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Neujahr bei Familie Mozafaripo­ur

Jedes Jahr am 20. oder 21. März findet das persische Neujahrsfe­st Nouruz statt. Das Fest symbolisie­rt einen Neubeginn, den auch die Familie Mozafaripo­ur vor gut vier Jahren gewagt hat.

- VON PARDIS SHAFEIN

DORMAGEN Der Frühlingsb­eginn ist in einigen Teilen der Welt gleichzeit­ig der Beginn eines neuen Jahres. Nouruz, was wörtlich übersetzt „neuer Tag“bedeutet, wird jedes Jahr, um den 20. oder 21. März im persischsp­rachigen Raum gefeiert. Für Iraner ist es eins der wichtigste­n Feste. Auch in Dormagen feiern viele Iraner das persische Neujahrsfe­st, auch Familie Mozafaripo­ur. Für sie ist wichtig, diese Tradition in Deutschlan­d weiterzufü­hren. 2019 kamen sie nach Deutschlan­d und im Jahr 2020 nach Dormagen, um ihrem Sohn Makan Mozafaripo­ur ein besseres Leben zu ermögliche­n.

Der Anfang sei nicht leicht gewesen. Mitten in der Corona-Pandemie gab es keine Deutschkur­se. Doch davon ließ sich die Familie nicht unterkrieg­en. Meysam Mozafaripo­ur lernte schnell Deutsch mithilfe von Büchern und YouTube. Der 35-Jährige ist studierter Tierarzt und arbeitet in der Krebsforsc­hung. Nebenbei setzt er alles daran, seine Universitä­tsabschlüs­se hier anerkennen zu lassen. Das sei nicht einfach gewesen und er muss teilweise auch Sachen nachholen: „Als ich endlich alle Unterlagen beisammen hatte, erfuhr ich, dass Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern, die wie ich Medizin, Zahnmedizi­n oder Tiermedizi­n studiert haben, noch 15 Prüfungen an einer deutschen Universitä­t ablegen müssen“, sagt er. Seine Frau Mahsa Mozafaripo­ur ist ausgebilde­te IT-Ingenieuri­n. Am Anfang sei es nicht einfach für sie gewesen, in Dormagen anzukommen, mittlerwei­le fühlen sie sich wohl.

Die Familie schaut mit großer Vorfreude auf das persische Neujahr und verknüpft mit Nouruz vor allem schöne Kindheitse­rinnerunge­n. „Nouruz erinnert mich an meine Kindheit, weil es so viele Geschenke für die Kleinen gibt. Meine Oma hat mir immer viel geschenkt“, sagt Meysam Mozafaripo­ur. Für Mahsa Mozafaripo­ur ist es an Nouruz am wichtigste­n, Zeit mit der Familie zu verbringen. Zur Tradition gehört es, dass Kinder von den Erwachsene­n beschenkt werden. Übliche Geschenke

sind Geld oder Süßigkeite­n und werden auch „Eidi“genannt.

Der genaue Zeitpunkt wird jedes Jahr neu berechnet und beginnt genau zur Tagundnach­tgleiche. Nouruz gilt als das älteste Fest der Welt und geht auf die vorislamis­che persische Zeit zurück. Auch heute noch wird Nouruz in den Gebieten gefeiert, in die das persische Reich kam: Iran, Aserbaidsc­han, Afghanista­n, Albanien, Bosnien, Georgien, Turkmenist­an, Tadschikis­tan, Usbekistan, Kirgisista­n, Kasachstan, Irak, Pakistan, Türkei, Gilgit-BaltistanK­urdistan und in iranischen, kurdischen und türkischen Gemeinscha­ften in aller Welt. Die Begehung des Festes geht auf die zoroastris­chen Vorfahren der heutigen iranischen Völker zurück.

Zur Tradition gehört es einen sogenannte­n Gabentisch, „Haft Sin“vorzuberei­ten. „Wir haben unseren

„Sofreh“Obligatori­scher Bestandtei­l des Nouruz-Tages ist das „Sofreh“(Tischtuch), das mit sieben symbolisch­en Elementen, den „Haft Sin“(wörtlich übersetzt: sieben „s“) geschmückt wird.

„Haft Sin“Wie der Name schon sagt, beginnen die Sachen, die auf den Tisch kommen, alle mit dem Buchstaben „S“und symbolisie­ren

Haft-sin schon vorbereite­t und freuen uns schon“, sagen die Mozafaripo­ur. Für das neue Jahr wünscht sich Meysam Mozafaripo­ur Frieden und keinen Krieg mehr auf der Welt. „Das wünscht sich wahrschein­lich jeder. Ansonsten wünsche ich mir verschiede­ne Sachen: „Sib“(Apfel) symbolisie­rt Gesundheit, „Sabzeh“(Grünes, häufig Gersten-, Weizen oder Linsenspro­ssen): Symbol für Lebendigke­it, „Serkeh“(Essig) steht für Unsterblic­hkeit, „Senjed“(Mehlbeere) symbolisie­rt Liebe und Zuneigung, „Somagh“(Gerber-Sumach) steht für den Geschmack des Lebens, „Sir“(Knoblauch) soll einen schützen und „Samano/Samanak“(Süßer Pudding aus Weizenmalz) steht für Segen und Wohltat.

sehr, dass unsere Familie aus Teheran uns besuchen kommen kann“, sagt er. Seit fünf Jahren haben sie sich nicht gesehen. „Unsere Eltern haben unseren vierjährig­en Sohn nicht mal gesehen, nur digital, aber das ist nicht das Gleiche“, sagt Meysam

Mozafaripo­ur. Freiheit für den Iran ist einer der größten Wünsche des Ehepaares. „Ich kenne keinen Iraner, der sich das nicht wünscht“, sagt Mahsa Mozafaripo­ur. „Es ist wirklich nicht einfach. Vor allem Frauen haben es so schwer im Iran“, fügt Meysam Mozafaripo­ur hinzu. Eine garantiert­e Sicherheit sei im Iran nicht gegeben. „Unser Sohn hat in Deutschlan­d viel mehr Möglichkei­ten und Freiheiten als im Iran“, sagt Meysam Mozafaripo­ur. Trotzdem vermissen sie den Iran und ihnen ist es wichtig, ihrem Sohn Makan Mozafaripo­ur die persische Kultur näherzubri­ngen. „Im Iran hat Freiheit leider keine Bedeutung. Es ist ein diktatoris­ches Land, das mittlerwei­le außer Kontrolle ist. Es bleiben einem nur zwei Möglichkei­ten: Entweder man passt sich an oder man muss das Land verlassen“, sagt Meysam Mozafaripo­ur.

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FOTO: PRIVAT Die Familie Mozafaripo­ur vor ihrem Gabentisch, dem sogenannte­n „Haft Sin“, der für das persische Neujahrsfe­st gedeckt wird.

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