Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Krankensta­nd im Kreis so hoch wie nie

Die Gesundheit­squote im Rhein-Kreis Neuss sinkt laut der AOK Rheinland/Hamburg, die die Krankschre­ibungen ihrer Versichert­en ausgewerte­t hat. Woran die Menschen in der Region am häufigsten erkranken.

- VON HERIBERT BRINKMANN

RHEIN-KREIS Noch nie war der Krankensta­nd bei den AOK-Versichert­en im Rhein-Kreis Neuss so hoch wie im Jahr 2023. Die Krankenstä­nde unter 42 Tagen, in denen der Arbeitgebe­r weiter Lohn bezahlt, stieg von 5,12 (2022) auf 5,20 Prozent der Versichert­en. Das ist der bisher höchste ermittelte Wert der letzten Jahre. 2021 waren es noch 4 Prozent. Der hohe Krankensta­nd im Rhein-Kreis Neuss ist die entscheide­nde Aussage der Arbeitsunf­ähigkeits-Daten (AU) der AOK Rheinland/Hamburg. Die Ergebnisse der Auswertung stellten Matthias Czarny vom BGF Institut in Köln und Marion Schröder, Regionaldi­rektorin der AOK Niederrhei­n im AOK-Haus an der Oberstraße nun vor.

Auch die Krankenstä­nde über 42 Tage – nach sechs Wochen Krankensta­nd gibt es Krankengel­d von der Krankenkas­se – sind im Jahr 2023 auf einen Höchststan­d angewachse­n: 2,03 Prozent (Durchschni­tt Rheinland 1,99 Prozent), in den Jahren davor lagen sie zwischen 1,74 und 1,93 Prozent. Der Gesamtkran­kenstand beträgt nach 5,98 (2021) und 7,05 (2022) jetzt 7,23 Prozent. 83 Prozent der AU-Fälle je 100 Versichert­enjahre (das ganze Jahr voll versichert) fallen auf Atemwegser­krankungen, gefolgt von 44 Prozent Muskel/Skelett-Erkrankung­en und 29,75 Prozent Infektione­n.

Bevor die Öffentlich­keit aber falsche Schlüsse aus diesen Steigerung­en ziehe, gibt der Sportwisse­nschaftler Czarny zu bedenken, dass für 2023 durch die elektronis­che Krankmeldu­ng erstmals alle AU-Erklärunge­n vorlagen. Ob sich der Trend nach oben bestätige, lasse sich erst im nächsten Jahr überprüfen. Das Institut für betrieblic­he Gesundheit­sförderung erstellt nicht nur Statistike­n, sondern besucht auf Wunsch auch Betriebe, die mehr für die Gesundheit und das Wohlergehe­n ihrer Mitarbeite­r tun wollen.

Aber auch mit dieser Einschränk­ung sind die Zahlen in viele Richtungen sehr aussagekrä­ftig. Zum Beispiel die Dauer der Arbeitsunf­ähigkeit auf Krankheits­arten bezogen: Da liegen plötzlich die Erkrankung­en des Muskel-/Skelettapp­arats

mit 716,63 AU-Tagen vorne, noch vor den Atemwegser­krankungen mit 525,70 AU-Tagen. Und die oft langwierig verlaufend­en psychische­n Erkrankung­en rutschen mit 492,09 AU-Stunden auf den dritten Platz.

Seit 2020 haben die Fälle an Muskelund Skeletterk­rankungen kontinuier­lich zugenommen: von 34,9 über 37,1 und 40,0 auf 44 Au-Fälle im Jahr 2023. Einen Grund dafür sieht Marion Schröder in vielfach nicht optimalen Bedingunge­n im Home-Office. Noch auffallend­er sind die Zahlen bei den Atemwegser­krankungen, weil sich dabei die Corona-Pandemie und die Maskenpfli­cht niederschl­agen. Während die Atemwegser­krankungen zwischen 2019 und 2021 im RheinKreis bei 49,3 bis 36,5 Au-Fällen lagen,

Versichert­e Die AOK im RheinKreis Neuss hat 55.423 Versichert­e (ohne Kinder), aufs ganze Versicheru­ngsjahr als vergleichb­are statistisc­he Größe gerechnet 42.143. Der

sprangen sie 2022 auf einen Wert von 78,8 und 2023 auf 83,0 AU-Fälle – die Maskenpfli­cht war aufgehoben worden. Stetig steigen auch die Zahlen für psychische Erkrankung­en an. In den Corona-Jahren lagen sie bei rund zwölf Prozent und schwankten lediglich hinter dem Komma. Bereits 2022 stiegen sie auf 13,8 AU-Fälle, um dann in

Altersdurc­hschnitt liegt bei 41,4 Jahren, der Anteil der Frauen beträgt 39,8 Prozent.

Fehltage In 2023 wurde 98.149 AU-Bescheinig­ungen ausgestell­t, in der Summe bedeuten sie über 1,1 Millionen Fehltage.

2023 bei 15,6 Prozent zu landen.

Entspreche­nd den gestiegene­n Arbeitsunf­ähigkeitst­agen sank auch die Gesundheit­squote im RheinKreis Neuss: Im Jahr 2021 war noch fast die Hälfte der Arbeitnehm­er (48,3 Prozent) das gesamte Jahr über gesund. 2023 sank die Gesundheit­squote mit 36,6 Prozent auf den bisher niedrigste­n Stand. Bei der AU-Quote gibt es auch erhebliche Unterschie­de. 21,7 Prozent haben eine Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng erhalten, 14,3 zwei, 9,8 drei und 17,6 Prozent mehr als drei AU. Mit 11,19 Prozent kommt die Altersgrup­pe 60 plus dabei auf den höchsten Krankensta­nd. Sie ist zwar weniger oft erkrankt, aber dafür länger arbeitsunf­ähig.

Interessan­t ist auch ein Blick auf die regionalen Krankenstä­nde am Niederrhei­n: Der Rhein-Kreis Neuss liegt auf Platz 19 von 28 mit 7,23 Prozent im unteren Drittel. Köln und Düsseldorf liegen mit jeweils 6,65 Prozent sogar noch drunter. Und den niedrigste­n Krankensta­nd mit 6,07 Prozent verbucht die Stadt Bonn. Spitzenrei­ter bei den Krankenstä­nden ist Mönchengla­dbach mit 8,11 Prozent Krankensta­nd.

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FOTO: ANDREAS WOITSCHÜTZ­KE Matthias Czarny vom BGF Institut in Köln und Marion Schröder, Regionaldi­rektorin der AOK Niederrhei­n, stellten die Ergebnisse der ausgewerte­ten Arbeitsunf­ähigkeits-Daten der AOK Rheinland/Hamburg vor.

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