Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Warten auf die Frühjahrsbrut der Falken
Der 66-jährige Horst Brings aus Hackhausen ist Deutschlands einziger Falkenzeugmeister. Jetzt in der Schonzeit näht er in seiner Werkstatt im Keller Vogelhauben, Falknerhandschuhe und -taschen.
HACKHAUSEN Fast ihr ganzes Leben lang begleitet „Die Alte“schon Deutschlands einzigen Falkenzeugmeister Horst Brings aus Hackhausen. Aus England kam der Wüstenbussard vor 29 Jahren zu ihm: „Mit der Old Lady hat alles begonnen“, erinnert sich der 66-Jährige. „Die Alte“zählt mittlerweile 29 Jahre. Wüstenbussarde werden in der Regel nur 16 Jahre alt, wie Brings weiß. Gute Pflege und artgerechte Haltung spielten aber eine wichtige Rolle. Ein Adler und fünf Bussarde dürfen auch im Winter angeleint aufs Gelände hinterm Haus. Sie tragen als einzige seiner Zucht auch Namen: Thor, Robin, Fridga, Tulla – und „Die Alte“. Mindestens eineinhalb Stunden täglich füttert der Falkner seine Vogelschar, die jetzt in geschlossenen Volieren überwintert. Die genaue Zahl seiner Vögel verrät er nicht, schon aus Sicherheitsgründen, und er fügt hinzu: „Alle Vögel werden mit Kameras überwacht.“
Jetzt im Winter bereiten sich die Falkenpaare, die immer zu zweit in den Volieren gehalten werden, auf die Brutzeit vor. „Sobald es die ersten Kaninchen zu jagen gibt, werden auch die ersten Eier gelegt“, berichtet der Falkner, dessen Jagdrevier bis Thüringen oder Bremen reicht: Dort geht er mit seinem kapitalen Adler, der tatsächlich bis zu 400 Kilogramm Gewicht drücken kann, auch schon mal auf Rehjagd. In Jüchen, wo es nur wenig Wald gibt, setzt er seine Falken auf lästige Krähen und auf Kaninchen auf den Friedhöfen an. Nicht anzutreffen ist der Jüchener Falkner indes auf Mittelaltermärkten. „Ich präsentiere meine Falken nicht zu Show-Zwecken“, betont er. Lediglich auf dem Familienfest des Rhein-Kreises Neuss sei er regelmäßig mit einem Stand vertreten: „Da geht es mir um den Nachwuchs, damit die Kinder und Jugendlichen etwas über artgerechte Haltung und den Nutzen der Falken für die Natur erfahren“, berichtet Brings, der auch eng mit dem Nabu Jüchen zusammenarbeitet. So wie er selbst bereits als Zwölfjähriger von seinem Vater für die Falknerei begeistert wurde, so hat der 66-Jährige auch seine Ehefrau und seine Töchter fest mit eingespannt in die Hege und Pflege
der gefiederten „Mitbewohner“. Beide Töchter haben auch den Falkner-Schein gemacht.
Gemeinsam mit Ehefrau Ursula hatte Bings sogar das Angebot, eine Falken-Klinik in Abu Dhabi zu leiten. „Ich habe aber Heimweh bekommen“, gibt er zu. Bei einer großen Falkner-Messe in den Emiraten hatte Brings ausgestellt und gute Kontakte zu etlichen Scheichs bekommen, die teilweise bis heute andauern. Fremd sei ihm aber der Kult geblieben, der in Arabien um die Falken betrieben wird: „Das kann man nicht vergleichen. Da werden Trappen in der Wüste freigelassen, nur damit die Falken etwas zu jagen haben“, hat Brings miterlebt. Doch der Jüchener konnte die Scheichs mit seiner Expertise überzeugen: „Wir haben den ersten Preis mit unserem Messestand gemacht“, blickt er zurück.
Denn der Falkner versteht sein Handwerk: Selbst genähte Falkenhauben, Falknertaschen und -handschuhe fertigt er zur Winterzeit jetzt wieder in seiner Werkstatt im Keller an. Für jedes der kleinen Kunstwerke aus Rindsleder, die alle maßangefertigt werden, benötigt er acht
Stunden akribischer Handarbeit. „Die Hauben dürfen nicht drücken, jede wird individuell dem Kopf des Vogels angepasst“, erläutert Brings. Online vertreibt er die Ausrüstungsstücke für die Falknerei, die dann auch schon mal von dem ein oder anderen Scheich bestellt werden.
Allerdings sieht sich der Falkner auch immer wieder Angriffen von Tierschützern ausgesetzt, die Vögel hätten nicht genügend Bewegungsmöglichkeiten. Dem setzt der Experte entgegen: „Falken sitzen auch in der Natur zu 90 Prozent auf dem Fleck, sie bewegen sich nur für die
Jagd.“Und Gelegenheit zum Jagen, die verschafft er seinen Falken, dem Adler und den Bussarden, sobald in wenigen Wochen wieder die ersten lästigen Kaninchen auf den Friedhöfen auftauchen und die Krähenplage in den Städten einsetzt.
Die Gesundheit der Falken liegt Brings naturgemäß besonders am Herzen, deshalb arbeitet er mit den Tierauffangstationen in Mönchengladbach und Köln zusammen. Verletzte oder kranke Falken bringt er auch zum Tierarzt seines Vertrauens. Der praktiziert in der Eifel und ist auch selbst ein Falkner.