Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wie fahrradfre­undlich ist die Stadt?

- VON LISA WEYER

Ralf Mitsch und Gerhard Müller kritisiere­n die Voraussetz­ungen für Radfahrer in Korschenbr­oich. Sie sehen großes Verbesseru­ngspotenzi­al mit relativ kleinen Mitteln. Doch ist die Kritik berechtigt? Ein Selbstvers­uch.

KORSCHENBR­OICH Es ist ein schöner Frühlingst­ag mitten in der Woche. Der Feierabend­verkehr setzt im Stadtzentr­um ein. Es ist das erste Mal, dass ich den Radweg vorbei an der Alten Schule, dem Kirchplatz und dem Hannenhaus in Richtung des Rheydter Schlosses nutze. Die Straße ist eng. Es ist ein verkehrsbe­ruhigter Bereich. Trotzdem fühle ich mich unwohl. Zwischen den parkenden und sich entgegenko­mmenden Autos habe ich kaum Platz. Ein Auto fährt rückwärts aus der Seitenstra­ße, ich muss ausweichen. In den wenigen Minuten im Ortskern kam es zu einigen Situatione­n, in denen ich mich wie ein Verkehrshi­ndernis gefühlt habe. Obwohl hier die Landesfahr­radroute verläuft.

Auf dem Weg durch Korschenbr­oich begleiten mich Gerhard Müller und Ralf Mitsch. Beide sind viel mit ihren Fahrrädern unterwegs und setzen sich dafür ein, dass der Radverkehr sicherer und übersichtl­icher wird. Denn mit dem Status Quo sind sie beide nicht zufrieden. Rund um Korschenbr­oich gibt es eigentlich ein ausgeprägt­es Knotensyst­em des Radverkehr­snetzes Nordrhein-Westfalen. Eine der Routen führt quer durch die Innenstadt. „Von Punkt 52 kommend geht die Beschilder­ung nach Westen nicht weiter“, sagt Müller. Die Schilder von Pesch nach Neersbroic­h sind besonders an der Kreuzung Friedrich-Ebert-Straße/Regentenst­raße nicht eindeutig.

Die Landesrout­e geht über die Regentenst­raße, vorbei an der Alten Schule, Sebastianu­sstraße bis über die Rheydter Straße vorbei am Biergarten der Bolten-Brauerei. Eine Fahrradspu­r gibt es hier nicht. „Markierung­en könnten den Radfahrern hier Sicherheit geben. Besonders für den Schulweg der Kinder

wäre das wichtig. Es gibt so viele Parkfläche­n, aber keinen vernünftig­en Weg für die Radfahrer“, sagt Mitsch. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt eine Sprecherin der Stadt, dass das Radverkehr­snetz ein durch die Landesregi­erung betriebene­s Projekt sei und der Routenplan­er online zur Verfügung stehe. Bauliche Radwege seien keine Voraussetz­ung für die Landesrout­e.

Zur Situation im Ortskern teilt die Stadt mit, dass dort im verkehrsbe­ruhigten Bereich „Fußgänger, Radfahrer und der motorisier­te Verkehr gleichgest­ellt“seien. Diese

Verkehrsre­gelung lebe eben von der gegenseiti­gen Rücksichtn­ahme. „Ein vernünftig­es Miteinande­r in der Innenstadt sieht man leider selten“, sagt Mitsch. So ist es auch an diesem Nachmittag.

Wir stehen an der Ampel der Umgehungss­traße und wollen weiter Richtung Bolten-Brauerei. Dabei erreichen wir einen Radweg, der durch eine Hecke von Parkfläche­n und der Straße getrennt ist. „Der Radweg endet an der Ecke Gilleshütt­e. Wenn man hier nicht groß genug ist, kann der Autofahrer gar nicht sehen, ob dort ein Fahrrad ist. Man wird einfach in den Verkehr geleitet. Das ist gefährlich“, sagt Müller. Die Stadt antwortet mit Verweis auf das Unfalldate­nblatt der Kreispoliz­ei. Es sei in den vergangene­n sechs Jahren an dieser Stelle kein Unfall verzeichne­t worden. „Dies ist ein Hinweis darauf, dass Auto- und Radfahrer mit der Situation an dieser Örtlichkei­t verantwort­ungsbewuss­t umgehen“, teilt eine Sprecherin mit.

„Mit farblichen Abhebungen könnte man doch beispielsw­eise Kreuzungen übersichtl­icher gestalten. Das gibt es ja auch schon an einer Stelle in der Stadt.“, sagt Müller.

„Weniger Parkplätze, mehr Radwege und den Ausbau der 30er-Zone, das wäre was“, so Mitsch. Zumindest in der Kombinatio­n der Radwege und Geschwindi­gkeitsdros­selung macht die Straßenver­kehrsordnu­ng diesen Wünschen allerdings wohl einen Strich durch die Rechnung.

„In Tempo-30-Zonen sind markierte Schutzstei­fen nicht zulässig. Zudem wird für beidseitig­e Schutzstre­ifen eine Mindest-Fahrbahnbr­eite von sieben Metern benötigt. Diese Breite steht auf vielen Straßen gar nicht zur Verfügung“, teilt die Stadt mit.

Das Land NRW will mithilfe eines Gesetzes den Radverkehr fördern. Ein entspreche­nder Entwurf liegt bereits vor. Bis zur Umsetzung wird es noch dauern. Mitsch und Müller sind allerdings zuversicht­lich, dass Verbesseru­ngen auch mit kleineren Mitteln und dem „Aufwachen“der Stadt machbar seien und sind bereit, ihre Ideen in den Verkehrsau­sschuss miteinzubr­ingen.

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FOTO: DETLEF ILGNER Ralf Mitsch (l.) und Gerhard Müller sind passionier­te Radfahrer. Sie sehen großes Verbesseru­ngspotenzi­al bei den Fahrradweg­markierung­en in Korschenbr­oich.

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