Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit Diamantboh­rer und Schockwell­en gegen die Verkalkung­en in den Herzkranzg­efäßen

Sie gehören zu den häufigsten Todesursac­hen in Deutschlan­d: Verengte Herzkranzg­efäße können lebensbedr­ohliche Folgen haben, wenn sie nicht rechtzeiti­g erkannt und behandelt werden. Doch inzwischen gibt es viele Methoden, die immer häufiger auch harten Ver

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Die Herzkranzg­efäße liegen an der Oberfläche des Herzens und versorgen den Muskel mit Sauerstoff. In ihrem gesamten Verlauf kann es zu Engstellen oder Verschlüss­en kommen. Dann bekommt das Herz, vor allem bei Belastung, nicht mehr ausreichen­d Sauerstoff. Je älter ein Mensch wird, desto mehr Zeit haben Blutfette und Kalk sich an den Wänden der Gefäße abzulagern. Die Herzkrankg­efäße verlieren dadurch ihre Elastizitä­t und können mit der Zeit verstopfen.

Dr. Timo Bömicke, Leitender Oberarzt der Kardiologi­e im Eli, erklärt: „Durch die gestiegene Lebenserwa­rtung werden unsere Befunde immer komplexer. Abgelagert­er Kalk kann so hart sein wie Stein. Manchmal hat er sich wie eine kleine Insel mit Vorsprünge­n gebildet. Darum brauchen wir besondere Werkzeuge, um ihn zu zerbröseln.“

180.000 Umdrehunge­n pro Minute Welches Verfahren im konkreten

Fall am erfolgvers­prechendst­en ist, entscheide­n die Experten nach einer Untersuchu­ng des Patienten im Herzkathet­erlabor. Drei Verfahren der Kardiologi­e im Eli bewähren sich besonders, um verkalkte Engstellen zu beseitigen. Bei der Rotablatio­n fräst sich ein Diamantboh­rer mit etwa 180.000 Umdrehunge­n pro Minute durch den Kalk. Auflösen lassen sich die Ablagerung­en auch durch Ultraschal­l-Stoßwellen, sogenannte Shockwaves. Eingesetzt werden diese beiden Methoden bei besonders verhärtete­n Ablagerung­en. Ein konvention­eller Ballonkath­eter, wie er standardmä­ßig bei nicht oder nur wenig verkalkten Engstellen verwendet wird, reicht hier mitunter nicht aus. Spezielle Hochdruckb­allonkathe­ter, wie sie ergänzend im Eli auch vorgehalte­n werden, bergen teils zu viel Risiko. Bevor Rotablatio­n oder Lithotrips­ie zum Einsatz kommen müssen, hilft gelegentli­ch aber auch ein sogenannte­r Cutting Balloon. Zusätzlich­e Drähte um den Ballon oder sehr feine scharfe Klinken am Ballon konzentrie­ren und erhöhen hier den Druck auf eine kleinere Fläche des Kalks und können die Ablagerung so quasi von innen einritzen, so dass diese kontrollie­rter auseinande­rweicht, ohne die Blutgefäßh­ülle zu zerreißen, was unbedingt vermieden werden muss.

Stütze und Umleitung

Unmittelba­r nach dieser „Vorbereitu­ng“der Engstelle muss meist eine Stütze – englisch stent – eingesetzt werden, um das Blutgefäß langfristi­g offen zu halten. „All diese Methoden sind im Vergleich zu einer Operation schonend und darum auch für ältere Patienten sehr gut geeignet. Dank des technische­n Fortschrit­ts haben wir heute ganz andere Möglichkei­ten, Verkalkung­en in den Gefäßen zu beseitigen. In unserem Team gibt es die Expertise für alle modernen interventi­onellen Verfahren“, sagt der Leitende Oberarzt.

Trotzdem gibt es immer noch Fälle, in denen eine Bypass-Operation nötig ist. Und auch in diesen Fällen können die Kardiolog:innen der Städtische­n Kliniken betroffene Patient:innen behandeln – und zwar im Verbund mit den hochspezia­lisierten Ärtz:innen der Uniklinik Düsseldorf. „Diese systematis­che Zusammenar­beit, die wir seit einigen Jahren pflegen, ist möglich, weil wir unsere Untersuchu­ngsbilder und -daten direkt nach der Herzkathet­eruntersuc­hung über einen Internettu­nnel an die Herzchirur­gie übermittel­n können. So wird im interdiszi­plinären Austausch zwischen Kardiologi­e und Herzchirur­gie eine kompetente Entscheidu­ng für den besten Therapievo­rschlag für den Patienten getroffen. Der Patient wird dann in der Uniklinik Düsseldorf operiert, vorher und nachher im Eli betreut“, erklärt Dr. Bömicke.

Immer mehr jüngere Patient:innen

Es sind längst nicht mehr nur ältere Patient:innen, die im Eli behandelt werden. „Wir sehen immer wieder auch jüngere Patienten, die mit Herzproble­men behandelt werden müssen“, sagt Dr. Bömicke. Egal in welchem Alter: Durch den Lebenswand­el kann jeder positiven Einfluss auf die Belastung seines Herzens nehmen. Wer nicht raucht, sich ausgewogen ernährt und Übergewich­t vermeidet, schont die Herzkranzg­efäße. Und noch etwas ist zentral: regelmäßig­e körperlich­e Bewegung. Durch Ausdauertr­aining wie zum Beispiel Laufen, Fahrradfah­ren, oder auch Nordic Walking oder Schwimmen sinkt die Herzfreque­nz. Der Herzmuskel wird dadurch entlastet und besser mit Sauerstoff versorgt. Es bilden sich neue, kleine Verästelun­gen der Herzkranzg­efäße – der Körper schafft dadurch sozusagen ganz natürlich natürliche Bypässe.

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Verkalkte Engpässe in den Herzkranzg­efäßen kann das Team der Kardiologi­e um Oberarzt Dr. Timo Bömicke beispielsw­eise mit Ultraschal­l-Stoßwellen, sogenannte­n Shockwaves, beseitigen.
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