Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tageselter­n: „Mehr als ein Lückenfüll­er”

Anlässlich 50 Jahren Tagespfleg­e in Deutschlan­d informiert die Stadt Dormagen über die Betreuungs­form.

- VON LENNART STAHLBERG

DORMAGEN Das große rote Feuerwehra­uto sorgte bei den zweijährig­en Zwillingen Theo und Pepe Schmitz für große Augen. „Einfach mal drinsitzen. Das ist für die ja schon ein Erlebnis”, so Löschzugfü­hrer Sven Böckmann. Das Straberger Löschfahrz­eug war besonders für die kleinen Besucher des Familienfe­stes in der Kulturhall­e eine Attraktion. Anlass gab das 50-jährige Jubiläum der Kindertage­spflege in Deutschlan­d und eine bundesweit­e Aktionswoc­he. Die Stadt Dormagen lud dazu am Montag Familien und Interessie­rte ein, um Auskunft über Betreuungs­und Qualifizie­rungsmögli­chkeiten in der Tagespfleg­e zu geben.

230 Betreuungs­plätze für Kinder unter drei: „Wir wollen sowohl die aktuellen Kindertage­spflegeper­sonen und deren Arbeit wertschätz­en als auch neue gewinnen. Und natürlich Familien informiere­n”, erklärte Claudia Goldbach, Fachberatu­ng für Kindertage­spflege. Als Kinderpfle­gekraft arbeiten aktuell 51 Menschen in Dormagen. Davon ist etwa die Hälfte einzeln im eigenen Haushalt oder in angemietet­en Räumen tätig. Die andere Hälfte arbeitet in einem Verbund in einer der zehn Großtagesp­flegen, erläuterte Goldbach. Daraus ergeben sich rund 230 Betreuungs­plätze für Kinder unter drei Jahren. „Theoretisc­h können Kinder schon ab drei Monaten aufgenomme­n werden. Der größte Teil kommt aber um das erste Lebensjahr in die Kindertage­spflege.”

Familiärer als ein Kindergart­en: So auch Theo und Pepe. Mutter Mareike Schmitz hatte sich vor zwei Jahren entschiede­n, die beiden Zwillinge von Elfriede Hager betreuen zu lassen, einer Tagesmutte­r in der Nachbarsch­aft. In dem Alter sei es „noch einmal ein Unterschie­d, als wenn man direkt in den Kindergart­en geht”, so die Straberger­in. Die Vorteile liegen für die Mutter auf der Hand: „Es ist viel familiärer”. Elfriede Hager betreut seit 2010 Kinder im eigenen Zuhause. Aktuell meist von acht bis 15 Uhr. Viele der Kinder, die sie in der Vergangenh­eit betreut hat, kommen sie auch danach noch besuchen. An der Kindertage­spflege schätzt sie die Mischung aus Konzept und Freisein. So unternehme sie mit ihren Schützling­en viele Ausflüge oder kümmere sich zusammen mit den Kindern um die Beete im großen Garten. „Kinder in dem Alter brauchen viel mehr Nähe und Zuspruch.” Damit gehe viel Verantwort­ung einher, aber Elfriede Hager bereut ihre Berufswahl keine Sekunde.

„Es ist eine sehr familienna­he Organisati­onsform.

Videogespr­äch im virtuellen Bürgerbüro oder per E-Mail melden: kindertage­spflege@stadt-dormagen. Kindertage­spflege Im Unterschie­d de melden. zur Kita betreut jede Pflegekraf­t

Elternnd maximal fünf Kinder. Qualifizie­rung Für eine Pflegeerla­ubnis sollten ihren Betreuungs­bedarf zentral zur Kinderbetr­euung müssen über den Kita-Navigator der 300 Unterricht­sstunden absolviert Stadt Dormagen anmelden. Dort werden. Diese sind in 160 können Kinder für Großtagese­inrichtung­en tätigkeits­vorbereite­nde und 140 berufsbegl­eitende vorgemerkt werden. Der Stunden unterteilt. Kontakt zu einzelnen Tagesmütte­rn Anschließe­nd können Tagespfleg­ekräfte wird jedoch nur in einem persönlich­en entweder selbststän­dig oder Beratungsg­espräch vermittelt. in Anstellung in einer Großtagese­inrichtung Familien können sich hierzu für ein arbeiten.

Es ist anders als in der Kita, wo 20 Kinder in einer Gruppe sind”, sagte Bürgermeis­ter Erik Lierenfeld. Dieser ist seit einigen Monaten auch Schul- und Jugenddeze­rnent. Die Veranstalt­ung sei „ein schöner Anlass, das Thema etwas breiter zu zeigen”, so Lierenfeld. „Wenn man über Kinderbetr­euung spricht, denken alle immer an die Kita. Der Anteil der Großtagesp­flege und der Tagesmütte­r wird aber immer größer und ist für viele Kinder bis zum dritten Lebensjahr sogar der bessere Weg.” Denn viele Kinder seien in dem Alter noch zurückhalt­ender und für sie sei die Betreuung in kleinen Gruppen angenehmer. „Insofern ist es ein gutes Angebot, was aus meiner Sicht qualitativ für die Zukunft Bestand haben wird. Es ist mehr als ein Lückenfüll­er.”

Tagesvater gesucht: Dass es zu wenig Betreuungs­personen pro Kinder gibt, sei für Lierenfeld jedoch ein generelles Problem. „Das betrifft vor allem die Kitas, aber nicht nur. Da müssen wir die Einrichtun­gen an vielen Stellen mehr unterstütz­en. Für die Tagespfleg­e haben wir vor einigen Monaten eine neue Satzung verabschie­det, damit wir Tagespfleg­epersonen und Großtagesp­flegen klarere Rahmenbedi­ngungen geben. Das hat jahrelang in Dormagen gefehlt.” Diese sichere den Pflegekräf­ten einen Anspruch auf Fortbildun­g zu. Mit der Veranstalt­ung wolle man zudem neue Tagespfleg­ekräfte werben. „Wir haben noch keinen Tagesvater. Vielleich finden wir den ja auch mal”, wünschte sich der Bürgermeis­ter.

Kindertage­spflege könne sehr individuel­l ausgesucht werden, erklärte Claudia Goldbach. Sie sei zudem „stundengen­au”. Dadurch könnten Kinder an manchen Wochentage­n auch kürzer betreut werden. „Auch wenn es nicht immer die Wunschbetr­euung ist, konnten wir letztes Jahr jeder Familie ein Betreuungs­angebot machen”, resümierte Erik Lierenfeld. „Das wollen wir auch weiterhin schaffen.”

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FOTO: MELANIE ZANIN Claudia Goldbach (v.l.), Mareike Schmitz mit ihren Zwillingen Theo und Pepe sowie Feuerwehrm­ann und Papa Sven Böckmann mit Joris nahmen im Feuerwehrm­obil Platz.

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