Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Endometriose als Thema unter Männern
Hinter dem Begriff „Endometriose“verbirgt sich häufig ein langer Leidensweg für Frauen. Auf die oft späte Diagnose folgt eine langwierige Behandlung der Krankheit. Deshalb widmet sich Chefarzt Matthias Korell diesem Thema – und klärt Männer auf. Worüber sie sich austauschen.
NEUSS Frauen, die über starke, oft krampfartige Schmerzen während der Monatsblutung klagen, leiden nicht selten unter der Krankheit Endometriose. Rund 340.000 Patientinnen erhielten 2022 diese Diagnose – und die Zahlen steigen, wie eine Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland zeigt. Der Hintergrund: Die Krankheit bekommt immer mehr Aufmerksamkeit – und zwar nicht nur von Frauen. Matthias Korell, Psychotherapeut und Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im Johanna-EtienneKrankenhaus, richtet sich mit seinem „Männerabend zur Endometriose“deshalb ganz gezielt an Partner von betroffenen Frauen.
Einer von ihnen ist Leon Beineke. „Ich habe mich zwar selber schon mit dem Thema beschäftigt, aber es ist natürlich etwas anderes, wenn man Tipps vom Fachmann bekommt“, sagt er im Anschluss an das Treffen am Mittwochabend. Seine Freundin leidet unter starken Schmerzen während der Monatsblutung und deshalb sei es ihm wichtig, zu wissen, wie er sie in dieser Zeit unterstützen kann. Durch die Männerreihe geht ein bekräftigendes Kopfnicken, als Beineke davon berichtet. Die Beschreibung der Situation trifft – in leicht abgewandelter Form – auf alle Anwesenden zu. Dementsprechend sei für alle klar, was eine Endometriose ist und welche Auswirkungen diese Krankheit hat. Und doch bleiben darüber hinaus noch viele Fragen offen.
„Die Gespräche mit Medizinern sind in der Regel behandlungsorientiert, da steht natürlich die Frau im Vordergrund“, berichtet auch Sven Klappstein. Deshalb schätzt er, dass an diesem „Männerabend“auch die veränderten Lebensumstände thematisiert werden. Was bedeutet die Diagnose für die Beziehung? Was verändert sich dadurch und wie kann man der Partnerin helfen? „Sowas kann man nicht im Lehrbuch nachschlagen“, bestätigt auch Bastian Bronnert. Auf der Suche nach Antworten sind einige von ihnen sogar aus Duisburg oder Essen angereist.
Diese Fragen greift Korell auf – mit dem Ziel, Überforderung zu vermeiden. „Jede Erkrankung belastet die Partnerschaft“, betont der Professor. Im Gegensatz zu einer Krebserkrankung, bei der die Diagnose die Beziehung oftmals intensiviere, entzweie die Endometriose viele Paare. Dafür gibt es laut Korell sicherlich verschiedene Gründe, unter anderem weil die Schmerzen monatlich
Krankheit Bei der Endometriose handelt es sich um Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutterhöhle, zum Beispiel im Beckenbereich oder auch im Bauchraum der betroffenen Personen. Diese Gewebsinseln werden auch als „Endometriose-Herde“bezeichnet.
auftreten und die Krankheit dadurch noch präsenter ist. Doch die Ursachen sind an dem Abend zweitrangig, Korell geht es vor allem darum, mögliche Lösungen zu vermitteln. Zum Beispiel empfiehlt er den Männern bestimmte Massagetechniken, welche die Schmerzen reduzieren und die Bindung zwischen den Partnern stärken können.
Doch auch intime Themen werden
Folgen Diese Herde bluten einmal im Monatszyklus und verursachen dadurch lokale Entzündungsreaktionen, die zu Schmerzen bei den Betroffenen führen.
Behandlung Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die Krankheit zu behandeln. Neben der operativen Entfernung der „Endometriose-Herde“gibt es eine medikamentöse Behandlung.
an dem Abend offen diskutiert. Denn eine Endometriose geht oftmals auch mit Schmerzen beim Geschlechtsverkehr einher. „Deshalb werden hier gleich mal Verkehrsregeln aufgestellt“, scherzt der Experte. Denn unter Berücksichtigung gewisser Tipps und Stellungen seien auch die Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zu umgehen. „Deshalb ist die Männerrunde
super, hier können sie alle ihre Fragen ohne Hemmungen stellen“, berichtet Korell.
Er selbst beschäftigt sich seit über 39 Jahren mit dem Thema. In dieser Zeit hat sich in der Behandlung und Erforschung der Krankheit viel verändert. Mit Blick auf die Ursachen für eine Endometriose verfolgt Korell aber schon seit Jahren die gleiche Theorie: Die sogenannte „Verschleppungstheorie“, die von der retrograden Menstruation ausgeht. Demnach fließt das Menstruationsblut nicht nur über den Gebärmutterhals hinaus, sondern gelangt auch in die Eileiter und den Bauchraum. Das sei bei „fast jeder Frau der Fall“, so Korell. Doch nicht jede Frau leide deshalb unter Schmerzen. Deshalb setzt der Experte auf eine individuelle Behandlung der betroffenen Frauen, indem er Alter, Lebenssituation, Befund und Beschwerden berücksichtigt und sich auf dieser Grundlage für eine Methode entscheidet.