Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Hoistener regt umweltfreundliches Schützenfest an
Schützenfeste zukünftig nachhaltiger gestalten, ohne an lieb gewonnenen Traditionen grundlegend zu rütteln — wie kann das gelingen? Diese Frage hat sich Wolfgang Haas, ein Mitglied im Hubertuscorps Hoisten, gestellt. „Während sich die Welt um uns herum verändert und man Dinge früher anders wahrgenommen hat, muss sich auch Tradition für Veränderungen in Frage stellen können“, erklärt er seine Motivation, das Schützenfest in eine umweltfreundlichere Bahn zu lenken. Keineswegs gehe es ihm darum, das Feiern oder den Spaß zu verbieten, wie er betont. Vielmehr gelte es, die beliebten Bräuche an der ein oder anderen Stelle so zu verändern, dass auch kommende Generationen noch ein fröhliches Schützenfest feiern können.
Einige konkrete Ideen für ein nachhaltigeres Schützenfest hat Haas bereits zusammengetragen. Verbesserungspotenzial sieht er zum Beispiel beim traditionellen Maienschmuck. So schön es auch sei, samstags durchs Dorf zu ziehen und mit Birkenmaien zu schmücken; man müsse sich auch vor Augen halten, dass gesunde Bäume durch das Abschneiden und das Verwenden der Maien auf lange Sicht geschwächt würden. Teils würden dafür sogar ganze Bäume gefällt. „Durch Hitze- und Trockenperioden und extreme Regenereignisse hat es die Birke sowieso schon schwer“, meint Haas. Deshalb spricht er sich für eine Lösung aus, die über mehrere Jahre genutzt werden kann.
Problematisch findet Haas auch die Umweltbilanz der traditionellen Böllerschüsse, mit denen viele Schützenfeste in der Region eröffnet werden. „Eine schöne Tradition, deren Infragestellung besonders weh tut“, wie er sagt. Dennoch müsse man darüber nachdenken, wie schädlich der beim Böllern freigesetzte Feinstaub und der CO2-Ausstoß durch den An- und Abtransport der Kanonen sei. Und auch der Tierwelt werde mit dem Kanonendonner einiges zugemutet. Haas regt daher an, über eine Alternative zur Eröffnung der Feste nachzudenken. Für mehr Alternativen plädiert er auch beim gastronomischen Angebot. Denn auf vielen Schützenfesten gelte bisher die Devise, „Fleisch ist das neue Gemüse.
Natürlich schmeckt nach einigen Bierchen eine Currywurst mit Pommes oder eine Stulle mit Mett besonders gut“, erklärt Haas. Nachhaltiger sei es jedoch, mehr vegetarische oder vegane Speisen anzubieten: „Damit käme man auch den ca. 9,5 Millionen vegan/vegetarisch lebenden Menschen bundesweit entgegen, die zu Teilen auch unsere Schützenfeste besuchen und die wir bisher mit Pommes rot-weiß vertrösten.“
Haas möchte damit vor allem auch jungen Menschen entgegenkommen, bei denen diese Ernährungsweisen besonders verbreitet seien.
Ein weiterer Kritikpunkt von Haas betrifft die große Menge Müll, die bei der Schützenkirmes produziert wird: 63 Tonnen seien es allein beim Neusser Bürger-Schützenfest 2018 gewesen. Zwar sei die Veranstaltung nicht mit kleineren Festen vergleichbar, doch auch dort gäbe es Möglichkeiten zur Müllvermeidung: „Insbesondere Einweg To-Go Verpackungen für Speisen und Getränke sind nicht sonderlich ressourcenschonend“, meint Haas. Ressourcen ließen sich auch durch das Zusammenlegen der Schützenfeste mehrerer Ortschaften sparen: „Gemeinsam könnte im Wechsel das Fest gefeiert werden. Dies würde auch den Gemeinschaftsgedanken und das Zusammenleben zwischen Ortschaften fördern“, erklärt er.
Haas ist überzeugt, dass nicht nur der Nachhaltigkeitsgedanke, sondern auch der stetig wachsende Kostendruck die Schützenfeste langfristig verändern wird. Auch kann er sich vorstellen, selbst ein Projekt „Nachhaltiges Schützenfest“ins Leben zu rufen. „Mit der notwendigen Unterstützung“, wie er betont. Zuspruch für seine Ideen hat er bereits in seinem Zug bekommen, manche Schützen täten sich damit allerdings noch schwer. Laura Vorberg
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