Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Welt muss erfahren, was wirklich geschah“

- VON ELLA MALOMO

Knapp 200 Besucher kamen in das Martin-Luther-Haus, um sich die Berichte von den zwei Überlebend­en des Anschlags der Hamas am 7. Oktober 2023 in Isreael anzuhören.

NEUSS Rotem Katz und Nadav Tzabari erinnern sich noch beide sehr genau, an den Abend vor dem 7. Oktober. ,,Es war ein wunderschö­ner Freitag. Wir haben zusammen mit unseren Familien und Freunden draußen im Garten gesessen, Gesellscha­ftsspiele gespielt und sehr gut gegessen. Das Wetter war traumhaft. Die Vögel zwitschert­en und die Welt schien mit sich im Einklang zu sein. Es war unvergessl­ich schön“, berichtet Rotem Katz, der genau wie Nadav Tzabari als Lehrer in Israel arbeitet.

Auf Einladung der jüdischen Gemeinde in Neuss haben die beiden nun berichtet, wie sie den 7. Oktober und den terroristi­schen Anschlag der Hamas auf den Kibbuz Nahal Oz, bei dem rund 1200 Menschen umgebracht wurden, erlebt haben. Vor knapp 200 Zuhörern erzählen beide zunächst, wie zufrieden sie bisher mit ihrem einfachen Leben in ihrem kleinen Häuschen waren.

Was dann in der Nacht zum 7. Oktober geschah, ist für beide bis heute unbegreifl­ich. Nadav Tzabari war zu diesem Zeitpunkt der Chef des Emergency Teams im Kibbuz Nahal Oz und wurde als einer der ersten morgens um sechs Uhr per Funk benachrich­tigt. ,,Man hörte bereits Sirenen und Bomben. An die Sirenen waren wir gewöhnt, das war nichts Neues für uns, aber an diesem Morgen war etwas anders. Der Lärm von draußen war ohrenbetäu­bend“, erzählt er. „Dann bekam ich eine Nachricht auf mein Funkgerät von einem Freund, der schrieb: Nadav hier sind Hunderte von Terroriste­n. Überall fliegen Raketen. Bitte informiere die Gemeinde. Ich stehe an erster Front und kämpfe. Ich werde es nicht schaffen. Bitte rette die Gemeinde. In Liebe Elan.“Das war die letzte Nachricht die Nadav von seinem Freund bekam, bevor dieser im Kampf gegen die Hamas starb. ,,Wir haben uns zu dem Zeitpunkt nicht ausmalen können, was da draußen um uns herum passierte. Über einen Notruf informiert­en wir die Gemeinde und versuchten, das Militär zu erreichen, doch niemand von der Armee antwortete. Die Leitungen waren komplett überlastet“, erinnert sich Nadav.

Die Gemeinde versuchte sich, nach dem abgesetzte­n Notruf in ihre hauseigene­n Schutzräum­e zu flüchten, doch für viele Menschen war dieser Schutz nicht ausreichen­d genug. ,,Sie schossen durch die Türen und durch die Fenster durch und töteten alles und jeden, der ihnen entgegenka­m“, erzählt Rotem.

Die beiden berichten, wie die Hamas Terroriste­n an einem Haus stehen blieben und einen 15-jährigen Jungen, der im Dorf sehr beliebt

Terrorangr­iff Circa 1200 Menschen wurden am 7. Oktober 2023 durch die Hamas im Kibbutz Nahal Ost getötet. Mehr als 5400 verletzt und ungefähr 240 entführt. Ein Teil der Geiseln wurde inzwischen frei

war, entführten. Die Terroriste­n sagten ihm, dass er von Haus zu Haus gehen müsse und den Bewohner mit seiner bekannten Stimme sagen müsse, dass sie ihre Schutzräum­e verlassen sollen, andernfall­s würden sie die Familie des Jungen töten. Der Junge gehorchte. Reihenweis­e Menschen verließen ihre Schutzbunk­er nach dem Aufruf des Jungen und wurden selbst getötet.

Währenddes­sen schafften Rotem gelassen, doch bis heute befinden sich noch immer mehr als 30 Geiseln in der Gewalt der Hamas.

Spenden Die jüdische Gemeinde bittet um Spenden für die hinterblie­benen Opfer des Kibbutz Nahal Ost unter www.paypal.com/paypalme/nahaloz

und Nadav es, sich in ihren Schutzräum­en leise und versteckt zu halten. ,,Wir haben gedacht, es könnte nicht schlimmer kommen und dann kamen normale Zivilisten aus dem Gaza Streifen und drangen zu der Hamas auch noch in unsere Häuser ein. Sie aßen Wassermelo­ne und sangen fröhliche Lieder in unseren Häusern, während wir nebenan in den Schutzräum­en um unsere Leben bangten. Es war abartig“, erinnert sich Rotem.

Die Hamas filmte ihre brutalen Taten und luden diese teilweise live als Video auf Social Media hoch. ,,Am Abend kam dann endlich das Militär zur Hilfe. Mit Bussen holten sie uns aus unserem Albtraum heraus und brachten die Überlebend­en an einen sicheren Ort. Wir sind ihnen unendlich dankbar, dass sie uns in eine Gemeinde gebracht haben, die uns sofort mit allen wichtigen und notwendige­n Dingen ausstattet­en.“

Für Rotem Katz und Nadav Tzabari ist seit jenem Tag, an jedem Morgen, wenn sie aufwachen, der 7. Oktober. ,,Die Welt muss erfahren, was an dem Tag wirklich geschah. Die Menschen sollen aufstehen und die Wahrheit erfahren und sie weitertrag­en. Erzählt unsere Geschichte, sagt die Wahrheit und steht auf für uns und für die Demokratie“, so der Appel der beiden.

 ?? FOTO: ANDREAS WOITSCHÜTZ­KE ?? Rotem Katz und Nadav Tzabari haben das Massaker am 7. Oktober in Kibbuz Nahal Oz überlebt. Auf Einladung der jüdischen Gemeinde mit Bert Römgens (r.) als Direktor sprachen sie im Neusser Martin-Luther-Haus über ihre Erlebnisse.
FOTO: ANDREAS WOITSCHÜTZ­KE Rotem Katz und Nadav Tzabari haben das Massaker am 7. Oktober in Kibbuz Nahal Oz überlebt. Auf Einladung der jüdischen Gemeinde mit Bert Römgens (r.) als Direktor sprachen sie im Neusser Martin-Luther-Haus über ihre Erlebnisse.

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