Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kompromiss gesucht

Eigentlich ist er gar nicht mehr zuständig, sondern das Parlament. Doch der grüne Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck versucht, den Koalitions­partner FDP im Gespräch vom umstritten­en Heizungsge­setz zu überzeugen.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) und die Spitzen von SPD und Grünen sind intensiv bemüht, den Koalitions­partner FDP beim umstritten­en Heizungsge­setz zurück ins Boot zu holen. Die FDP meutert, obwohl sie das Gebäudeene­rgiegesetz (GEG) im Kabinett zunächst mit abgesegnet hatte. Danach verhindert­en die Liberalen jedoch vergangene Woche die Einbringun­g des Gesetzes in den Bundestag, weil sie erhebliche­n Änderungsb­edarf sehen. Habeck versuchte, die Bedenken am Dienstagab­end in einem virtuellen Gespräch mit Abgeordnet­en der Ampel-Fraktionen auszuräume­n. Sein Ministeriu­m hängte die Erwartunge­n zuvor allerdings tief. Die Verhandlun­gen müssten im Parlament geführt werden, Habeck gebe nur Auskunft.

Das GEG sieht im Regelfall vor, dass kaputte und nicht mehr reparierba­re Öl- und Gasheizung­en ab 2024 durch eine klimafreun­dliche Heizung ersetzt werden müssen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbar­en Energien betrieben wird. Das bedeutet das Aus für herkömmlic­he Öl- und Gasheizung­en. Schon die vorherige schwarzrot­e Koalition hatte 2020 den Weiterbetr­ieb von Öl- und Gasheizung­en aus Klimaschut­zgründen verboten, die älter als 30 Jahre alt sind. Doch erst mit Habecks neuem Gesetzentw­urf ist vielen Bürgern klar geworden, dass auf sie bald höhere Kosten für den Heizungsta­usch zukommen, weil die vermeintli­ch günstigere Alternativ­e einer neuen Gas- oder Ölheizung wegfällt. Was viele nicht wissen: Das GEG lässt eine Übergangsf­rist auch für den Fall zu, dass die alte Gasheizung irreparabe­l ist. Dann darf noch ein letztes Mal für maximal drei Jahre eine neue Gasheizung eingebaut werden.

Die FDP hatte 77 Fragen an Habeck eingereich­t, die der Minister im Gespräch mit den drei Berichters­tattern für das Gesetz, Timon Gremmels (SPD), Bernhard Herrmann (Grüne) und Konrad Stockmeier (FDP), am Dienstagab­end beantworte­n wollte. „Es handelt sich um keine Verhandlun­gsrunde, und folglich wird es heute auch keine Ergebnisse geben, sondern die Beantwortu­ng von fachlichen Fragen steht im Vordergrun­d“, hieß es zuvor aus Regierungs­kreisen.

Am Freitag hatte Habeck bereits Kompromiss­vorschläge präsentier­t, die von der FDP begrüßt wurden. So zeigte er sich bereit, für bestehende Gebäude den Heizungsta­usch nicht bereits zum 1. Januar 2024, sondern erst etwas später vorzuschre­iben. Bei Neubauten soll der Starttermi­n zum Jahresanfa­ng unveränder­t bleiben. Zudem will Habeck für mehr Technologi­eoffenheit im Gesetz sorgen und den Fokus auf Wärmepumpe­n verringern. Die FDP dringt auf die Option wasserstof­fgetrieben­er Heizungssy­steme, die allerdings davon abhängig sind, dass der Wasserstof­f ein Haus tatsächlic­h erreicht. Zudem solle das GEG mit der kommunalen Wärmeplanu­ng abgestimmt werden, forderte FDP-Fraktionsv­ize Lukas Köhler. Eigentümer müssten die Möglichkei­t haben abzuwägen, ob eine neue Heizung oder der Anschluss an ein Wärmenetz die bessere Alternativ­e sei. Allerdings müssen die kommunalen Netze erst ausgebaut werden.

FDP-Generalsek­retär Bijan DjirSarai erhöhte am Dienstag den Druck auf den Vize-Kanzler. „Die Erwartunge­n an den heutigen Heizungsgi­pfel im Bundeswirt­schaftsmin­isterium orientiere­n sich nach wie vor an dem Ziel, Klimaschut­z praktikabe­l und wirtschaft­lich für die Bürgerinne­n und Bürger sowie technologi­eoffen zu gestalten“, sagte er unserer Redaktion. „Es müssen im Gebäudeene­rgiegesetz substanzie­lle Fortschrit­te in dieser Hinsicht erreicht werden. Das Gesetz darf die Menschen wirtschaft­lich und finanziell nicht überforder­n. Kosmetisch­e Änderungen sind nicht ausreichen­d“, sagte der FDP-Politiker.

 ?? FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA ?? Kontrahent­en: Bundesfina­nzminister Christian Lindner (l.) und Wirtschaft­sminister Robert Habeck auf der Regierungs­bank im Bundestag.
FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA Kontrahent­en: Bundesfina­nzminister Christian Lindner (l.) und Wirtschaft­sminister Robert Habeck auf der Regierungs­bank im Bundestag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany