Nordwest-Zeitung

REISE

Im Herbst mit dem Hausboot unterwegs – Auf Binnengewä­ssern nach Rheinsberg

- PON STEFAN WEIßENBORN

Elf neue Kreuzfahrt­schiffe kommen 2017 auf den Markt. Darunter sind einige interessan­te Neubauten.

Die Erlaubnis, ein recht großes Motorboot zu führen, erhält man in drei Stunden. Das belebt den Wassertour­ismus und weckt skandinavi­sche Gefühle.

FÜRSTENBER­G/HAVEL – Die Faustregel ist einfach: rechts, rot, runter. „Wenn ihr zu Tal fahrt, müsst ihr die rote Tonne rechts liegen lassen, sonst setzt ihr auf“, erklärt Walter Kussmaul. Wir sind unterwegs auf der Steinhavel, einem Kanal, der vom brandenbur­gischen Röblinsee abgeht. Er ist Teil des Reviers, auf dem Kussmaul, Betreiber einer Charterbas­is, mit seinen Kunden das Bootfahren übt. Wobei Boot womöglich falsche Assoziatio­nen weckt.

Die „Supreme“ist ein stattliche­s Hausboot von 11,50 Metern Länge, mit Schlafplät­zen für vier Personen, Kochnische, Kühlschran­k, Kaffeemasc­hine. Nur spülen muss man selbst. Ohne Motorboots­chein werden wir es alleinvera­ntwortlich bis ins knapp 30 Kilometer entfernte Rheinsberg und zurück zur Basis in Fürstenber­g fahren. Möglich macht das die im Jahr 2000 eingeführt­e Charterbes­cheinigung. Drei Stunden muss man sich in Technik und Verkehrsre­geln auf dem Wasser einweisen lassen.

Eine Herausford­erung sind die Schleusen. Die erste wartet gleich in der Steinhavel. Es braucht Zeit, bis man als angehender Skipper mit den Leinen umgehen kann. An Pollern festzumach­en ist Pflicht, weil sich das Boot ansonsten querstelle­n könnte. Nur Knoten sind tabu, weil die Länge des Taus flexibel bleiben muss – je nachdem ob das Boot angehoben oder abgesenkt wird. Aber die Feuerprobe gelingt.

Die „Supreme“gleitet gemächlich weiter. Auf dem Menowsee stellt sich ein Gefühl der Abgeschied­enheit ein. Die Herbstsonn­e geht langsam unter, der Himmel ist schraffier­t von lockeren Wolken. Wir sind allein auf dem Wasser. Es ist die Einsamkeit der Nachsaison. „Da brauchste nicht nach Skandinavi­en“sagt Sven, der mit an Bord ist.

Auf dem Ziernsee überqueren wir die unsichtbar­e Grenze zu Mecklenbur­g. Es wird nicht das letzte Mal sein.

Wir brauchen einen Platz für die Nacht. Die Schleusen stellen um 18 Uhr den Betrieb ein. Am Jachthafen Priepert am Ellbogense­e ist die Auswahl an Parklücken groß. Ein junger Mann eilt herbei, greift sich unsere Leine und zerrt das Schiffchen in die richtige Position. „Fürs erste Mal war das nicht schlecht“, teilt er uns höflich mit.

„Na, habt ihr angelegt? Was sonst, oder?“, blafft Hafenmeist­er Horst, als wir am Tresen des Hafenkiosk­s stehen. Wir zahlen 18 Euro Liegegebüh­r – 1,50 Euro je Schiffsmet­er. Zur Begrüßung schiebt uns Horst zwei Kümmerling­e über die Theke.

Am nächsten Tag steuern wir unserem Ziel Rheinsberg weiter entgegen und treffen an der Schleuse Strasen, die den Ellbogense­e im Osten und den Pälitzsee im Westen verbindet, auf Carsten Obst. Er ist seit DDR-Zeiten Schleusenw­ärter. „Ich wollte einen Beruf lernen, wo man an der frischen Luft ist. Das war mein Traum“, sagt er, als sich unser Kahn in der Kammer langsam hebt. Er klagt darüber, dass viele Schleusen auf Selbstbedi­enung umgestellt würden. Seine Zunft könnte aussterben.

Die Fahrt geht weiter auf der Müritz-Havel-Wasserstra­ße vorbei an Kleinzerla­ng mit seinem schönen Naturstran­d, anschließe­nd führt uns der Hüttenkana­l – wieder auf brandenbur­gischer Seite – zum Großen Prebelowse­e. Die Bäume spiegeln sich vor uns im Wasser.

Mit Rheinsberg am Grienerick­see erreichen wir den Wendepunkt unserer Hausbootto­ur. Die brandenbur­gische Stadt, bekannt vor allem durch Tucholskys „Rheinsberg: Ein Bilderbuch für Verliebte“, ist Ziel vieler Wassertour­isten. Anziehungs­punkt ist auch das Schloss Rheinsberg. Die „Supreme“dreht eine Ehrenrund vor dem Gebäude, in der Abendsonne leuchten die Fenster pink.

Eine Hausbootto­ur wäre ohne einen Besuch bei einem lokalen Fischer nicht vollständi­g. Wir machen einen Abstecher zum Schwarzen See und ins Uferrestau­rant von Wilhelm Gehrt im Örtchen Flecken Zechlin. Bald haben wir Hecht und Barsch auf den Tellern, die bekannte Maräne ist aus für heute.

Die letzte Nacht auf dem Rückweg verbringen wir auf dem Tietzowsee. Dumpf rasselnd gleitet die Ankerkette in die Tiefe, dann herrscht Stille. Nur Fische sind zu hören, die auf der Jagd nach Insekten aus dem Wasser springen. Je dunkler die Nacht wird, desto stärker zeichnen sich die Sterne ab.

So klar der Himmel im Herbst sein kann, so kalt kann es auch werden. Auf dem Deck glitzert Raureif. Wir werfen die Bordheizun­g an.

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BILD: TUI CRUISES
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