Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

UN-Auszeichnu­ng für Erftrenatu­rierung

Der Erftverban­d muss bis 2030 die Erft auf 40 Kilometer Länge „umbauen“. Das angestrebt­e Ergebnis kann schon jetzt auf dem renaturier­ten Abschnitt vor der Flussmündu­ng besichtigt werden. Ihn hält man auch bei der UN für vorbildlic­h.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

GNADENTAL/BERGHEIM Der Eisvogel ist wieder da. Schon deshalb freut sich Erftverban­dsvorstand Professor Heinrich Schäfer darauf, bald Exkursione­n mit seinen Studenten von der RWTH Aachen ins renaturier­te Auengebiet am Unterlauf der Erft unternehme­n zu können. Noch mehr freut ihn nur, dass das Projekt „Erftverleg­ung Gnadental“als UNDekade-Projekt ausgezeich­net wurde. Sabine Riewenherm, Präsidenti­n des Bundesamte­s für Naturschut­z, überbracht­e am Donnerstag Preis, Signet und Urkunde in die Erftverban­ds-Zentrale in Bergheim. Ob sie wiederkomm­en darf, um den Preis als Projekt des Jahres übergeben zu dürfen, entscheide­t sich in einem Publikumsv­oting mit sechs Kandidaten aus dem ganzen Bundesgebi­et.

Dietmar Jansen wartet das nicht ab. Der Bereichsle­iter Gewässer beim Erftverban­d kündigte an, die in der Kategorie „Gewässer und Auen“errungene Auszeichnu­ng umgehend werbewirks­am regelrecht ausschlach­ten zu wollen. Die 2022 beendete Renaturier­ung an Unterlauf und Mündung ist, so Jansen, „kein Solitär, sondern eingebette­t in etwas ganz Großes“. Nämlich den „Umbau“der Erft auf einer Länge von 40 Kilometern, um den Fluss auf die Zeiten vorzuberei­ten, in denen ihn nicht mehr zu zwei Dritteln das Sümpfungsw­asser aus den Braunkohle­gruben füllt. Weil der Erftverban­d dafür nicht mehr bis 2045 Zeit hat, wie man in Bergheim 2005 bei Verabschie­dung des Perspektiv­konzeptes Erft glaubte, sondern wegen des vorgezogen­en Kohlaussti­egs schon 2030 durch sein muss, „haben wir nur einen Versuch, um das zu schaffen“, sagt Jansen. Und das nun ausgezeich­nete Vorzeigepr­ojekt Gnadental soll dabei Motivation aber auch Überzeugun­gshelfer sein.

In 23 Planungsab­schnitte war die Erft zwischen Bergheim und Gnadental eingeteilt worden. Fünf sind abgearbeit­et, zwei in der Umsetzung und viele andere in der Planung. Für den 6,1 Kilometer langen Erftabschn­itt Wevelingho­ven-Kapellen-Neubrück im Grevenbroi­cher Stadtgebie­t wurde gerade ein Beschleuni­gungsplan mit den Ministerie­n abgestimmt, so Jansen, um vier ehemalige Planungsze­llen in einem Verfahren bündeln zu können. Fertigstel­lungstermi­n: 2029 und damit in der Frist. Das wird nicht überall gelingen und muss es auch nicht, wie Jansen erklärt. Denn an einigen Stellen will der Verband auch auf die dynamische Eigenentwi­cklung des Flusses setzen.

In Neuss wird bis 2030 nur der Abschnitt am Unterlauf fertig. Übrig bleiben 5,6 Kilometer, die in den Abschnitte­n Eppinghove­n und Weckhoven-Holzheim 2030 und Selikum beziehungs­weise Reuschenbe­rg sogar erst 2032 planerisch angegangen werden. Gerade der Abschnitt Selikum stellt, weil da die Erft eng an einem Siedlungsb­ereich vorbeiflie­ßt, eine besondere Herausford­erung dar, wie Henrike Mölleken betont, die Leiterin des Neusser Amtes für Umwelt und Klima. Sie woltle am Rande der Preisverle­ihung vor allem wissen, ob wegen der Renaturier­ung in der Nachbarsch­aft des Flusses nasse Keller zu erwarten sind. Das konnte Jansen glatt verneinen.

Mit dem UN-Projektwet­tbewerb sollen Vorhaben hervorgeho­ben werden, bei denen es um die Wiederhers­tellung von Ökosysteme­n geht. So haben es sich die Vereinten Nationen vorgestell­t, als sie die Jahre 2021 bis 2030 zur UN-Dekade mit diesem Ziel erhoben. Sabine Riewenherm nannte viele Gründe, warum die Erftverleg­ung – neben einem Passauer Projekt zum Schutz der Flussperlm­uschel und dem Programm „100 Wilde Bäche für Hessen“

– eines der Top-3-Projekte geworden ist. Als entscheide­ndes Plus nannte sie die Kopperatio­n mit der TH Köln, die eine Lernplattf­orm etabliert und digitale Formate wie einen virtuellen Aussichtst­urm beigesteue­rt hat. Was von dem aus bei einem virtuellen Rundgang durch die Renaturier­ung an Erfolgen und Veränderun­gen zu sehen ist, beschrieb bei der Preisverle­ihung Martina Jüttner, die Projektlei­terin beim Erftverban­d. „Es tümpelt“, sagte sie und erwartet rasch eine natürliche Entwicklun­g mit Böschungsa­bbrüchen. Ideal für den Eisvogel, der dann vielleicht nicht mehr nur vorbeischa­ut, sondern an der Erft auch brütet.

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FOTO: -NAU Erftverban­dsvorstand Heinrich Schäfer, Sabine Riewenherm (Präsidenti­n des Bundesamte­s für Naturschut­z) und die Projektver­antwortlic­he Martina Jütter (v.l.) bei der Preisverle­ihung.
 ?? FOTO: ERFTVERBAN­D ?? Die „Erftverleg­ung Gnadental“hat in der Kategorie „Gewässer und Auen“überzeugt und wurde von den Vereinten Nation als eines von drei Top-Pprojekten zur Wiederhers­tellung von Ökosysteme­n ausgezeich­net.
FOTO: ERFTVERBAN­D Die „Erftverleg­ung Gnadental“hat in der Kategorie „Gewässer und Auen“überzeugt und wurde von den Vereinten Nation als eines von drei Top-Pprojekten zur Wiederhers­tellung von Ökosysteme­n ausgezeich­net.

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