Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Aus dem Leben eines Busfahrers
NEUSS Lächelnd steigt Sebastian Liesen, 31 Jahre jung, aus dem Schnellbus, der seit über 2 Jahren die Uni Düsseldorf mit dem Neusser Süden verbindet. Fünf Jahre schon steuert Liesen die großen Fahrzeuge als “Fachkraft im Fahrbetrieb“, wie die offizielle Bezeichnung seines Berufs lautet. Und er macht es offensichtlich mit Herzensfreude. „Damals fragte mich mein Vater, ob ich nicht mal Lust hätte, mich bei den Stadtwerken zu bewerben, als Busfahrer“, erinnert er sich. Sein Vater hatte den Job selbst 40 Jahre lang ausgeübt und war anschließend Verkehrsmeister. Zunächst war er jedoch nicht sonderlich angetan von der Idee seines Vaters. „Junge Leute haben halt andere Interessen. Aber dann habe ich die Ausbildung begonnen und es war anders als gedacht“, verrät Liesen.
Denn die dreijährige Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb beinhaltet neben dem Führerschein für Busse auch das Kennenlernen aller Berufsfelder rund um den Busbetrieb.
Die Stadtwerke Neuss bilden nicht nur Busfahrer aus, in der Werkstatt suchen sie jedes Jahr neue Azubis für den Beruf des Mechatronikers. Liesen machte seine Ausbildung bei Niederrhein Energie und Wasser (NEW ) in Mönchengladbach. Seit März arbeitet er jetzt in Neuss und ist zufrieden.
„Bei den Stadtwerken zu arbeiten, bedeutet auch, aufsteigen zu können – auch als Quereinsteiger. Wer beispielsweise im Büro schon Erfahrung mit Rechnungswesen und Planungsdingen gemacht hat, kann hier in die Rechnungsabteilung gehen oder in die Distribution.“Denn das Berufsfeld ist vielfältig. Der Busfahrer muss nicht nur gut Bus fahren können, sondern er muss den Bus bei Bedarf auch mal reparieren können und sich mit dem Ticketverkauf auskennen. Das hat er in seiner Ausbildung gelernt: vier Monate war er in der Werkstatt, vier Monate im Vertrieb. Dort hat er Dienstpläne gestaltet, eigene Umlaufpläne für Linien geschrieben, Fahrdienste disponiert und koordiniert und Abos angelegt für Firmenkunden und Schüler.
Liesen wünscht sich für seine berufliche Zukunft, dass er bald vielleicht in der Leitstelle arbeiten kann. Als sogenannter Verkehrsmeister muss er dann noch – wie schon sein Vater – die Fortbildung mit Abschlussprüfung bestehen. „Mir macht es Spaß, in der Leitstelle
Sebastian Liesen bringt Fahrgäste in Neuss von A nach B. Was er in seiner Ausbildung alles lernen musste und wie viel er als Busfahrer verdient.
zu arbeiten, weil ich da den Kollegen helfen kann, zum Beispiel wenn eine Straße blockiert ist, wie gerade während des riesigen Schützenfestes.
Dann kann ich Streckenposten koordinieren und Umleitungen suchen. Dafür muss man sich allerdings gut in der Stadt auskennen.“
Auch mit seinem Gehalt ist er zufrieden, das auch verschiedene Sonderzahlungen für Wochenend- und Nachtfahrten enthält. Liesen verdient mit seiner 5-jährigen Berufserfahrung und Zuschlägen 2.100 Euro netto. Anfangsgehälter liegen nach Auskunft der Stadtwerke Neuss bei rund 2600 Euro brutto, später kann man bis zu 6540 Euro verdienen. „Das ist ein viel besseres Gehalt als bei meinem früheren Arbeitgeber“, freut sich der junge Busfahrer. „Dort habe ich vielleicht die Hälfte verdient.“Uwe Koppelmann, Leiter des Bereichs Nahverkehr, betont: „Die Stadtwerke sind ein attraktiver Arbeitgeber, weil sie nicht nur ein Produkt platziert, sondern viele Bereiche hat. Durch Tarifvertrag und Schichtdienst sind sie darüber hinaus auch ein sicherer Arbeitgeber.“
Skurrile Geschichten aus dem Alltag hat Liesen auch schon erlebt. „Die Leute verlieren ja alles Mögliche im Bus. Das finden wir auch ganz schnell, meistens schon nach einer Stunde, weil die Leitstelle sofort informiert wird und dann alle Busfahrer der Linie kontaktiert. Daher sollte man immer anrufen, wenn was abhandenkommt“, berichtet Liesen. Doch bei einem Fund erschrak er besonders, als eine Mutter im Bus ihr Kind samt Kinderwagen vergessen hatte. „Mir ist das an der Endhaltestelle aufgefallen und dann kam natürlich das ganze Programm mit
Polizei und so. Die junge Mutter kam auch schnell und es war ihr sichtlich unangenehm.“Mit Maskenverweigerern in der Corona-Zeit kennt Liesen kein Erbarmen: „Wer seine Maske nicht aufsetzen will, fliegt raus. Ich bleibe stehen, bis er die Maske aufgesetzt hat. Dabei helfen mir die anderen Passagiere enorm!“