Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit Geld der Stadt dem Bauverein helfen

Neue Wohnungen gibt es in Neuss fast keine, der städtische Bauverein arbeitet bis zum Jahresende letzte Vorhaben ab. Weil die wohnungswi­rtschaftli­che Lage schwierig ist, soll die Stadt helfen. Kritiker sprechen von einem „Null-Effekt“.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Der Neusser Bauverein baut – aber bald nur noch Kitas oder die Feuerwache Süd. Der eigene Wohnungsba­u wird, wenn Anfang Oktober am Hohen Weg die letzten 24 Wohnungen bezugsfert­ig werden, angesichts der Gesamtsitu­ation im Bausektor vollständi­g eingestell­t. Um ihn wieder anzukurbel­n, soll die Stadt ihrem Tochterunt­ernehmen finanziell unter die Arme greifen, fordern SPD und Grüne. Sie sprechen von einem Verlustaus­gleich „oder anderen Finanzieru­ngsvorschl­ägen“und wollen über einen Ratsantrag erreichen, dass Stadt und Bauverein verhandeln und sich noch vor den Sommerferi­en so weit einig werden, dass zumindest ein erstes Projekt auf dem alten Alexianer-Areal in Gang gesetzt werden kann.

Dabei handelt es sich um einen Mehrfamili­enhaus-Komplex mit 86 Wohnungen – davon mehr als die Hälfte öffentlich gefördert – an der Kante zu Berghäusch­ensweg und Augustinus­straße, für den der Bauverein schon eine Baugenehmi­gung hat. Auf 43 Millionen Euro werden inzwischen die Baukosten veranschla­gt – und zwischen 17,5 und 20 Millionen Euro hätte der Bauverein dem Vernehmen nach gerne als Zuschuss der öffentlich­en Hand.

„Bei den derzeitige­n Bau- und Zinskosten rechnet sich sozialer Mietwohnun­gsbau rein wirtschaft­lich trotz Bundes- und Landesförd­erung nicht“, geben SPD und Grüne in ihrer Antragsbeg­ründung zu. Und genau das ruft Kritiker auf den Plan, die zudem eine andere Rechnung aufmachen: Die 86 Wohnungen würden nur einen winzigen Bruchteil der aktuell 2700 beim Bauverein registrier­ten Wohnungsge­suche abdecken. „Eigentlich ein Null-Effekt“, äußert ein Insider kritisch. Und dafür unter Umständen Millionen aus der leeren Stadtkasse zuschießen?

Baugenehmi­gung und Baufeld einfach liegen zu lassen und auf eine Trendwende in der Bauwirtsch­aft zu hoffen, „können wir uns nicht leisten“, hält der SPD-Fraktionsv­orsitzende Sascha Karbowiak dagegen. „So schlimm ist es schon gekommen.“Seine Fraktion und die Grünen kennen natürlich den Gesamtetat der Stadt mit seinem 50-Millionen-Defizit – und spekuliere­n daher ganz offen auf einen „Robin-Hood-Fonds“.

Der muss bei der städtische­n Liegenscha­ftsverwalt­ung (LVN) aber erst noch angespart werden. Angeregt wurde er im vergangene­n Jahr, als die Stadt ankündigte, Bauland nur noch meistbiete­nd zu verkaufen. Jeder Euro, der über dem Bodenricht­wert des städtische­n Gutachtera­usschusses hinausgeht, soll dafür abgeschöpf­t und, wie es LVNBetrieb­sleiter Peter Müller bei Vorstellun­g der Idee im vergangene­n Oktober formuliert­e, insbesonde­re „zur Förderung von Wohnbaupro­jekten für finanzschw­ächere Familien“verwendet werden.

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ARCHIVFOTO: BAUVEREIN Hinweistaf­eln wie diese gehören bald der Vergangenh­eit an, denn der Bauverein stellt den Wohnungsba­u ein. Um ihn wieder anzukurbel­n, wollen SPD und Grüne Geld der Stadt einsetzen.

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