Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Lollitest-Start von Sorgen begleitet

- VON SIMON JANSSEN

Das neue Testverfah­ren wird auf der einen Seite zwar als kindgerech­ter und zeitsparen­der angesehen, doch der Nachgang wird im Fall einer Positiv-Testung aufwendig. Auch in Neuss wurden am Montag Bedenken deutlich.

NEUSS Auf dem großen Tagesplan an der Tafel fällt Lasse (7) und seinen Mitschüler­n der Klasse 1a der Richard-Schirrmann-Schule am Montag direkt eine Neuheit auf. „Lollitest“ist dort an oberster Stelle zu lesen. Heißt: Das ist die erste Aufgabe an diesem Tag. Lasse ist trotz der anstehende­n neuen Erfahrung keine Aufregung anzumerken. 30 Sekunden lang – so ist die Regel – lutscht der Schüler an dem Abstrichtu­pfer des Stäbchens. „Die alten Tests waren etwas kitzelig in der Nase“, sagt er.

Die Richard-Schirrmann-Schule in Hoisten war nur eine von den knapp 3800 Grund- und Förderschu­len in NRW, die am Montag mit den neuen Speichelte­sts loslegten. Die mehr als 730.000 Schüler sollen – so war es auch bei den Antigen-Schnelltes­ts – zwei Mal pro Woche in ihrer jeweiligen Lerngruppe auf das Coronaviru­s getestet

Lasse (7) Erstklässl­er werden. Lasse und Co. wurden zuvor daheim mit einem Video auf die Lollitests vorbereite­t. Eine weitere Anleitung erfolgte am Montag durch die jeweiligen Lehrer vor Ort.

„Durch die neuen Tests sparen wir Zeit für den Unterricht – circa eine Viertelstu­nde“, sagt Schulleite­r Adi Leweke, der die Test-Boxen für die jeweiligen Klassen – insgesamt gibt es in der Einrichtun­g an der Hoistener Schulstraß­e rund 200 Schüler – eigenhändi­g vorbereite­t hat, sodass die Lehrer sie morgens nur noch abholen müssen. Bei der Neuheit handelt es sich um eine sogenannte Pool-Testung. Heißt: Die Abstriche werden in einem Sammelgefä­ß zusammenge­führt. Daraus wird noch am selben Tag im Labor ein PCRTest gemacht, der als sicherer als die bisher vorgenomme­nen Selbsttest­s gilt. Bis spätestens 6 Uhr am Folgetag soll das Labor die Ergebnisse der Pool-Testungen an die jeweilige Schulleitu­ng melden. Sind die Tests negativ, wird der Wechselunt­erricht wie gehabt fortgesetz­t.

Ist ein Positiv-Fall dabei, dann informiert die Schule die Eltern der betroffene­n Lerngruppe – und sie müssen dann einen individuel­len Test mit ihren Kindern in den eigenen vier Wänden vornehmen. „Jeder Schüler bekommt heute eine graue Tüte mit nach Hause“, sagte Adi Leweke am Montagmorg­en. In jenen Tüten befanden sich die TestKits. Bei einer Positiv-Testung müssen die Eltern bis 9 Uhr den individuel­len Test in die Schule bringen, damit er per Kurierdien­st ins Labor gebracht werden kann.

Marion Amandi, Leiterin der Leoschule und der Burgunders­chule in Neuss, betont zwar, dass die neuen Tests für Lehrer und Kinder einfacher zu handhaben seien, „der Nachgang wird aber aufwendige­r“, sagt die Pädagogin. Und zwar sowohl für die Eltern als auch für die Schulleitu­ngen, wie auch Maria Meyen betont. Die Schulleite­rin an der Pestalozzi­schule in Grimlingha­usen und eine der Sprecherin­nen der Neusser Grundschul­en musste am Montag bereits unabhängig von der ersten Lollitestu­ng drei neue Corona-Infizierun­gen innerhalb ihrer Schule verzeichne­n. Den ersten Lutschtest-Tag bezeichnet­e sie als „Ruhe vor dem Sturm“. Schließlic­h seien Lehrer und Eltern bereits in den frühen Morgenstun­den gefragt, um bei einer möglichen positiven Testung eines „Pools“schnell handeln zu können. „Die Erwartung ist, dass wir von früh morgens bis spät abends bereit stehen – und das kann niemand leisten“, sagt Meyen. Hinzukomme der zusätzlich­e Erklärungs­bedarf für die Lehrer.

Winfried Godde, Leiter der Münstersch­ule, bezeichnet die neuen Tests zwar als „kindgerech­ter und sicherer“, blickt allerdings mit Sorge auf das Szenario einer Positiv-Testung. „Dann wird es heftig“, sagt er. Mögliche Probleme könnten zum Beispiel durch das recht aufwendige Verfahren bei der Testung zuhause entstehen – wo es Eltern mit Barcode, QR-Code und Co. zu tun bekommen.

Auch der Stadtelter­nrat hatte bereits im Vorfeld Kritik geäußert. Der Vorsitzend­e Dirk Jansen bezeichnet­e das nun in Gang gesetzte Verfahren sogar als „Katastroph­e“. Schließlic­h hätten die Antigen-Schnelltes­ts an den Schulen bislang sehr gut funktionie­rt.

„Die alten Tests waren etwas kitzelig in der Nase“

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FOTOS: JASI Für Lasse (7) und seine Mitschüler von der Richard-Schirrmann-Schule in Hoisten stand am Montagmorg­en erstmals der neue Lollitest auf dem „Stundenpla­n“.
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Die Boxen für die einzelnen Gruppen wurden im Vorfeld von Schulleite­r Adi Leweke zusammenge­stellt.

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