ein Vier-Personen-Haushalt in Neuss sammelt gemäß Satzung 160 Liter Müll pro Woche. Ein ebenso großer Haushalt in Kaarst kommt nur auf 80 Liter und dementsprechend können dort kleinere Restmülltonnen mit geringeren Gebühren gewählt werden.
Gilt das auch mit gelber Tonne? Nutzt der Neusser Haushalt auch eine
gelbe Tonne für Leichtverpackungen, wird dieses „Mindestmüllvolumen“auf 30 Liter pro Person und Woche reduziert. Wer zudem den Bioabfall selbst kompostiert, wird auf 20 Liter pro Person heruntergestuft. „Den meisten Menschen, die in der Innenstadt leben, bringt das aber nichts“, kritisiert Steinheuer. Er empfiehlt der Stadt, dass die braune Tonne mit dem Kompost gleichgestellt wird, so wie es die Kaarster oder Dormagener bereits handhaben, womit in deutlich mehr Haushalten nur noch 20 Liter Restmüll pro Person und Woche berechnet würden. Genau diesen Vorschlag hat die SPD bereits Ende 2019 in einem Antrag an den Finanzausschuss eingebracht. Er werde jedoch noch von der Verwaltung geprüft, so Arno Jansen, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat.
Welche weiteren Sparmöglichkeiten gibt es? Eine andere Möglichkeit, die Müllgebühren zu drosseln, gibt es dagegen bereits: Nachbarn können beantragen, sich eine Tonne zu teilen. Am Mindestvolumen ändert das zwar nichts, aber unter Umständen passt das Müllvolumen aller Beteiligten besser zu den angebotenen Tonnengrößen.
Ein Beispiel: Ein Haushalt mit zwei Personen, gelber Tonne und Komposthaufen, sammelt pro Woche 40 Liter Müll. Bei einer Leerung alle 14 Tage sind also nur 80 Liter Müll in der 120 Liter-Tonne.
Platz genug also für die 40 Liter Müll der alleinstehenden Nachbarin. Aber auch wenn die Kinder ausgezogen sind, oder sich die Anzahl der Personen im Haushalt aus anderen Gründen verändert hat, sollten die Grundstückseigentümer immer nachrechnen. Die zentrale Frage lautet dabei: Kann durch das gesunkene Müllvolumen eine kleinere Tonne oder der Abfuhrrhythmus geändert werden? Denn je seltener der Müll abgeholt wird, desto günstiger wird es natürlich.
Was bieten andere Städte? Um die Tonnen-Größe dem Müllvolumen bestmöglich anpassen zu können, bieten viele Städte zudem mehrere kleine Tonnengrößen an. In Dormagen gibt es beispielsweise auch 40-, 60- und 80-Liter-Gefäße.
Warum wird in Neuss nichts geändert? „Durch mehr Tonnen wird der Verwaltungsaufwand aber immer größer“, wendet Ingeborg Arndt von den Neusser Grünen ein. Auch den Vorschlag des BdSt NRW, das kalkulierte Mindestrestmüllvolumen zu senken oder – wie in Grevenbroich – nur neben einer Grundgebühr nur die tatsächlich in Anspruch genommene Leerungen der Tonne zu berechnen, sieht sie kritisch: „Wenn die Tonnen voll sind, wird der Müll dann einfach beim Nachbarn oder in der Natur entsorgt.“Auch wenn davon in Grevenbroich bisher nichts zu hören sei.