Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
128 Bäume am Südfriedhof gefällt
Die Rodungsarbeiten auf dem Neusser Südfriedhof sind abgeschlossen. Nun ist der Weg frei für die neue Höchstspannungsfreileitung von Amprion. So sehen die nächsten Schritte aus.
REUSCHENBERG Zweck-Optimisten würden es vermutlich so sehen: Auf dem Reuschenberger Südfriedhof gibt es aktuell so viel Sonnenlicht wie lange nicht mehr. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings ein massiver Eingriff in die Natur, für den die Firma Amprion verantwortlich zeichnet. Und der Grund dafür ist auch nicht die Beseitigung schattiger Plätzchen, sondern die Inbetriebnahme der neuen Höchstspannungsfreileitung zwischen Osterath und Weißenthurm, die auch über Neusser Stadtgebiet führt.
Die aufwendigen Rodungsarbeiten sind mittlerweile abgeschlossen. Auf Nachfrage unserer Redaktion teilt Amprion mit, dass insgesamt 128 Bäume entnommen wurden. Bei 17 Exemplaren mussten zudem die Kronen eingekürzt werden. Was bei einem Gang über das Gelände auffällt: In einigen Bereichen wurden die Bäume nicht komplett samt Wurzelwerk entnommen, sondern lediglich gefällt, sodass vereinzelt Baumstümpfe übrig blieben. Hintergrund ist laut Amprion, dass man an jenen Stellen besonders vorsichtig agieren wollte, um nicht das Risiko einzugehen, dass Gräber beschädigt werden. Die Nacharbeiten sollen somit erst nach einem Abstimmungs-Termin mit der Friedhofsverwaltung umgesetzt werden.
Da sich das Erscheinungsbild des Friedhofs in den betroffenen Bereichen nun deutlich verändert hat, wird eine Fachplanung für die Neugestaltung erstellt. Ziel ist es nach Angaben der Stadt, in der Pflanzperiode im Winter 2024/2025 standortgerechte Sträucher und gegebenenfalls Bäume nachzupflanzen. Jetzt, wo der „Weg“frei ist, sollen im weiteren Verlauf dieses Jahres die Leiterseile montiert werden, durch die später der Strom fließen wird.
Hintergrund des Kahlschlags: Um die Stromtrasse ausbauen und sicher betreiben zu können, müssen vertikale und horizontale Sicherheitsabstände zu den Leitungen eingehalten werden, weswegen auf dem Friedhofsgelände ein Schutzstreifen festgelegt wurde. Dieser ist etwa 360 Meter lang und 70 Meter breit. Zu Maßnahmenbeginn befanden sich dort 536 Bäume – und davon sollte zunächst auch der größte Teil entnommen beziehungsweise ab einer Höhe von 2,50 Meter gekürzt werden. „Nach intensiven Verhandlungen mit Amprion“, so teilt die Stadt mit, habe man schließlich erreichen können, dass deutlich weniger Bäume betroffen sind.
Vor dem Start der Arbeiten hat die Stadt nach eigenen Angaben
noch mögliche Abwehrrechte gegen die angekündigten Rodungen geprüft. Im Ergebnis musste allerdings festgehalten werden, dass der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf seit 2018 bestandskräftig und eine Klage dagegen nicht mehr möglich gewesen sei. Auch zivilrechtlich sei Amprion ausgehend von einer Vereinbarung mit der Stadt zur Nutzung der städtischen Grundstücke berechtigt.
Die Verwaltung wurde nach eigenen Angaben erst im November vergangenen Jahres von Amprion erstmalig über die Notwendigkeit der Rodungsarbeiten informiert. Die Stadt hat der Maßnahme nach eigenen Angaben auch gar nicht zugestimmt und Amprion zunächst aufgefordert, erst einmal die tatsächlich von der Leitungstrasse betroffenen Bäume exakt zu benennen und hinsichtlich einer finanziellen Entschädigung deren Wert zu ermitteln.