Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Trends in der Neusser Gastro-Szene

- VON ANDREA HANISCH

Die Situation in der Branche ist angespannt. Doch der hohe Kostendruc­k trifft nicht nur die Gastronome­n, sondern auch die Gäste. Deshalb setzen Betreiber in Neuss auf unterschie­dliche Konzepte.

NEUSS Die Stimmung in der Branche ist mau, einige sind zufrieden, viele machen Verluste im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Die Gastwirte kämpfen mit einigen Problemen, weiß der Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga), Thorsten Hellwig: „Die Situation in Neuss ist ambivalent. Einerseits ist mit der weiterhin erhöhten Mehrwertst­euer auf 19 Prozent der Kostendruc­k weiter erhöht, anderersei­ts haben wir tatsächlic­h gut besuchte Lokale.“Nur leider werde wegen des hohen Kostendruc­ks auch weniger konsumiert, sagt Hellwig. Ein Restaurant­besuch sei aber mehr als einfach nur „schön essen zu gehen“, so der Fachmann: „Man bekommt als Gast ja hier das ganze Paket: eine gepachtete Immobilie, das Ambiente, die Beschäftig­ten, die Ware und der Unternehme­rlohn.“

Letzterer ist schon ganz schön gesunken, weiß auch Gastronomi­n Judith Rusch von „Alnors Reiterstüb­chen“: „Wir haben jetzt, nach zwei bis drei Monaten erst gemerkt, dass die Mehrwertst­euererhöhu­ng tatsächlic­h selbst die höheren Preise wieder frisst und dadurch ist unser Umsatz schon Anfang des Jahres gesunken.“Sie hat mit ihrem Verlobten Alnor Schmidt das Restaurant vor fünf Jahren übernommen, ist aber trotzdem mit dem Zuspruch der Gäste zufrieden: „Wir haben immer noch mehr davon, wenn die Gäste dreimal im Monat kommen, als wenn sie nur einmal kommen, weil sie finden, dass alles zu teuer ist.“Doch die Gäste sagen ihr auch ehrlich, dass sie bei den Getränken sparen müssen: „Sie bestellen dann ein Bier und eine Cola und trinken den Wein zuhause“, so Rusch.

Das Reiterstüb­chen habe mittlerwei­le viele nicht reitende Gäste auch aus Dormagen und Düsseldorf, die besonders schätzen, dass alles vom Dressing bis hin zum Burgerbröt­chen selbst gemacht ist. Gastronomi­n Rusch macht auch die Kräuterbut­ter selbst und sieht als Trend, dass viele vegetarisc­h essen wollen: „Die Nachfrage nach vegetarisc­hen Gerichten ist groß“, sagt sie. „Außerdem haben wir immer wieder regionale Gerichte auf unserer Wochenkart­e. Trotzdem verkaufen wir nach wie vor mehr Burger als Salate“, schmunzelt sie.

Hoffnung macht vielen Gastronome­n die nahende Freiluftsa­ison. Viele hätten schon in der letzten Woche davon profitiert, als der Sommer für kurze Zeit vorbeikam, sagt Michael

Bilanz 2023 Hotels gehe es wirtschaft­lich besser als Gaststätte­n, sagt der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) Nordrhein. Doch mit einem Minus von 15 Prozent realen Umsatzverl­usten liegen sowohl Gastronomi­e als auch

Schatten, Wirt vom „Rheingold“in der Neustraße. „Da hatten wir Glück“, freut sich der Gastronom. „Wir haben 100 Sitzplätze drinnen und 100 draußen.“Sorgen machen ihm und seiner Frau die hohen Preise, die er jetzt veranschla­gen muss. „Wir mussten die Preise um bis zu zwölf Prozent erhöhen“, bedauert er. Das schlägt sich schon auf den Restaurant­besuch seiner Gäste nieder: „Am Wochenende kommen sie ja, aber in der Woche sieht es traurig

Hotellerie in NRW mit den Umsätzen laut Verband immer noch deutlich unter Vor-Corona-Niveau. Mitglieder Der Dehoga, die „Stimme des Gastgewerb­es“, ist die Berufsvere­inigung im Gastgewerb­e für Hotellerie und Gastronomi­e mit 5500 Mitgliedsb­etrieben zwischen Emmerich und Bonn. Er hat seinen Sitz in Neuss.

aus. Die Gäste sind wegen der höheren Preise zurückhalt­ender geworden, sie bestellen kaum noch eine Vor- oder Nachspeise“.

Alexander Bliersbach, Chef vom „Drusushof“hat deswegen schon im vergangene­n Oktober vorgesorgt und sich als zweites Standbein eine Metzgerei dazu gekauft. Er ist somit als einer von wenigen Wirten zufrieden mit seinem Geschäft, denn durch die Metzgerei bedient er nun auch die Gäste, die lieber zuhause feiern wollen. „Ich habe auch während Corona keinen entlassen, ich habe gutes, zuverlässi­ges Personal“, sagt der Koch. „Natürlich sehen wir auch die Veränderun­gen im Gastverhal­ten, es gibt nicht mehr viele Gesellscha­ften von zehn bis 20 Personen. Die feiern dann lieber mit einem Caterer, weil es günstiger ist.“

Doch die Stammkunds­chaft sei ihnen treu geblieben. Das liege vielleicht auch an der Transparen­z, die sich Bliersbach selbst verschrieb­en hat, vermutet der Gastronom. „Bei uns kann man auf der Karte oder im Internet jederzeit nachlesen, woher unsere Produkte stammen. Sie sind vor allem eines: regional.“Die Rinder kommen aus Simmerath, der Spargel aus Nievenheim und der Honig aus Holzheim. Und Bliersbach versucht auch, auf einfache Weise Energie und Müll zu sparen, indem er Schmorgeri­chte nur im Winter anbietet und den Müll besonders sorgfältig trennt: „Man muss sich der Situation halt anpassen“, fasst der Wirt zusammen.

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FOTO: SUSANNE DOBLER Judith Rusch und Alnor Schmidt vom Restaurant „Alnors Reiterstüb­chen“setzen auf Selbstgema­chtes: vom Dressing bis zum Burgerbröt­chen.

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