Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der erste „Pastor“ohne Theologiestudium
Die gesamte Jugendarbeit hat Diakon Rene Bamberg in Jüchen aufgebaut. Ab 1. Juni betreut er in Korschenbroich eine volle Pfarrstelle.
JÜCHEN/KORSCHENBROICH Für Jüchen ein herber Verlust – für Korschenbroich ein Gewinn: Diakon Rene Bamberg verlässt die evangelische Kirchengemeinde Jüchen und beginnt am 1. Juni seinen Dienst in Korschenbroich. Für den 36-Jährigen ist dies ein Karrieresprung, denn er wird der erste Diakon mit einer Vollzeistelle im Pfarrdienst. Das sei ein Novum im Kirchenkreis: „Solch ein Angebot erhält man nur einmal im Leben“, sagt Bamberg, der sich auf Korschenbroich freut, aber Jüchen verbunden bleibt.
Er wird weiterhin mit seiner Ehefrau, dem drei Jahre alten Sohn und der zweijährigen Tochter in Jüchen wohnen und auch in der CDU dort aktiv bleiben. „Und meine Bienen bleiben auch in Jüchen“, sagt der Freizeitimker, der zehn Bienenvölker hegt. Seinen Dienst im Stadtjugendring muss er aber aufgeben.
Im Jahr 2016 hatte Bamberg seinen Dienst in Jüchen begonnen. Er kam aus dem Münsterland, hatte Gemeindepädagogik und Sozialarbeit studiert und war dort fest im Gemeindeleben verankert. Seine Einstellung zur Ökumene war schon in frühen Jahren für Bamberg bestimmend. Der Protestant war sogar eine Zeit lang Vorsitzender der katholischen Pfadfinder. „Ich bin bis heute noch bei den Pfadfindern Mitglied. Die Ökumene bedeutet für mich die Frage, was uns verbindet, nicht, was uns trennt“, so der künftige evangelische „Pastor“. Deshalb werde seine erste Amtshandlung in Korschenbroich auch die Kontaktaufnahme mit den katholischen Kollegen sein: „Die Ökumene liegt mir unheimlich am Herzen.“
In Jüchen hat Bamberg im engen Zusammenschluss mit dem katholischen Pfarrer und Regionalvikar Ulrich Clancett zusammengearbeitet. Gemeinsam haben sie auch die bislang wohl größte Krise in der dortigen Gemeinde- und Jugendarbeit bewältigt, als bekannt wurde, dass ein ehrenamtlicher Mitarbeiter beider Konfessionen wegen Kindesmissbrauchs angeklagt und verurteilt worden war. Für die Eltern und die anderen Mitarbeiter initiierten Bamberg und Clancett psychologische Betreuung und gewährleisteten ein Höchstmaß an Informationstransparenz.
Doch es gibt viel Positives, auf das Bamberg jetzt zurückblicken kann, hat er doch die gesamte offene Kinderund Jugendarbeit in Jüchen quasi aus dem Nichts aufgebaut. „Es gab nur eine kleine Keimzelle in Bedburdyck“, sagt Bamberg. Inzwischen sind drei Kinder- und Jugendtreffs mit 25 angeleiteten ehrenamtlichen Mitarbeitern entstanden. Das sieht in Korschenbroich anders aus: Dort trifft Bamberg auf einen gut ausgebauten und etablierten offenen Jugendbetrieb in der Kirchengemeinde, der von drei hauptamtlichen Kräften betreut wird. „Ich kann mich in Korschenbroich ganz meinen pastoralen Aufgaben widmen und freue mich, zum ersten Mal auch ausschließlich in der Erwachsenenund Seniorenseelsorge tätig zu werden.“
Bamberg wird in Korschenbroich Teil des Pastoralteams mit Pfarrer Sebastian Kowalski und Diakon Christian Wolters sein. Er habe einen Teil des Korschenbroicher Presbyteriums und Pfarrer Kowalski schon kennen und schätzen gelernt. „Wir sind fast gleich alt, das wird bestimmt eine gute Zusammenarbeit“, hofft der 36-Jährige. Er besetzt damit auch die vakante Stelle nach dem Ausscheiden von Pfarrer Gernot Wehmeyer.
Und für seinen Antritt in Korschenbroich bringt Rene Bamberg schon eine wesentliche Voraussetzung mit: Er ist Schütze und Regimentspfarrer in Gierath-Gubberath. „Ich bin absolut gespannt auf Unges Pengste“, sagt er und fügt hinzu: „Ich war schon beim Jubiläum des Bundesschützen-Musikkorps Kleinenbroich.“
In Jüchen wird jetzt seine Stelle neu ausgeschrieben. Vakant ist dort auch eine Stelle als Jugendleiter. Da Bamberg erst zum 1. Juni nach Korschenbroich wechselt, hofft er, den neuen Jugendleiter noch mit einarbeiten zu können. Es falle ihm nicht leicht, Jüchen zumindest beruflich zu verlassen: „Ich bekomme in Korschenbroich eine einmalige Chance. Aber in Jüchen konnte ich viel aufbauen und meine Arbeit wurde sehr wertgeschätzt“, schildert er seinen Zwiespalt.