Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Rheinische Frohnatur überreicht Zepter
Margret Velder hat eine Karnevals-DNA im Blut. Die Mädchen-Sitzungspräsidentin der Karnevalsgesellschaft Rut-Wieß Rommerskirchen gibt das Zepter ab, hat aber noch viel vor. Ein Porträt.
ROMMERSKIRCHEN Mit rund 30 Auswärtsauftritten in den vergangenen Wochen hat Margret Velder einen Terminmarathon hinter sich. Einen, der sie atemlos vor Freude macht, ihren ausgeprägten Gemeinschaftssinn und ihre Empathie beflügelt. Zum Beispiel bei ihren Besuchen im Krankenhaus, in den umliegenden Alten- und Pflegeheimen und natürlich auch innerhalb des gepflegten Sitzungskarnevals. Denn die Mädchen-Sitzungspräsidentin der Karnevalsgesellschaft (KG) RutWieß Rommerskirchen 1956 e.V. ist eine passionierte Karnevalistin. Diese Session ist eine besondere für sie. Nach 17 Jahren übergibt sie am Aschermittwoch das Zepter an Jennifer Kocks-Lugt und Gabi SaureStucke, die sich die Funktion künftig teilen.
Die 58-Jährige ist ein Karnevalsjeck durch und durch. „Ich bin ne kölsche Jeck“, sagt sie von sich selbst und lacht. Das lässt sich belegen: Am 20. Februar 1965, seinerzeit kurz vor Altweiber, kam sie als Kind karnevalsbegeisterter Eltern in Köln zur Welt. Da ahnte noch niemand, dass sie 18 Jahre später an Rosenmontag in Köln ihren heutigen Ehemann kennenlernen und mit ihm und ihren gemeinsamen drei Töchtern in Rommerskirchen heimisch werden sollte. Es ahnte auch niemand, dass die gelernte Steuerfachgehilfin mit der Karnevals-DNA im Blut einmal Elferrat-Mädchen und Sitzungspräsidentin der Mädchensitzungen der KG Rut-Wieß werden sollte. Neben ihrer Mutter sind auch ihre Töchter und ihre dreijährige Enkeltochter in der KG aktiv.
Was mit einer Mädchensitzung pro Session begann, hat sich inzwischen zu einem unübertroffenen Karnevalshighlight über die Grenzen des Rhein- und Erftkreises hinaus etabliert. Aufgrund der außerordentlich hohen Nachfrage wechselten die Organisatorinnen für ihre Sitzungen in die Mehrzweckhalle und bieten seit 2015 insgesamt vier Mädchensitzungen an vier Tagen in Folge an. Dabei geben sich Kölner Stars wie Guido Cantz oder Karnevalsgrößen wie Jürgen Becker, Brings, De Räuber, Cat Ballou oder Paveier ein heiteres Stelldichein und gleichsam die Klinke in die Hand. Angesichts des stabilen, hochkarätigen Programms ist es nicht verwunderlich, dass die Mädchensitzungen mit 640 Plätzen pro Sitzung bunt kostümierte Mädchen aus nah und fern anziehen. „Seit Jahren schon sind die Sitzungen binnen sieben Minuten nach Verkaufsbeginn ausverkauft“, berichtet Velder.
Die Mädchen-Sitzungspräsidentin verbindet viel Bewegendes mit ihrem Amt: „Der Besuch in der Kinderonkologie der Düsseldorfer Uniklinik ist für mich der emotionalste Höhepunkt der Session“, sagt sie. Seit sechs Jahren besteht die Kooperation zwischen dem Mädchen-Elferrat und der Uniklinik. Die schwerkranken Kinder und ihre Eltern und Geschwister für einige Augenblicke von allem Leid und großen Sorgen ablenken zu können, ihnen Zeit und Aufmerksamkeit, stärkende Freude und wärmende Zugehörigkeit zu schenken und zu sehen, wie sich die Augen mit Tränenglanz füllen, berührt sie spürbar. Genauso wie der Einsatz der vielen ehrenamtlich Helfenden, ohne die der Mädchen-Elferrat bei seinen legendären Sitzungen die Fetzen nicht fliegen lassen könnte, die die Mehrzweckhalle in einen schmucken Gillbach-Gürzenich verwandeln, von der Logistik bis zur Verpflegung der Künstler. „So was reißt man nicht allein. Dahinter steht eine sehr intakte Elferratsgemeinde mit viel Einsatz und Liebe zum Brauchtum“, hebt Velder hervor.
Ihnen und der KG Rut-Wieß möchte sie nun etwas zurückgeben. „Ich kann gut in der zweiten Reihe stehen und möchte mich bei den stillen Helden hinter den Kulissen revanchieren und mich dort einbringen“, sagt sie. Der langjährigen Sitzungspräsidentin, die in der Session 2006/07 zunächst aus einer Not heraus ersatzweise eingesprungen war, ist es wichtig, dass die Mädchensitzungen erfrischend bleiben. „Ich liebe den Karneval. Aber es ist mir ein bedeutendes Anliegen, dass der Sitzungskarneval in seiner ursprünglichen Form erhalten bleibt. Das heißt eine gesunde Mischung aus Rede, Gesang, Musik und Tanz für alle Altersklassen“.
Daher übergibt sie in wenigen Tagen ihr Amt an ihre zwei jüngeren Nachfolgerinnen. „Es soll ein frischer Wind durch den GillbachGürzenich wehen“, sagt sie erfüllt und zuversichtlich.