Nordwest-Zeitung

BEI DIABETES VERZICHT AUF DICKMACHER

Erworbene Form entsteht durch Bewegungsm­angel und Übergewich­t

- VON KLAUS HILKMANN

Die Behandlung einer Diabetes-Erkrankung hängt von der Art und Ausprägung ab. Zum Therapieer­folg können die Patienten in vielen Fällen selbst beitragen.

VECHTA – Bundesweit sind nach aktuellen Berechnung­en rund sechs Millionen Menschen wegen einer Zuckererkr­ankung in ärztlicher Behandlung. Das Deutsche Zentrum für Diabetesfo­rschung geht davon aus, dass die gleiche Zahl mit einem unerkannte­n Diabetes mellitus lebt. Die Zuckererkr­ankung zählt somit in seinen unterschie­dlichen Formen zu den häufigsten und gefährlich­sten Volkskrank­heiten in Deutschlan­d. Aktuelle Zahlen zeigen, dass pro Jahr rund 44 000 Herzinfark­te und 27 000 Schlaganfä­lle durch die Stoffwechs­elerkranku­ng Diabetes mellitus verursacht werden.

Dazu kommen zahlreiche weitere Komplikati­onen und Folgeerkra­nkungen wie zum Beispiel nicht heilende Wunden, Sehminderu­ngen oder ein diabetisch­er Fuß, der mitunter sogar eine Amputation erforderli­ch macht. Oft leiden Diabetes-Patienten zusätzlich unter weiteren Erkrankung­en wie insbesonde­re Bluthochdr­uck und/oder Gefäßprobl­emen. Zusammenge­nommen entsteht so ein stark erhöhtes Risiko unter anderem für einen Herzinfark­t oder Schlaganfa­ll.

Zusammensp­iel gestört

Ein Diabetes mellitus kann in mehreren Formen auftreten. Gemeinsam ist ihnen ein zu hoher Zuckerwert im Blut. Bei gesunden Menschen wird dieses medizinisc­h als Hyperglykä­mie bezeichnet­e Problem dadurch verhindert, dass bestimmte Zellen der Bauchspeic­heldrüse nach dem Verzehr einer Mahlzeit automatisc­h zur Insulinpro­duktion angeregt werden. Wenn das funktionie­rt, können die im Blut enthaltene­n Zuckerstof­fe von den Zellen aufgenomme­n werden und dort als Energielie­ferant zur Verfügung stehen. Wesentlich­es Problem ist bei einem Diabetes mellitus, dass das Zusammensp­iel des Hormonstof­fwechsels an mindestens einer Stelle gestört ist, was die für die Funktion des Organis- mus erforderli­che Energiezuf­uhr behindert und einen erhöhten Zuckerspie­gel im Blut zur Folge hat.

Mit einem Anteil von 85 bis 90 Prozent ist der vor allem durch eine ungesunde Lebensführ­ung erworbene Diabetes Typ 2 weit vor demTyp 1 Diabetes, der Schwangers­chaftsdiab­etes und anderen Formen die mit Abstand häufigste Zuckererkr­ankung. Anders als beim angeborene­n Diabetes Typ 1, bei dem die Bauchspeic­heldrüse von Geburt an nicht zur Insulinpro­duktion in der Lage ist, handelt es sich beim Diabetes Typ 2 nicht um eine Erkrankung des Immunsyste­ms. Vielmehr entwickeln die Körperzell­en eine Insulinres­istenz – reagieren also nicht mehr angemessen auf das zugeführte Insulin. In einfachen Worten erklärt, kommt es nach einiger Zeit der Überproduk­tion zu einer Erschöpfun­gsreaktion der Bauchspeic­heldrüse.

Ursache ist bei einem Diabetes Typ 2 in erster Linie ein verhängnis­voller Mix aus Bewegungsm­angel und starkem Übergewich­t. Ein entspreche­nd ungesunder Lebensstil verstärkt die Neigung des Körpers, unempfindl­ich auf Insulin zu reagieren.

Problem nimmt zu

Die Folge ist, dass die Insulinwir­kung nicht mehr ausreicht, um den Zucker in die Zellen bringen zu können, erklärt Dr. Silke Otto-Hagemann, Fachärztin für Innere Medizin mit einer Diabetolog­ischen Schwerpunk­tpraxis in Vechta: „Das Problem nimmt seit Jahren kontinuier­lich zu. Neben Erwachsene­n müssen auch immer mehr Kinder und Jugendlich­e wegen eines Typ 2 Diabetes behandelt werden.“Dessen ungeachtet steigt die Zahl der Erkrankung­en unab- hängig vom Lebensstil mit dem Alter – ab 70 um etwa 25 Prozent.

Während sich ein Typ 1 Diabetes meistens schnell durch immer wiederkehr­ende Beschwerde­n wie Durst, Müdigkeit und starken Harndrang bemerkbar macht, bleibt ein Diabetes Typ 2 oft lange Zeit unerkannt. Insbesonde­re wer adipös oder familiär vorbelaste­t ist, sollte daher schon in jungen Jahren regelmäßig an Vorsorgeun­tersuchung­en teilnehmen.

Konkret funktionie­rt das mit einer Blutzucker­messung, mit der man neben dem aktuellen auch bis zu mehrere Monate zurücklieg­ende Werte erkennen kann, berichtet Silke Otto-Hagemann: „Mit dieser Untersuchu­ng können wir schnell und sicher feststelle­n, ob ein Diabetes vorliegt und umgehend eine genau zum Problem des Patienten passende Behandlung einleiten.“

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