Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Rockmusiker dreht Video im Altenheim
Carlos Chachafeiro filmt sein neues Musikvideo „I’m a fan“im Seniorenzentrum Lindenhof. Heinz Krichel ist mit 68 Jahren Hauptdarsteller der Szene. Wie es dazu kam, wie der Dreh ablief und was die anderen Bewohner zu den verzerrten E-GitarrenKlängen sagen.
GREVENBROICH Auf dem Tisch sind Kaffee und Kuchen serviert, die Bewohner des Seniorenhauses Lindenhof sitzen beisammen. Alles sieht nach einem ruhigen Nachmittag aus. Dann dröhnt Heavy Metal durch den Raum – und die Senioren drehen auf. Einer steckt den anderen an und die Hände werden zur Pommesgabel – so wird der Gruß per Handzeichen unter Rockern genannt – in die Luft gehoben. Dann fällt die Schlussklappe – und der Dreh für das Musikvideo für „I’m a fan” wird unterbrochen. Die Kameramänner bauen für die nächsten Einstellung um. Mitten im Geschehen ist Heinz Krichel. „Ich muss hier gar nichts spielen”, sagt der 68-Jährige. „Ich bin schon immer Fan der Band ,Iron Maiden“gewesen.”
Da Krichel oft im Maiden-Shirt vor der Bühne mitrockt, hatte ihn Carlos Chachafeiro für die Rolle in seinem neuen Musikvideo ausgewählt. Dieses solle eine generationsübergreifende Hommage an die britischen Metallegenden werden. „Ich finde, dass ,Iron Maiden‘ sehr authentisch sind, keine Klischees bedienen und Generationen miteinander verbinden”, erklärt Chachafeiro. Und so solle das Musikvideo für seine SoloLiveband „Carlosseum” zeigen, dass die Leidenschaft für Maiden in alle Altersklassen reiche.
Daher drehe das Team nicht nur im Altenheim, sondern unter anderem auch in einer Schule. „Wir erzählen eine Geschichte, die aus drei Blöcken besteht. Der erste Block sind die Kinder, dann gibt es die Mittlere Altersklasse und die dritte Szene spielt im Altersheim”, erzählt der 50-jährige
Rockmusiker. Am Ende des Videos träfen sich schließlich alle drei Generationen auf der Bühne. „Der Dreh heute ist etwas Ausgefallenes. Wir wollen uns aber nicht über die Senioren lustig machen. Im Gegenteil, wir wollen sie mit ins Boot holen”, erzählt Carlos Chachafeiro.
Am Filmset gelingt ihm das gut. Brigitte Pannen nickt mit ihrem Kopf zum Gitarrensolo, das über die Musikboxen eingespielt wird. Die Musik gefalle ihr gut und sie sei für „jeden Spaß zu haben”, sagt die 80-jährige Bewohnerin des Seniorenhauses. Sie selbst singt normalerweise im Bewohnerchor mit. Die
Bewohner Das Seniorenzentrum Lindenhof beherbergt aktuell 100 Bewohner. In 68 Einzel- und 16 Doppelzimmern gibt es Platz für insgesamt 92 Dauerpflegebewohner sowie acht Kurzzeitpflegegäste.
Musikrichtung sei dann aber eine andere. Ihr Tischnachbar Krichel ist ein häufiger Konzertgänger, war auch schon auf Wacken. Ein Rockfestival würde sie nun auch gerne mal besuchen, sagt Pannen. Viel Zeit zum Plaudern bleibt nicht, da geben die Kameramänner schon das Zeichen zum Weiterdrehen und die Kameras laufen wieder.
„Bei uns ist so einiges los”, sagt Einrichtungsleiterin Iris Baldus. Es gehe darum, „jeden Tag sein eigenes Leben zu gestalten”. Abseits der Kameras hat sie die Senioren im Blick. „Mir ist es wichtig, dass sie mitten im Leben sind und auch noch etwas
Angebote Im Tagesablauf sind gemeinsame Mahlzeiten in Gruppen vorgesehen. Dazu gibt es Angebote für Fitness und Kultur. Ebenso stehen Ausflüge in die Umgebung, der Besuch von Brauchtumsveranstaltungen oder Stadtfesten und gemeinsame Film- und Spieleabende auf dem Programm.
erleben dürfen.” In einem Seniorenheim müsse es nicht immer „langweilig, ruhig und still sein”. Stattdessen sollten sich ruhige Phasen und aufregende Ereignisse abwechseln. So organisiere das Seniorenhaus Lindenhof regelmäßig kleine Ausflüge in die Innenstadt, sei ins Schützenfest eingebunden oder gestalte selbst eigene Feste und Events.
Zur Adventszeit hatte Pflegehelferin Kathleen Jansen beispielsweise eine Wunschaktion gestartet und dabei konnte das Team einem Bewohner die Mercedes-Fahrt mit einem Oldtimer erfüllen. Unterstützt wurden sie dabei von einem
Grevenbroicher Motorradclub. „Das war eine richtig coole Aktion”, resümiert Jansen. Über die 39-Jährige ist auch der Kontakt zu Solo-Künstler Chachafeiro zustande gekommen.
Die beiden sind Freunde, und als er ihr von dem Musikvideo erzählte, hatte die Pflegehelferin bei Baldus nachgefragt und schließlich grünes Licht für den Dreh im Lindenhof bekommen. Danach habe sie bei Mitarbeitern und Bewohnern rumgefragt, wer Lust habe, beim Musikvideo mitzumachen. Zehn Senioren haben sich daraufhin gemeldet. „Sonst ist eher ältere Schlagermusik wie die von Roy Black unter den Bewohner beliebt”, erzählt Jansen. Für ein paar Stunden an diesem Tag ist es dann aber Heavy Metal. Nach dem Video-Dreh stehe dann wieder eine Runde Romme auf dem Tagesplan einiger Bewohner, so Jansen.
Das fertige Filmchen werde im April oder Mai veröffentlicht, kündigt Carlos Cachafeiro an. Wer den Rockmusiker im Duo mit seinem Sohn auf der Bühne sehen will, kann dies bei seinem Gig in „Gerry’s Bar“am 13. April tun.