Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Im „Frankenheim“droht Leerstand bei EM
KAARST Die Stadt Kaarst wagt sich in der „Causa Frankenheim“erstmals aus der Deckung und beschreibt in einer Vorlage für den Stadtrat am 29. Februar den bisherigen Ablauf der Ereignisse. Außerdem schlägt sie den Ratsfraktionen vor, das aktuelle Verfahren zur Anschlussvermietung ab April zu beenden und neu zu vermarkten. Diese soll dabei transparenter laufen als bisher, angestrebt wird ein zweistufiges Auswahlverfahren, bei dem sich Interessenten bei der Stadt melden können.
Doch was ist bislang passiert? Der Pächter habe nach Angaben der Stadt die vertraglich festgelegten Betriebszeiten seit mehreren Jahren nicht erfüllt, wurde dafür aber seitens der Stadt nicht sanktioniert, auch weil die Auswirkungen der Corona-Pandemie berücksichtigt wurden. Im Mai 2023 habe die Stadt ein Angebot des Pächters zur Verlängerung des Vertrages mit abweichenden Modalitäten – Verringerung der Pacht und Streichung der verpflichtenden Betriebszeiten – erhalten. Dieser Vorschlag wurde dem Betriebsausschuss am 20. Juni 2023 und dem Stadtrat einen Tag später vorgelegt, in beiden Gremien habe es eine einstimmige Entscheidung gegeben, den Vertrag zu diesen Konditionen nicht zu verlängern.
Dem Pächter wurde diese Entscheidung
mitgeteilt, zudem gab es einen Hinweis, „dass eine Verlängerung des Pachtverhältnisses auf Grundlage des Optionsrechts nur unter Einhaltung der bereits bestehenden vertraglichen Verpflichtung möglich sei“, heißt es in der Vorlage. Eine Antwort sei ausgeblieben, somit endet der Pachtvertrag zum 31. März. Nach mehreren Gesprächen mit dem Betreiber und dem Pächter über eine mögliche Nachfolge und die Frage nach den Betriebszeiten wurde dem Stadtrat am 26. Oktober ein entsprechender Vorschlag unterbreitet, der jedoch keine Zustimmung fand. Die Verwaltung sei beauftragt worden, bis Ende November mindestens zwei Konzepte vorzustellen. Daraufhin seien mehrere Brauereien sowie lokale Gastronomen angesprochen worden – darunter auch die aktuellen Betreiber.
Am 30. November stellten drei Interessenten ihre Konzepte dem Wirtschaftsausschuss vor, vor der endgültigen Entscheidung im Stadtrat am 14. Dezember wurde den Fraktionen Informationen zur Bonität und Geschäftsbeziehungen der Bewerber zur Verfügung gestellt. Die Entscheidung sei dann „mit großer Mehrheit“auf das Konzept der „Die Archinauten/Pino Casucci“gefallen. Es folgte ein fragwürdiger anonymer Brief, den die Verwaltung als „Schmutzkampagne“bezeichnet, woraufhin „Die Archinauten“ihr Angebot zurückzogen. Ihr Konzept für ein modernes Wirtshaus stellten die Planer der Stadt allerdings kostenfrei zur Verfügung.
Nun startet die Stadt ein neues Verfahren, diesmal soll es transparenter sein als im vergangenen Jahr. Das war einer der größten Kritikpunkte der Verfasser des anonymen Briefes. Nun werden in einem zweistufigen Verfahren Interessenten gesucht, denen die Gastronomie im Bürgerhaus als Indexmietvertrag mit einer festen Pacht angeboten wird. Die Laufzeit beträgt zehn Jahre mit zwei Optionen zu jeweils fünf weiteren Jahren. Die Stadt stellt sich im Bürgerhaus „ein modernes, gestalterisch ansprechendes
Die Stadt Kaarst hat erstmals öffentlich Stellung zu dem bisherigen Ablauf in der „Causa Frankenheim“genommen und legt im Stadtrat einen Beschlussvorschlag vor. Die Gastronomie soll neu vermarktet werden. Derweil haben die aktuellen Betreiber der Verwaltung ein Angebot unterbreitet. Ab April droht ein monatelanger Leerstand.
Wirtshaus“vor, das an sechs Tagen pro Woche öffnet (mindestens 60 Betriebsstunden). Maximal soll es einen Ruhetag geben – außer Samstag und Sonntag. An den Wochenenden soll durchgehend bis 24 Uhr geöffnet sein, in der Woche eine Mittagskarte angeboten werden. Zudem fordert die Verwaltung von Interessenten, mindestens ein weiteres Gastronomieprojekt in ähnlicher Größenordnung vorweisen zu können.
Die Suche der Stadt soll vom 1. bis zum 28. März veröffentlicht werden, bis spätestens 12. Mai müssen Interessenten ihre Unterlagen eingereicht haben. Die Konzepte werden dem Stadtrat in nicht-öffentlicher Sitzung am 6. Juni präsentiert, am 27. Juni soll dann – ebenfalls nichtöffentlich – eine Entscheidung gefällt werden. Erst danach kann der
Bewerber mit dem überzeugendsten Konzept anfangen, das Bürgerhaus nach seinen Vorstellungen umzugestalten. Das bedeutet, dass der Gastronomie im Herzen von Kaarst im gesamten Frühjahr und in weiten Teilen des Sommers ein Leerstand droht – auch während der FußballEM in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli) und dem Kaarster Schützenfest (8. bis 11. Juni).
Doch es gibt eine Möglichkeit, den temporären Leerstand zu verhindern. Die Betreiberfamilie Lütges hat der Verwaltung ein Angebot unterbreitet, die Gastronomie entweder für fünf Jahre weiterzuführen oder zumindest so lange, bis ein neuer Pächter gefunden ist. Sollte sich der Stadtrat dagegen entscheiden, werden Yvonne und Roland Lütges nur noch dieses und nächstes Wochenende den Laden öffnen.
„Wir müssen ab dem 4. März ausräumen“, sagt Lütges auf Anfrage unserer Redaktion. Auch die FWGFraktion fordert in einem Antrag an die Verwaltung, „mit den bisherigen Betreibern der Gastronomie Frankenheim für eine Fortführung des gastronomischen Betriebs im Bürgerhaus bis mindestens Ende 2024 in Verhandlungen zu gehen“, wie es heißt.
Zudem verlangt die FWG, dass die neuen Konzepte im öffentlichen Teil der Ratssitzung am 27. Juni vorgetragen werden. Als Begründung führt die Fraktion an, dass das kommunale Interesse an der Zukunft des Bürgerhauses groß sei. „Offenkundig beschäftigt die Zukunft des Bürgerhauses einen großen Teil der ortsansässigen Bürgerinnen und Bürger, wie aus einer Vielzahl persönlicher Gespräche hervorgeht“,
heißt es.
Das ehemalige CDU-Ratsmitglied Bodo Korzeniewsky hat sich jüngst mit einem Vorschlag bei unserer Redaktion gemeldet und diesen auch öffentlich bei Facebook gepostet. Zwar sei die Vorgehensweise durch die Gemeindeordnung und die Geschäftsordnung rechtlich nicht zu beanstanden. „Aber man könnte die Bewerber ja fragen, ob sie etwas dagegen haben, wenn man ihre Präsentationen auf der städtischen Internetseite veröffentlicht“, sagt Korzeniewsky unserer Redaktion. Aus einem persönlichen Gespräch mit den „Archinauten“wisse er, dass sie auch nichts gegen eine Veröffentlichung ihres Konzeptes gehabt hätten: „Es würde die Sache etwas entspannen, wenn wir die Bürger mitnehmen. Wenn die Stadt bei den Bewerbern nachfragt, ob sie ein Problem damit hätten, ihre Konzepte öffentlich zu präsentieren, wäre es vielleicht eine Lösung“, so Korzeniewsky weiter. Die jetzt veröffentliche Vorgehensweise der Verwaltung hält er, abgesehen von ein paar Kleinigkeiten, prinzipiell für eine gute Vorgehensweise. „So kommen wir in ein vernünftiges Verfahren. Und wenn die Stadt weiter informiert, erhalten wir auch eine Transparenz“, so Korzeniewsky.